(54:25, CD, GroundUp Music, 2019)
Frei nach dem Monty Python-Motto “And now for something completely different”, lohnt sich ab und zu der Blick über den eigenen progressiven Tellerrand – jedenfalls, wenn man dabei auf ein Künstlerkollektiv wie Snarky Puppy stößt. Bereits 2004 vom Bassisten/Komponisten/Produzenten Michael League aus der Taufe gehoben, gehören zu dieser instrumentalen Jazz Rock/Fusion-Formation wechselnde Mitglieder und Besetzungen (inzwischen ein Pool aus mehr als 40(!) Musikern). Mittlerweile gelang es dieser Formation auch, sich durch unzählige Touren eine recht große Fanbasis zu erspielen und ein gewisser kommerzieller Erfolg hat sich eingestellt. Selbst wer beim Wort Jazz schon gedanklich abschaltet, sollte hier mal reinhören, wird man beim ersten Anhören von der Energie der ansteckenden Musik doch regelrecht mitgerissen.
Mit dem in Utrecht vor Studiopublikum mitgeschnittenen “We Like It Here” (2014) (perfekt geeignet als musikalische Snarky Puppy Einstiegsdroge) gelang der endgültige Durchbruch, mit dem renommierten niederländischen Metropole Orkest eingespielten “Sylva” (2016) gewann man den Grammy für zeitgenössische Instrumentalmusik, was man mit dem unter dem Snarky Puppy Banner eingespielten “Culcha Vulcha” (2017) nochmals wiederholte.
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Zum einen hat die amerikanische Band mit ihrem Ansatz den angestaubten Jazz Rock eine gehörige moderne, sehr frische Prägung verpasst und sich dadurch überraschenderweise nicht nur ein junges Publikum erspielt, wobei die Musiker zwar leicht nerdig, aber gleichzeitig überaus sympathisch rüber kommen. Zum anderen besticht die Band trotz aller Komplexität, High Energy-Attitüde und instrumentalen Können durch ein Spektrum aus ansteckender, immer wieder funkiger Rhythmik, gleichzeitigen Rückgriffen auf analoge Keyboardsounds (u.a. Mellotron, Hammond, Clavinet, Moog, Fender Rhodes) und teils messerscharfen Bläserriffs.
Beim 2019 erschienenen “Immigrance” waren folgende Musiker beteiligt:
Michael League – Bass, Minimoog
Bob Lanzetti – Gitarre
Chris McQueen – Gitarre
Mark Lettieri – Gitarre
Bill Laurance – Fender Rhodes, Piano, Clavinet, Mellotron
Justin Stanton – Mellotron, Fender Rhodes, Prophet, Minimoog
Bobby Sparks – Clavinet, Hammond, Mellotron
Shaun Martin – Minimoog, Keyboards
Mike Maher – Trompete, Flügelhorn
Jay Jennings – Trompete. Flügelhorn
Chris Bullock – Tenorsaxophon, Flöte, Klarinette, Bansuri
Bob Reynolds – Tenorsaxphon
Zach Brock– Violine
Nate Werth – Tambourin, Cabasa, Congas, Bendir, Dayera, Darbuka, Krakeb
Keita Ogawa – Cabasa, Congas, Bendir, Tbila, Darbuka, Krakeb, Ksink Ksink, Gong, Bougarabu. Cajon, Angklung, Caxixi
Marcelo Woloski – Congas, Timbales, Triangel, Bendir, Dohola, Darbuka, Bendir, Krakeb, Bongo
Jason Thomas – Schlagzeug
Larnell Lewis – Schlagzeug
Jamison Ross – Schlagzeug.
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Trotz der teilweise übertrieben wirkenden Mehrfachbesetzung bei z.B. Gitarre, Keyboards und diversen, teils exotischen Perkussionsinstrumenten, verlieren sich Snarky Puppy niemals in zu überladende Opulenz, sondern alle Musiker ordnen sich immer dem Bandkontext unter, die Musik wirkt irgendwie aufgeräumt. Es entsteht aus dem instrumentalen Mehr keineswegs eine überbordende Instrumentalorgie für die Selbstbeweihräucherung. Sondern alles ergibt Sinn und ist perfekt auf den Punkt gebracht. Dennoch bietet nahezu jeder Track musikalischen Freiraum für gut austarierte Soloeskapaden.
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Andererseits bekommt man, sofern man schon länger im Snarky Puppy-Mikrokosmos weilt, auf “Immigrance” nicht unbedingt musikalisches Neuland geboten, sondern vieles kennt man bereits von den Vorgängern. Im Gegensatz zu früheren Aufnahmen, setzt “Immigrance” trotz Songlängen von teils sieben bis neun Minuten auf eine gewisse Vereinfachung der Songstrukturen, so fallen die acht Kompositionen insgesamt eine Spur zugänglicher, mit “laid back”-West Coast-Flair aus.
Beim vor sich hin tickernden ‘Bigly Strictness’ sind sogar im Schlusspart gewisse progressive Melodiemuster erkennbar, während das orientalische ‘Xavi’ ein leichtes, soundtrackartiges James Bond-Flair versprüht. Trotzdem durchzieht dieses Album noch immer eine gewisse musikalische Lässigkeit, wird doch gerade bei den diversen Soli einiges an sorgsam durchdachter Abwechslung und diversen Stimmungen geboten.
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Frei nach Frank Zappa: Jazz ist absolut nicht tot, sondern in dieser modernisierten, recht coolen Form immer noch relevant und vor allem unheimlich unterhaltsam.
Bewertung 12/15 Punkten (WE 12, KR 11, KS 12)
Surftipps zu Snarky Puppy:
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Wikipedia (D)
Abbildungen: Snarky Puppy / GroundUp Music