Lorenzo Feliciati / Michele Rabbia – Antikythera
(45:37, CD, LP, Digital, RareNoise, 2019)
RareNoise Records ist bekannt für außergewöhnliche und hochklassige, herausfordernde Veröffentlichungen. Man orientiert sich nicht an schnellem Geld und sonstigen Verlockungen des (kommerziellen) Zeitgeistes, sondern sucht eher die Konfrontation. Das sichert garantiert keine sprudelnden Gewinne, wohl aber eine treue und qualitätsbewusste Kundschaft. So auch hier mit dieser interessanten Scheibe.
Der sogenannte „Mechanismus von Antikythera“ ist ein antikes, mit einer späteren astronomischen Uhr vergleichbares Gerät. Taucher haben das Gerät um die vorletzte Jahrhundertwende zufällig gefunden. Die Ungewöhnlichkeit dieses Fundes findet sich auch in der hier zu besprechenden Musik wieder. Man könnte auch meinen, dass es sich eher um eine ganz ruhige, dafür sehr gründliche, Suche nach musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten handelt. Klangforschung?
Der erste spontane Impuls kommt beim Hören auf das (zugegeben dann doch völlig andere) Album „Metallic Taste Of Blood“ (Bernocchi, Saft, Pandi, Edwin) aus dem Jahre 2012, mit dem dort so spartanisch eingesetzten Piano des Jamie Saft. Und ja, das war ja das gleiche Label, und Klangforschung war das auch. Nur anders. Ganz anders.
Die sieben Musiker um die beiden masterminds Lorenzo Feliciati und Michele Rabbia bearbeiten ungemein präzise und gewissenhaft die in vielen Sessions zusammengetragenen Soundideen und Versatzschnipsel, um sie zu einem „organisch klingendem Ganzen“ zu verschmelzen.
Feliciati: „Meine Idee war, die Musik, die wir improvisierten, als eine komplexe Maschine zu betrachten, und das funktionierte perfekt und flüssig. Erst nachdem ich mit der Postproduktion der Studioimprovisationen begonnen hatte, erfuhr ich von einer altgriechischen Maschine […] eine Maschine aus der Vergangenheit, die aus vielen verschiedenen Teilen und Zahnrädern besteht und in der Lage ist, die Gegenwart zu lesen und die Zukunft vorherzusagen, in der Lage ist, das Unbekannte zu betrachten und nützliche Dinge darin zu finden. […]”
Sie spinnen den Faden der Improvisationen fantastisch durch das komplette Album. Stets kontrolliert, ambient-artig, jedoch nie langweilig oder gar belanglos. Der geneigte Hörer wird regelrecht von der Musik „mitgenommen“ und bleibt irgendwie sediert sitzen, wenn sie zu Ende ist.
Für Freunde experimenteller Musik, die fantastisch, aber auch herausfordernd dargeboten und vor allem von großartigen Musikern zelebriert wird.
Bewertung: 11/15 Punkten (KH 11, KR 11)
Lorenzo Feliciati – Electric Fretted and Fretless bass, Keyboards, Samples and Soundesign, Electric Guitar
Michele Rabbia – Drums and Electronics
Cuong Vu -Trumpet on tracks 4/5
Andy Sheppard – Sax on tracks 2/8
Rita Marcotulli – Acoustic and prepared piano on tracks 2/5/8
Alessandro Gwis – Acoustic Piano and Reaktor generated electronics on tracks 1/6
Roy Powell – Hammond Organ, Moog and keyboards on track 7.
Surftipps zu Lorenzo Feliciati
Homepage
Facebook
Twitter
Bandcamp
YouTube
Spotify
Surftipps zu Michele Rabbia
Homepage Michele Rabbia
Spotify