Mariusz Duda – Lockdown Spaces
(~34:00, Digital, Glassville, 2020)
Mariusz Duda hyperkreativ zu nennen, wäre eine beleidigende Untertreibung. Allein dieses Jahr hatte es ja bereits die Streicher-unterfütterte Folk-Pop-Ballade The Song of a Dying Memory gegeben. Und dann sind da natürlich auch noch Riverside, Lunatic Soul und Meller Gołyźniak Duda.
Dass der rührige Pole neben dem Progressive Rock / Progressive Metal seiner Stammband auch einen Hang zur Elektronik und dabei zu ganz stillen Momenten hat, konnten Fans bereits anhand von beispielsweise Disc 2 (“Day Session”) des “Love, Fear and the Time Machine”-Albums (2015), “Eye Of The Soundscape (2016) oder einigen Lunatic-Soul-Momenten miterfahren. Tatsächlich folgte beim kleinen Mariusz auf den Klavierunterricht bereits erste Versuche, auf einem einfachen Synthesizer seinen Vorbildern nachzueifern. Zu diesen zählt er übrigens selber laut Aussage des Labels Glassville Music, wo sein Soloschaffen erscheint, u.a. Dead Can Dance, Tangerine Dream, Depeche Mode.
Getriggert durch die Veränderung unser aller Lebensumstände durch die Pandemie entstanden nun die Lockdown Spaces”, die der Künstler selbst wie folgt einführt:
“The music is inspired, as the title suggests, by life in quarantine. It’s a dark, minimalist, claustrophobic album, which came to my mind during recording sessions for the new Lunatic Soul. I decided that in order to intensify the “lockdown effect” I will play only electronic instruments here, with an addition of samples and voice.”
Die Manier, wie hier mit vergleichsweise simplen Mitteln relativ starke atmosphärische Effekte erzielt werden, erinnert den Autor allerdings nie an Dead Can Dance und wenig an Tangerine Dream – dafür aber tauchten mehrmals die O.S.T.-Kleider als Assoziation auf, die der Regisseur und Filmmusik-Komponist John Carpenter seinen eigenen Filmen auf den meist etwas bedrohlich wirkenden Leib geschneidert hat – und das scheint doch ebenfalls eine rühmliche Assoziation zu sein.
LOCKDOWN SPACES by MARIUSZ DUDA
Aber – zugegeben – das Titelstück hat durchaus etwas von Depeche Modes “Construction Time Again”. Hier kommen zu den Keyboards und programmierten Rhythmen auch erstmals Mariuszs Stimme zum Tragen – wenn auch sehr leise gemischt und zunächst mehr als Seufzen, dann als bekümmerter, aber rhythmisierter Sprechgesang.
Apropos Assoziationen: Der Glassville-Chef Rob Palmen warf noch Peter Gabriels ‘Intruder’ in den Ring, was auch nachvollziehbar ist – und Prog-only-Hörer zu einer eigenen Hörprobe ermutigen sollte.
Auch die gewählten Titel der neun überwiegend textfreien Stücke (‘Isolated’, ‘Waiting’) deuten es an – hier scheint es mehr um Klaustrophobie im Anfangsstadium als um wüste Panikattacken zu gehen. Mehr um Melancholie als tiefste Depression (auch wenn die manchmal um die Ecke zu schauen scheint: ‘Thought Invaders’). Mehr um Desorientierung als das Trauma von Isolationshaft. Und das Prinzip Hoffnung wird zumindest thematisiert: ‘Unboxing Hope’.
In Summe sind diese Lockdown Spaces sicher keine ausgesprochen angenehme Aufenthaltsorte. Doch wie die einfach, einfühlsam und effektiv gestaltete Musik die Reaktion des Künstlers auf das Phänomen “Shutdown der Weltgemeinschaft” widerspiegelt, bleibt stets beeindruckend. Und zumindest der Autor findet sich an seine eigenen, teils hilflosen Reaktionen erinnert…
Bewertung: 12/15 Punkten (KR 12, KS 11)
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Abbildungen: Glassville Records (Cover Artwork von Hajo Müller)