Modus Opethandi
Der Modus Operandi des Straßenverkehrs in unserer geliebten Rheinmetropole läuft an diesem Abend leider auf Infarkt bzw. Arbeitsverweigerung hinaus – 1,5 Stunden für 30 km, danach ist der legale (und kostenpflichtige) Parkraum natürlich belegt. Doch irgendwie wird der Ort des Geschehens mit angelegten Ohren noch just zum Beginn der Vorgruppe erreicht.
The Vintage Caravan
Und das ist auch gut und wichtig so, denn die Besetzung mit The Vintage Caravan ist zwar möglicherweise vom gemeinsamen Label Nuclear Blast inspiriert, aber auf gar keinen Fall von der Sorte “Puddingmauer, durch die man sich auf dem Weg ins Schlaraffenland halt leider durchbeißen muss”.
Das Trio steigt mit ‘Reflections’ auf relativ hohem Energielevel (und späten Opeth-Phasen gar nicht mal so unähnlich) ein. Es wird vom ausverkauften E-Werk denn auch vergleichsweise gnädig begrüßt. Aus der geneigten Herablassung wird im Gefolge vom sexy Bluesrock ‘Set Your Sights’ und dem Schrubber ‘Crazy Horses’ Neugier und im Verlaufe der enormen Steigerung der Powerballade ‘Innerverse’ Begeisterung. Ihre 45 Minuten bei gutem Licht und bestem Sound (Hört, hört!) nutzen die Isländer noch mindestens mit dem simpel, aber effektvoll gestrickten Roadmovie-Soundtrack ‘On The Run’ und der abschließenden ‘Midnight Meditation’. Warmer Applaus belohnt sie!
Die Umbaupause lässt neben etwas Socialising auch Gelegenheit dazu, den schönen, stufigen Aufbau der Bühne zu studieren und die als Pausenmusik zugespielte Kammermusik zu genießen.
Opeth
Der Top Act des Abends steigt Schlag 21 Uhr (natürlich) mit dem unheilverkündenden Intro seiner ‘Brüder des Schattens’-Verbeugung ‘Livets Trädgård’ ein, natürlich gefolgt von ‘Svekets Prins’ (Mikael singt, wo immer möglich, die schwedischen Varianten ihres Liedguts). Die Lightshow dazu verdiente eine eigene Rezension bzw. einen Dokumentarfilm. Aus völliger Dunkelheit steigen Hunderte von Lichtpunkten auf wie ein Schwarm Glühwürmchen.
Zunehmendes Licht legt den Blick auf ein großes altes Haus frei, das ein dunkles Geheimnis wie bei “The Shining” zu hüten scheint. Zwischendurch erscheint häppchenweise das kultige Opeth-Symbol – mit einem quietschenden Stift wie bei den Montagsmalern gezeichnet. Später kehren die Lichtpunkte zurück – sie ziehen sich durch die enorm ansprechende Licht- und Farbensprache des ganzen Konzertes – aber nun nicht mehr aufsteigend, sondern fallend wie atomarer Fallout.
‘The Leper Affinity’ beruhigt die Eisenfresser-Fraktion, welche (wohl auch durch Mikaels Bühnengewandung mit Schlapphut) einen Wandel wie jenen von Richie Blackmore zu Mittelalter-Folk befürchtet hatte. Es wird durchaus noch gegrowlt. Aber sowas von!
Jedoch nur bis zum Einsetzen von ‘Hjärtat Vet Vad Handen Gör’, ebenfalls vom aktuellen Prachtalbum “In Cauda Venenum”. Über dem flammenden Inferno der Lightshow erheben sich Projektionen von im Takt züngelnden Dämonen.
Der Longtrack ‘Harlequin Forest’ verbindet beide Welten ideal – die DeathMetal-Ausbrüche wie den sanften Gesang und das berückende Akustikgitarrenspiel.
‘Nepenthe’ hingegen führt zurück zu “Heritage” und zur Growl-befreiten Ära, aber auch zu den E-Piano-Künsten von Tasten-Hexenmeister Joakim Svalberg.
Zum jazzrockigen “Pale Communion”-Highlight ‘Moon Above, Sun Below’ gibt ein gut aufgelegter Opeth-Boss (als eine von vielen) die Anekdote zum Besten, dieser Song sei noch nie von einem Publikum verlangt worden. Eigentlich kaum zu glauben… ‘Hope Leaves’ von “Damnation” darf ebensowenig fehlen wie das prügelige ‘The Lotus Eater’ von “Watershed”. Den regulären Teil darf wieder “In Cauda…” beschließen – mit dem geheimnisvollen ‘Allting Tar Slut’.
Zugabe No. 1 gebührt einem anderen magischen Wesen, der ‘Sorceress’. Der leidenschaftlichen Live-Version mit höllischem Fredrik Åkesson-Solo sekundiert eine ganz besonders ästhetische Projektions-Show mit Animationen von Scott Rudd, die man sich durchaus auch als Kurz- oder abendfüllenden Film vorstellen könnte. Den Rausschmeißer muss schließlich ‘Deliverance’ machen.
Und “delivered” haben Opeth an diesem Mittwochabend schließlich wirklich.
Setlists:
The Vintage Caravan
Opeth
Surftipps zu Opeth:
Homepage
Interview zu “Sorceress” (Rocks 05/16, S. 40-41)
Interview zu “Pale Communion” (2014)
Interview zu “Watershed” (2008)
Konzertbericht u. Interview (2005)
Facebook
Instagram
Twitter
YouTube
iTunes
Spotify
Reverbnation
Wikipedia
Surftipps The Vintage Caravan:
Rockpalast
Facebook
Twitter
Instagram
Spotify
Weitere Surftipps:
Kingstar Music (Veranstalter)
E-Werk (Veranstaltungsort)
Live-Fotos: flohfish
7 Kommentare
BITTE,BITTE………
schreibt nie wieder irgendetwas über Opeth………
diese Combo ist sowas von SCHEISSE; die darf nirgends erwähnt werden!!!!!!!!!
So ein Schrott………da hat man keine Worte für…………
Klar Ole R – versprochen, überhaupt kein Problem 😉
Es ist immer wieder erfreulich, wenn Leser (und dann noch unter richtigem Namen) so einen ausgewogenen und qualifizierten Kommentar abgeben. Jetzt wissen wir alle Bescheid, sehr hilfreich und informativ !
Hätte ja nicht gedacht, dass sie tatsächlich nochmal was von der “Damnation” spielen. Großes Kino. Generell war das Set angenehm ausgewogen. Gelungener Bericht eines tollen Abends.
Ich habe mir das Konzert auch angesehen und -hört. Über die Musik als solche brauchen wir nicht zu reden, aber bin ich der einzige, der den Sound (teilweise) unterirdisch fand? Dann mache ich mich sofort auf den Weg zum Ohrenarzt :o)
Ich stand größtenteils beim Mischpult und anfangs im Fotograben. An beiden Orten war der Sound sehr gut. Vielleicht lag es einfach an deinem Standort?!
Vgl. Floh: ich hab außer vorne so ziemlich überall gestanden inkl. “Gallerie” und fand den Sound überall auffallend gut. Sogar außerhalb der Halle, zwischen Türen und Theke ging das noch prima – für mich jedenfalls.