Darran Charles (Godsticks) über das neue Album und Seelenheil
»Das Nahziel ist primär, so viele Konzerte wie möglich zu spielen«
Die Godsticks haben kürzlich ihr neues Album “Inescapable” über Kscope Records veröffentlicht. Die neue Veröffentlichung wird weithin als bisher stärkste Platte der Progressive Metaller gehandelt. Umso mehr freuen wir uns, ein Interview mit Bandkopf Darran Charles bekommen zu haben. Das Interview wurde zu einem so angenehmen wie offenen Plausch über das neue Album, über Musik sowie über mentale Gesundheit.
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Hi Darran. Zuerst möchte ich mich bedanken, dass du dir Zeit für das Interview nimmst.
Außerdem komme ich nicht drumherum, zum Release eures ausgezeichneten Albums “Inescapable” zu gratulieren. Die neue Platte wird in weiten Kreisen als das bisher stärkste Werk der Godsticks gehandelt. Wie verlief die Schaffensphase zum neuen Album? Sind du und deine Bandkollegen auch so zufrieden mit eurem neuen Werk?
Vielen lieben Dank! Ja, wir sind extrem glücklich mit unserem fertigen Album.
Die Arbeit an “Inescapable” hat etwa zwei Jahre in Anspruch genommen, in denen wir geschrieben und aufgenommen, sowie Zeit für die Feinjustierung investiert haben, bis wir einzelne Songs endgültig auf die Platte gepackt haben.
Der Schreibprozess verlief auch etwas anders, als wir es sonst gewohnt waren, da wir uns ein elektronisches Drumset angeschafft haben. Das wiederum ermöglichte es uns, mit viel höherer Qualität Demos zu erzeugen, denn je zuvor. Dafür haben wir das E-Drumkit über ein virtuelles MIDI Kit mit einer Software namens BFD verbunden. Folglich wurden die Drumsounds, obgleich sie gesamplet waren, von Tom selbst eingespielt und nicht einfach nur programmiert. Dadurch hatten wir eine viel genauere Vorstellung davon, wie es sich auf den fertigen Songs anhören wird. Als dann alles eingespielt und in einem professionellen Studio aufgenommen war, wurden die Aufnahmen noch gemischt und gemastert.
Bei den älteren Alben haben die Drums auf den Demos noch aus groben Sequenzen bestanden, die ich programmiert hatte. Oder wir arbeiteten mit akustischen Schlagzeugaufnahmen in schwacher Qualität, die wir mit einem mobilen Aufnahmegerät im Proberaum mitgeschnitten haben.
Das neue Album “Inescapable” klingt sehr viel persönlicher als eure bisherigen Veröffentlichungen. Kannst du uns ein bisschen in die Inhalte der neuen Platte einweihen? Und kannst du dir vorstellen, dass der persönliche Charakter ein zentraler Grund dafür ist, dass die Atmosphäre auf “Inescapable” so intensiv und stark ist?
In den Texten wollte ich Teile meiner eigenen Psyche erforschen, die mich zu der Person machen, die ich bin. Auf den bisherigen Alben waren meine Lyrics oft mehrdeutig oder verschwommen – dabei gingen sie manchmal auf eigene Erfahrungen ein und beleuchteten diese aus einer anderen Perspektive. Für “Inescapable” habe ich mir vorgenommen, die Texte viel persönlicher zu gestalten als zuvor.
Das Hauptthema auf der Platte ist die Erkenntnis, dass man vor eigenen Mängeln nicht flüchten kann und sie folglich entweder akzeptieren muss, oder im positiven Sinne an ihnen arbeiten kann. Der Kampf mit diesen Dämonen ist jedenfalls etwas Unausweichliches (im englischen Original “inescapable”, Anm. d. Betr.) für das man stets bereit sein sollte – selbst wenn man gerade Fortschritte macht. Ähnlich wie bei vielen Gebrechen oder auch Verbesserungen – es ist und bleibt ein ewig währender Konflikt.
Ich glaube, dass die persönliche Note in den Texten meinem Gesang geholfen haben, mehr Leidenschaft einzubringen. Um ehrlich zu sein, habe ich damit nicht mal unbedingt gerechnet. Meine Performance am Mikrophon ist schon immer aufrichtig, aber dieses Mal hat es sich wirklich anders gefühlt; wahrscheinlich weil die Texte mir selbst so viel mehr bedeuten.
Wenn ich mir die Songs auf “Inescapable” anhöre, erkenne ich zwei Effekte, die in den Lyrics mitgetragen werden. Zum einen sehe ich einen nüchternen Bericht über innere Konflikte und wie sie sich auf Geist und Seele einer Person auswirken können. Zum anderen hat die Art und Weise, wie diese Inhalte verpackt sind, etwas hochgradig aufbauendes und aufmunterndes oder sogar heilendes an sich, womit sich Menschen identifizieren können, die ebenfalls ihre inneren Dämonen konfrontieren wollen. Stimmst du mir zu, dass “Inescapable” eine seelenheilende oder salutogenetische Botschaft mit sich trägt?
