(59:24, CD, Retro Remasters Plus, 1977/2017)
Eine kleine Geschichtsstunde. Die argentinische Formation Crucis wurde im Jahre 1974 gegründet. Bis zur Auflösung 1977 nahmen sie die beiden beim RCA/BMG Argentina veröffentlichten Alben “Crucis” (1976) und “Los Delirios Del Mariscal” (1977) auf, die sicherlich zu den besten südamerikanischen Progressive/Sinfonic Rock Alben der 70er Jahre gehören.
Im Jahr 1995 erschienen beide unter dem Namen “Kronologia” im CD Format, denen 2017 noch das hier vorgestellte Livealbum “En Vivo Enero 1977” folgte. Auch wenn sowohl die Originalaufnahmen, als auch die erste CD Veröffentlichungen dieses Livemitschnitts bereits einige Jahre bzw. Jahrzehnte auf dem Buckel haben, lohnt sich hier der doppelte Blick in die Vergangenheit.
Eingespielt in der Besetzung Gustavo Montesano – Gesang/Bass, Pino Marrone – Gitarre, Anibal Kerpel – Keyboards und der aus Uruguay stammende Gonzalo Farrugia – Schlagzeug, steht im Zentrum dieses Livealbums ein rund 52-minütger Mitschnitt vom 14.1.1977 im Luna Park, Buenos Aires, einem Hallenstadion aus den 30er Jahren, welches heutzutage mehr als 9.000 Zuschauer fasst.
Dem enthusiastischen Beifalls des Publikums zufolge scheint der hochenergetische Progressive Rock von Crucis genau den Zeitgeist jener Epoche zu treffen. Abgerundet wird dieses Album noch durch zwei Aufnahmen aus den Jahren 1976 und 1974, wobei vor allem das bisher unveröffentlichte ‘Algunas Tristezas Del Monje’ eher als druckvoller Hard Rock durchgeht. Auch ist die Klangqualität der beiden Bonustitel eher historisch einzuordnen.
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Musikalisch braucht sich das Quartett keineswegs vor der europäischen und amerikanischen Konkurrenz der damaligen Zeit zu verstecken. Gitarre und analoge Keyboards (Orgel, Synthesizer) bestimmen die meist instrumentalen, technisch anspruchsvollen Exkursionen, wobei bei Crucis noch eine eigenständige Note hinzukommt, vor allem weil das Tempo bisweilen recht hoch gehalten ist. Alles kulminiert in dem über 16-minütigen Longtrack ‘Abismo Terrenal’, der mit seinen ausschweifenden, euphorischen Instrumentalparts beeindruckt. Selbst das in den Siebzigern obligatorische Schlagzeugsolo fehlt nicht. Dennoch wird die rhythmische Dynamik immer durch melodische Momente durchbrochen, so findet die Formation eine gelungene Balance aus High-Energy Prog und sinfonischer Eleganz.
Besonders interessant ist hier ebenso der historische Kontext. Argentinien befand sich zu jener Zeit politisch im Umbruch, wurde von einer Militärdiktatur bestimmt. Diese Art von Progressive Rock steht jedoch eindeutig für Offenheit und eine ganz andere Denkweise. Als einziger Kritikpunkt kann für den musikalischen Gehalt der etwas zu drucklose, komplett in spanisch gehaltene Gesang angeführt werden. Da dieser jedoch nur wenig dominant in Erscheinung tritt, kann man mit diesem kleinen Makel durchaus leben. Desgleichen kann die Klangqualität mit heutigen Standards nicht Schritt halten. Im Gegenzug sorgen dafür jede Menge spielerische Klasse für mehr als nur einen Ausgleich.
Ein geschichtlich überaus interessantes Livealbum aus den Siebzigern, das offenbart, dass man in Südamerika ebenfalls eine vitale Progressive Szene am Start hatte.
Bewertung 11/15 Punkten (mit gewissen Abstrichen bei der Klangqualität)
Surftipps zu Crucis:
Facebook
ProgArchives
Wikipedia (EN)
Wikipedia (ES)
La historia del Rock Argentino
Abbildungen: Crucis / Retro Remasters Plus
Ein Kommentar
Erster Satz: “Die Formation … wurden gegründet.”?! Ei, eiei: Das macht Augenkrebs und wenig Lust auf Weiterlesen. 😉