Eela Craig, 05.03.20, Linz (AT), Brucknerhaus

»Missa Universalis«

Unter dem Motto „50 Jahre Eela Craig“ fand am 5. März im restlos ausverkauften schicken Brucknerhaus direkt an der Donau ein wohl einmaliges Revival-Konzert der legendären österreichischen Symphonik-Progger aus Linz statt. Die Keyboard-affine Band (bis zu fünf Bandmitglieder hauten in die Tasten!) war vor allem in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre mit ihrer Mischung aus Prog, Klassik und Elektronik, garniert mit Balladen und etwas Jazz/Funk auch in Deutschland ziemlich bekannt.

Dieser besondere Konzertabend hatte zwei stark unterschiedliche Hälften: im ersten Teil ein Konzert der Band Eela Craig, im zweiten Teil eine eigens für diesen Abend arrangierte Orchesterfassung ihrer Rock-Messe “Missa Universalis” von Eela Craig von 1978. Im Foyer liefen zur Einstimmung alte Filme von Eela Craig aus den späten 1970ern. Wie damals Mitglieder der Band in selbstgebastelte, an Messgewänder erinnernde einteilige Tücher gesteckt wurden, hat aus heutiger Perspektive schon etwas unfreiwillig Komisches.
Pünktlich um 19.30 Uhr enterten die überlebenden Mitglieder der Band die enorm breite Bühne: Heinz Gerstmaier (E-Gitarre), Harald Zuschrader (Keyboards, E-Gitarre, Akustikgitarre), Hubert Schnauer (Keyboards), Gerhard Englisch (Bass, Akkordeon) und Joe Drobar (Percussion). Überlebend ist hier nicht als Floskel gemeint – als während des Konzerts die Band vorgestellt wurde, wurden auch Portraits der verstorbenen Bandmitglieder an die Saalwand projiziert. Besonders stark fiel der Beifall dabei für den ehemaligen Bandleader aus, das Elektronik-Genie Hubert Bognermayer, der sich 1999 aufgrund heftiger Depressionen das Leben nahm.

Verstärkt wurde die Band von Drummer Rene Pichler und Sänger Klaus Niederhuber sowie einigen Mitgliedern des Bruckner Orchesters, die auch im Original von der Band gespielte Instrumentalpassagen von Querflöte und Saxophon übernahmen. Gespielt wurde das komplette, namenlose Debütalbum von 1971, ergänzt um die melancholische Ballade ‘Heaven’ von 1980 (letztere mit schwelgerischem Akkordeon). Im Gegensatz zu späteren, eher rocksymphonischen Werken folgte das Material des 1971er Debüts meist noch anderen Stilen: einerseits eher bluesig, psychedelisch, mit gekonnten Kompositionen und groovigen Improvisationen, andererseits aber auch schon in manchen Piano- und Querflötenpassagen den progressiven Stil der späten Siebziger andeutend. Und das meistens in Moll-Tonarten, was etwas Schwermütiges hatte.

Dabei präsentierte sich die Band, sicherlich auch angetrieben von der beeindruckenden Kulisse, in bester Spiellaune und ergänzte das bekannte Material um etliche Improvisationen. Herausragend dabei besonders das inbrünstig gespielte, koloraturenreich expressive Sopransax-Solo von Thomas Mandel (später mehr zu ihm) bei ‘Indra Elegy’. Gänsehaut pur. Ein zwiespältiges Bild gab teils unfreiwillig die Orchesterbegleitung ab, denn im Soundgewitter der Band ging sie häufig schlicht unter. Wenn die Streicher mal gut hörbar waren, wurde mitunter im Philly- bzw. Munich-Sound der 1970er a la Silver Convention („Fly Robin fly“) musiziert – sicherlich Geschmackssache. Besser kamen die flächigen Streicher an den elegischen Stellen von ‘New born Child’ oder ‘Indra Elegy’ zur Geltung. Einen Wermutstropfen gab es beim abschließenden „Selfmade Trip“: hier spielte die Band für meinen Geschmack einen etwas zu straighten Vierer-Beat, dadurch kam der leicht schleppende, perfekt zum Songtitel (immerhin ein Trip!) passende Groove des Originals nicht zustande. Egal. Riesenapplaus!