Ich kann mir vorstellen, dass die Erfahrungen, über die ich geschrieben habe, auch anderen Menschen helfen können. Und grundsätzlich finde ich auch, dass dem Ganzen eine positive Botschaft inne liegt. Darüber hinaus ist es mir aber auch wichtig, dass die Hörenden ihre eigene Bedeutung und Geschichte aus den Texten ziehen können.
Wir Menschen sind einander gar nicht so verschieden, wie ich finde. Und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass ein großer Teil der Menschheit schon mit depressiven Phasen und deren Folgen zu kämpfen hatte. Es mag sich in weiten Teilen um eine Krankheit der neueren Generationen handeln. Jedoch ist es für ebendiese Generationen auch umso einfacher, Hilfe und Unterstützung zu erhalten, da die Netzwerke und Gruppierungen hierzu für ein viel größeres Bewusstsein in unserer Gesellschaft gesorgt haben. Für ältere Menschen waren diese Probleme noch viel schwieriger zu kommunizieren, weil ihnen eingebläut wurde, Depressionen seien etwas, wofür man sich schämen muss.
Im Opener eures neuen Albums ‘Denigrate’ gastiert Daniel Tompkins von TesseracT. Kennt ihr einander durch die gemeinsame Arbeit bei Kscope Records oder gibt es noch weitere Verbindungen zwischen den Godsticks und Tesseracts?
Ich habe regelmäßigen Kontakt zu TesseracT Gitarrist James Montieth. Das und die Tatsache, dass wir beim gleichen Label sind, haben es mir sehr erleichtert, auf Daniel zuzugehen.
Zu der Kollaboration kam es, nachdem wir die erste Demo zu ‘Denigrate’ fertig hatten und fanden, dass dem Chorus noch die von uns erwünschte Energie fehlte. Das lag wahrscheinlich daran, dass ich – wie die meisten Menschen – auf dieser Tonebene nicht sonderlich laut singen kann. Also nahmen wir Kontakt zu Daniel auf, der in einem ähnlichen Tonspektrum singt, um die Harmonien so kraftvoll und vielseitig zu gestalten, wie wir sie gerne haben wollten. Die Zusammenarbeit war ein voller Erfolg und ich kann Daniel nicht genug für die Hilfe bei diesem Song danken.
Jetzt wo das neue Album endgültig aufgenommen, gemischt, gemastert und veröffentlicht ist, ruht ihr euch erstmal aus oder seid ihr schon wieder an neuen Songs zu Gange?
Sonst bin ich immer direkt wieder am Schreiben, sobald ein Album fertig ist. Dieses Mal lenken wir unsere Energie allerdings erstmal auf die Promo sowie auf das Proben. Wir wollen sicher gehen, dass die kommenden Live-Shows die besten sind, die wir jemals gespielt haben. Ich würde mich aber wundern, wenn es noch allzu lange dauert, bis wir wieder an neuen Ideen arbeiten.
Was ist grundsätzlich in naher Zukunft von den Godsticks zu erwarten? Weitere Releases, Toruneen, weitere Entwicklung im Songwriting? Oder doch etwas komplett anderes?
Das Nahziel ist primär, so viele Konzerte wie möglich zu spielen. Wir haben eine kleine Tour im April im UK auf die Beine gestellt und hoffen, dass wir zeitnah auch in Deutschland, den Niederlanden und anderen Ländern Europas spielen können. Außerdem stehen einige Festivals an wie zum Beispiel das Tech-Fest im UK, Prog-Power in den Niederlanden, 2 Days Prog + 1 in Italien und das Comendatio Festival in Portugal. Wir haben also ein geschäftiges Jahr vor uns.
Zu guter Letzt möchte ich noch zu Fragen kommen, die nicht unbedingt mit den Godsticks und “Inescapable” zu tun haben. Welche CDs, LPs, Tapes, etc wirst du für deinen nächsten Urlaub im Gepäck haben?
Im Moment wahrscheinlich “Renegades” von Rage against the Machine, “No Tourists” von The Prodigy und zur Auflockerung der Stimmung noch etwas leichteres wie Sigrid.
Hast du selbst noch die Zeit, Konzerte zu besuchen? Und wenn ja, was hörst du dir gerne an?
Leider finde ich wirklich kaum Zeit, um Konzerte zu besuchen. Aber kürzlich wurde ich zum The The Aristocrats-Gig in Coventry eingeladen. Das war eine echt großartige Erfahrung; die Band gehört echt zu den Meistern ihres Faches.
Und letztens hatte ich die Gelegenheit, mir mit meiner Frau das “The Book of Mormon” Musical anzuschauen. Es war zum einen wirklich witzig gemacht. Und darüber hinaus wurde die Musik von einer live Band gespielt, die im Orchestergraben saß. Die Musik war echt brillant und die Musizierenden waren überaus begabt. Die Karten waren zwar teuer, aber die Performance war jeden Penny wert.
Ich bedanke mich noch einmal vielfach für das Interview. Hier hast du noch Raum für Anmerkungen, Grüße oder Shoutouts. Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, wir hören bald wieder voneinander.
Vielen Dank für das Interview. Alles Gute!
Das Interview wurde von Raphael Lukas Genovese aufgesetzt und per E-Mail durchgeführt.
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Konzertbericht 2014, Köln, m. The Aristocrats
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Abbildungen: Godsticks / Kscope