Tony Clarkin (Magnum) über “The Serpent Rings”, die anstehende Tour und Magnums Zukunft

Magnum veröffentlichten just ihr 21. Studioalbum “The Serpent Rings” (Album der Woche in der KW3/20). Um über das neue Album und die anstehende Tour zu plaudern, sind wir mit Bob Catley zum Telefoninterview verabredet. Pflichtbewusst pünktlich klingelt das Telefon bei uns, am anderen Ende ein gut gelaunter Tony Clarkin. Moment mal, Tony? Da lief wohl in der Verabredung etwas schief. Einige Lacher und klärende Worte später müssen die Betreuer spontan ihre Fragen etwas umformulieren, was das Interview allerdings nicht weniger unterhaltsam macht.

Tony, wir dachten Du bist Bob! Aber schön, dass wir über diesen Umweg zu einem Interview mit Dir kommen. Unsere erste Frage für Bob kannst Du sicherlich genau so gut beantworten: Bist Du eigentlich nach all den Jahren überhaupt noch aufgeregt, wenn ein neues Album von euch erscheint?

Auf jeden Fall! Weisst Du, selbst nach dieser langen Zeit hinterfragt man sich ständig und hofft natürlich, dass die Fans Gefallen an den neuen Songs finden. Hinzu kommt, dass unsere letzten Alben für unsere Verhältnisse immer recht hoch in die Charts eingestiegen sind. Das möchte man natürlich gerne jedesmal toppen.

Ihr zieht seit fast 20 Jahren konstant diesen Album/Tour-Zyklus durch. Wie schafft ihr es, dieses Pensum zu kompensieren? Nimm es bitte nicht persönlich, aber die Allerjüngsten seid ihr ja leider nicht mehr…

Ich mag einfach immer noch sehr, was ich tue, und ich glaube, Bob geht es da offensichtlich ganz genauso. Der Grund, warum wir das immer noch machen, ist weiterhin, dass wir nicht nur unsere alten Sachen wiederholen möchten. Ich sage immer zu Bob, dass wir nach vorne schauen müssen und wir uns nicht zurücklehnen dürfen. Ich möchte nicht einfach nur die ganzen alten Nummern von vor vielen Jahren spielen. Das würde mich verrückt machen. Ich denke auch, dass ich immer noch etwas Neues und Relevantes mitzuteilen habe. Es macht mir einfach unendlich viel Freude, ein neues Album zu schreiben und es dann aufzunehmen. Dazu gehört auch, dass man lernt, dieses neue Material live mit den Jungs zu spielen. Das bringt einen als Musiker immens weiter und hält einen davon ab, sich auszuruhen. Ich möchte mich nicht ständig wiederholen, das ist absolut nicht mein Ding.

Ihr habt in den letzten Jahren einige Besetzungswechsel durchgemacht, u.a. aktuell gerade mit Dennis Ward am Bass. Ist das vielleicht auch eine Chance für euch und trägt dazu bei, alles etwas aufregend und frisch zu halten?

Ja, da ist durchaus was dran. Lee Morris, unsere neuer Drummer, ich finde ihn sehr inspirierend. Er ist sehr schnell bei allem, was er tut, und hat eine schnelle Auffassungsgabe. Er hat z.B. das Schlagzeug auf „The Serpent Rings“ in gerade mal 4 Tagen komplett eingespielt. Das an sich hat mich schon total beeindruckt, immerhin hat es mich eine Ewigkeit gekostet, die Songs zu schreiben. Mit Rick Benton (Keyboards) ist es ebenfalls toll. Ich hatte natürlich schon meine Ideen im Kopf und recht genaue Vorstellungen davon, was ich von ihm gerne an Keyboards auf dem Album hören würde. Was Rick dann letztlich ablieferte, war viel besser als alles, was ich mir vorgestellt hatte. Mit Dennis ist es noch etwas ganz anderes, ihn hatte ich vorher noch nicht einmal getroffen. Er hat seine Bass- und Backingvocals in Deutschland (Anm.: Dort lebt Dennis bereits seit längerem) eingespielt und wir haben uns die Aufnahmen täglich hin- und hergeschickt. Erst als das Album schon fertig war kam Dennis für die Fotos und Promotion rüber zu uns nach England. Da hab ich ihn tatsächlich das erste Mal persönlich getroffen und wir konnten uns “Hallo” sagen. Das war schon ein wenig seltsam, ich meine, er spielt auf unserem Album, und er ist natürlich absoluter Vollprofi, und trotzdem hatten wir uns bis vor kurzem noch nicht einmal gesehen.