Nach einer längeren Umbaupause ist die breite Bühne dann knallvoll: das große Bruckner Orchester Linz, eine Rockband aus Mitgliedern des Orchesters, ein Chor mit dem tollen Namen „Hard-Chor Linz“ sowie mit Sanne Mieloo aus den Niederlanden und Drew Sarich aus den USA zwei musicalerfahrene Gesangssolisten. Die Band Eela Craig verfolgt die Aufführung ihres Werkes „Missa Universalis“ von der ersten Zuschauerreihe aus.

Mehr Bombast geht nicht!

Um es gleich auf den Punkt zu bringen – mehr Bombast geht nicht! Die 1978 von Eela Craig eingespielte und in halb Europa aufgeführte streng liturgische Rock-Messe in vier Sprachen (Latein, Deutsch, Englisch, Französisch) war vom oberösterreichischen Komponist und Saxophonist Thomas Mandel im Auftrag des Bruckner Orchesters neu arrangiert und die Komposition dabei auch teilweise verändert worden. Als Ausgangsmaterial für das ‘Gloria’ verwendete Mandel statt dem Original von 1978 übrigens eine Version, die Bandmitglied Hubert Schnauer zum Konzert zum 25jährigen Bandbestehen von Eela Craig 1995 (ebenfalls im Brucknerhaus) komponiert hatte.

Um dieses Konzert genießen zu können, musste man Bombast lieben – ich tue es! Die Aufführung ging einfach unter die Haut. Gleich zu Anfang mit dem epischen ‘Kyrie’ in Überlänge: das Orchester beginnt symphonisch, der Chor steuert sphärischen Obertongesang bei, dann wabern Synthesizer-Akkorde, in die sich glasklare Akustikgitarren-Arpeggios einstreuen. Das Ganze kongenial von der Lichtregie mit viel blauem Licht unterstützt. Die ersten flehentlich wirkenden Kyrie-Rufe der beiden Solisten – mit wahnsinnig viel Power in den Stimmen. Dann eine an good old Anton (Bruckner) erinnernde Fuge. Langsam steigert sich das Stück zu den rockigen, schwermütigen Kyrie-Eleison-Schreien. Wieder Gänsehaut. Alle auf der Bühne scheinen hier alles zu geben. Ein melancholisches Gitarrensolo. Die Sängerin im Tanzgroove a la „Sister Act“. Bei einem Kyrie vielleicht ein wenig schräg, aber was soll’s. So geht es Stück für Stück weiter: ‘Gloria’, ‘Credo’, ‘Sanctus’, ‘Agnus Die’. Oft nah am Original, dann wieder mit interessanten neuen Details. Das müsste man sich eigentlich noch einmal in Ruhe anhören. Immerhin hat das Bruckner Orchester verlauten lassen, dass noch eine Aufnahme dieses einmaligen aufwändigen Abends (denn da steckt bestimmt ein massiver Probenaufwand dahinter) veröffentlicht werden soll. Den Abschluss der ca. einstündigen Aufführung der „Missa Universalis“ bildet dann das hymnische, nicht endend wollende ‘Amen’.
Um mich herum überall ergriffen wirkende Menschen, minutenlange, stehende Ovationen. Ein ganz besonderer Abend.

Natürlich mit einer Zugabe, die die Band Eela Craig und das Bruckner Orchester zusammen geben: „A Spaceman came travelling“, das Chris de Burgh-Cover und der vermutlich bekannteste Titel der Band.

Pure Magie. Den dann eher humorvollen Schlusspunkt darunter setzte Bassist Gerhard Englisch, der im anschließenden ORF-Interview augenzwinkernd meinte: „Mein Traum ist immer gewesen: berühmt mit 70!“

Text: Gerald Matuschek

Nutzung der Live-Fotos mit freundlicher Genehmigung von: Reinhard Winkler

PS – Hubert Schnauer ergänzt: “Es war auch für mich ein großes Erlebnis und mein musikalischer Höhepunkt.
Thomas Mandel hat da ganze Arbeit geleistet – der beste Komponist und Musiker, mit dem ich je arbeiten durfte!
Für mich geht die Arbeit weiter. Konzertmitschnitt –
86 Mikrophone (Spuren am Logic) mischen ist eine Herausforderung auf die ich mich freue.
DVD und CD wird es geben und vielleicht ja auch ein Wiederholungskonzert im Herbst?”

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