(36:02, CD, Vinyl, Cassette, Digital, Caroline / Universal, 2019)
Zwei Longtracks mit farbenfroher Diskokugel: Verschwirrspiel oder kalkulierbare Unberechenbarkeit? 11 Jahre nach dem letzten Longplayer “Schoolyard Ghosts” – die EP “Wherever There Is Light” und das Livealbum “Love And Endings” mal außen vor gelassen – sind No-Man – namentlich die beiden Protagonisten Steven Wilson und Tim Bowness – etwas überraschend wieder zurück.
Der erste Höreindruck: ein Album, das die eigenen Erwartungen komplett über den Haufen wirft, sich als bisher noch nicht gehörtes musikalisches Statement aus dem No-Man Mikrokosmos offenbart. Oder wie an anderer Stelle beschrieben, “eine Symbiose aus 80er Pop(!), 90er Dance Music (!!) und Prog”. Klingt irgendwie krude, ist es auch. Jedoch mit einem gewissen Kniff, der erstaunlicherweise über weite Strecken recht gut funktioniert, aber gleichfalls gewisse Fragezeichen hinterlässt.
Die zwei angeblichen Longtracks entpuppen sich als in fünf “Pieces” aufgeteilte, ineinander verschmolzene Songmonolithen, die fließend Themen und Ideen aufgreifen und diese in veränderter Form weiter entwickeln. Der Einstieg in das Album beginnt mit elektronischen Beats und stampfender Rhythmik – ganz im Geist der glitzernden Diskokugel und als Rückgriff auf die poppigen Anfänge von No-Man.
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Jedoch verbergen sich hinter den straighten Rhythmen und perlenden Keyboardläufen im 80er Jahre Stil leicht verschachtelte Arrangements und im weiteren Verlauf ebenso einige schräge Töne. Während nämlich die Takte metronomhaft vor sich hin tickern, mächtige Melodien und der typische melancholische Gesang von Tim Bowness darüber schweben, wird mal die Gitarre sehr heftig malträtiert, wie ebenso jazzige E-Pianoläufe eingestreut. Eine blubbernde Mixtur, die sicherlich nicht überall auf Verständnis stößt, vor allem, wenn man sich die musikalische Historie der beiden Hauptbeteiligten anschaut.
Die ursprünglichen Ideen für dieses leider recht kurze Album gehen teilweise 25 Jahre zurück und waren in den Worten von Steven Wilson “als eine Art Disco Sinfonie” geplant. Und siehe da: was auf den ersten Eindruck noch oberflächlich wirkt, entpuppt bei mehrmaligem Anhören eine gewisse Tiefe und macht vor allem richtig Laune, sofern man mit der sehr synthetischen Gangart klar kommt. Selbst wenn als Gastmusiker Adam Holzman (Keyboards), Dávid Kóllar (Gitarre), Ash Soan (Schlagzeug), Pete Morgan (Bass) und das Dave Desmond Brass Quintet das Duo Wilson / Bowness verstärken, so fallen deren Beiträge wenig prägnant aus.
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“Love You To Bits”: so etwas wie die tanzbare Quintessenz des Schaffenswerkes von Steven Wilson und Tim Bowness: bei Steven Wilson ging es mit “To The Bone” mehr Richtung anspruchsvoller Pop, Tim Bowness bevorzugte auf “Flowers At The Scene” einen songorientierten, wenn auch qualitativ ansprechenden Ansatz. Hier unter dem Banner No-Man als Disco meets Art Pop mit offenem Schluss präsentiert.
Bewertung: 10/15 Punkten
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Abbildungen: No-Man / Caroline