Dennis wird auch auf der Tour spielen?

Ja, Dennis ist auch auf der Tour mit dabei.

Ihr geht ja mit GOTTHARD zusammen auf Tour, wie kam es dazu?

Das kam durch unsere Agentur zustande. Die hatten die Idee, uns als „very, very special Guests“ auf die GOTTHARD Tour mitzunehmen. Das betrifft allerdings nur einen Teil der Termine in Deutschland. Ich denke die Gigs mit GOTTHARD sind eine gute Sache für uns. Weisst Du, wir spielen normalerweise vor maximal 800-1000 Leuten und wenn wir die Chance haben, vor deutlich mehr Leuten zu spielen, ist das für uns enorm wichtig. Interessanterweise hat uns GOTTHARD vor vielen Jahren auf einer längeren Tour mal supported. Damals war Steve Lee noch Sänger der Band.

Wird das eine Co-Headliner Geschichte, oder wird euer Set etwas kürzer ausfallen bei diesen speziellen Gigs?

Bei den Gigs mit GOTTHARD werden wir eine etwas kürzere Setlist spielen als sonst.

Was eure deutschen Fans bestimmt interessiert ist, ob es im Herbst vielleicht auch nochmal eine “richtige” Headliner-Tour durch Deutschland geben wird?

Da gibt es momentan leider noch keine konkreten Pläne. Aber ich hoffe sehr, dass wir noch ein paar Shows später im Jahr machen können. Aber weisst Du, die Tour, die jetzt ansteht umfasst alleine über 40 Auftritte in ganz Europa.

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Lass uns nochmal aufs neue Album zurückkommen. Ihr habt natürlich wieder ein sehr märchenhaftes Cover von Rodney Matthews am Start, aber textlich scheint es dieses Mal nicht nur märchenhaft zuzugehen. Themen wie Brexit, Klimawandel und all die politischen Krisen auf der Welt scheinen auch eine Rolle zu spielen? Ist das eine neue Richtung, in der Du da unterwegs bist?

Eigentlich nicht wirklich. Diese Themen habe ich auch schon früher immer mal gestreift. Aber ich glaube, dass ich mittlerweile noch mehr Wert darauf lege, diese durchaus politischen Themen anzugehen. Und auf “The Serpent Rings” spielen natürlich auch die von dir genannten Themen alle eine Rolle.

Das neue Album ist textlich insgesamt ein wenig dunkler und nachdenklicher, als man es sonst von Euch gewohnt ist…

Ja, dem ist wirklich so. Das ganze Album ist aber auch musikalisch etwas rockiger und heavier als wir sonst klingen. Ich denke, dass gerade eine Menge enorm wichtige und auch ernste Sachen auf der Welt passieren. Ich möchte die Leute gerne ein wenig aufwecken und dafür sensibilisieren. Das war mit eine der Inspirationen für das neue Album, den Zuhörern auch mittels der Texte etwas mitgeben zu wollen.

Mit “The Serpent Rings” scheinst Du sowieso gerade auf einer zweiten kreativen Welle zu schwimmen?

Das liegt vielleicht auch daran, dass in meinem Leben mittlerweile alles viel entspannter zugeht als früher. Ich spiele Bob meistens recht früh meine Ideen vor, und dann ändere ich wiederum viel daran und arbeite an diesen ganzen kleinen Details, bis es sich für mich richtig anfühlt. Und Bob ist da echt geduldig mit mir, er bleibt stets cool. Er macht eigentlich jede Änderung mit, die ich vorschlage. Ganz selten ändert er vielleicht noch Kleinigkeiten am Text. Aber dieses entspannte Arbeiten, ohne irgendeinen Druck von außen, das führt vielleicht dazu, kreativer zu sein. Es macht mir gerade viel mehr Spaß, als es vielleicht in früheren Zeiten der Fall war.

Das letzte Mal sprachen wir ja mit Bob (hier im betreuten Interview). Er sagte uns, dass gerade auch die vielen neuen technischen Möglichkeiten, die man heute beim Musik machen hat, dazu beitragen, dass ihr im Moment noch einmal eine so kreative Phase erlebt?

Stimmt, aber man darf die Technologie nicht in der Vordergrund stellen. Für mich ist es einfach eine unglaublich große Hilfe. Als wir angefangen haben mit der Musik, haben wir uns mit Achtspurgeräten herumgeschlagen. Das war der goldende Standard damals. Das wurde dann zwar immer mehr, erst 16, dann 24 und irgendwann 48-Spuren. Aber auch da war es ein Albtraum, die Songs zu editieren. Das schöne am modernen Recording heutzutage ist ja gerade, dass man in Sekundenschnelle an den Arrangements arbeiten kann. Das beflügelt einen natürlich, alles Mögliche auszuprobieren und zu schauen, ob die Idee, die man da gerade hatte, auch wirklich funktioniert. Du darfst Dich nur nicht von der Technik bestimmen lassen, Du musst es als eine Art Werkzeug sehen.

Eure letzten Alben klingen auch deutlich besser, als sie es noch vor 10-15 Jahren taten…

Ja, da stimme ich Dir zu. Da gab es so vor vier oder fünf Alben einen richtigen Umschwung, wo wir im Studio noch einmal eine Art Neustart wagten und unsere Herangehensweise änderten. Ein guter Test ist für mich immer mein Auto und die Fahrten zum Studio. Jedesmal, wenn ich eines unserer letzten Alben einlege, denke ich mir: Hey, das klingt wirklich gut! Ich höre mir das echt gerne an. Normalerweise ist man nach der Produktion eines Albums müde und möchte erstmal lieber nichts mehr davon hören. Der Sound unserer letzten Alben gefällt mir allerdings so gut, dass ich die Titel tatsächlich immer wieder mal anhöre. Ich glaube, das ist ein ganz gutes Zeichen.

Der letze Titel auf “The Serpent Ring” hört mit einem mächtigen Gongschlag auf. Was kündigt der an? Das nahende Ende von Magnum, oder läutet er nur die nächste Runde für euch ein?

Absolute letzteres! Ich hoffe einfach auf ein weiteres Kapitel für Magnum. Wir haben immer noch Lust darauf!

Du schreibst also schon wieder an Songs?

(Lacht) Noch nicht ganz konkret, weil ich gerade soviel zu tun habe mit Interviews und der Promotion. Aber natürlich sind da schon wieder Ideen in meinen Kopf. Die notiere ich mir auf kleinen Post-its oder nehme ein kurzes Riff auf. Dieser Prozess ist eigentlich etwas, das kontinuierlich andauert bei mir.

Das freut uns und natürlich alle Magnum Fans. Im Jahr 2022 wird Magnum immerhin fünfzig! Eine unfassbar lange Zeit!

Oha, eine wirklich lange Zeit (lacht).

Tony, vielen Dank für das Interview. Wir hatten Bob Catley erwartet und bekamen Tony Clarkin! Ein guter Tausch.

Ja, ich danke euch auch. Das war doch trotzdem richtig nett mit uns! (lacht).

Das Interview führten Dieter Hoffmann und Henrik Kropp.

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Abbildungen: Magnum / Steamhammer / SPV