Johnny Bob – Fjodor & The Watergiant / Carnival Of The Brahma-Sox

(37:54, CD, Kombüse/Just For Kicks, 2019)
Viele seltsame Namen kommen einem zunächst entgegen. Erst mal handelt es sich nicht wirklich um einen Johnny, der hier sein Soloalbum vorstellt, sondern um eine Band aus Hamburg um Mastermind Doktor Jest. Da kommt gleich der legendäre Mister Doctor in den Sinn. Doch um etwas derart Abgefahrenes wie Devil Doll geht es bei „Fjodor & The Watergiant“ nicht – sehr eigenwillig und eigenständig ist dieses Werk aber sehr wohl. Im Sommer 2018 hatte man dieses Album in den bandeigenen “Ulumulu Studios” (vgl. World of Gothic) in Hamburg an gerade mal zwei (!) Tagen eingespielt, und zwar in folgender Besetzung:

Doktor Jest – bass
Trafo – vocals
Möbius – guitar
Fliederjahn – keyboards
Mondvogel – drums.

Als Gäste wirken mit:

Tom Steinbrecher – additional guitar
Jens Sokolowski – voice (Tom)
Fidi – voice (Goldberry)
Svavar Knútur – voice (Stranger).

Die Bandgeschichte führt zurück bis in die frühen 90er, als sich Jörg Purfürst alias „Doktor Jest“ und Carsten Diaz alias „Hannes Moorhahn“ zusammentaten. Die beiden hatten zuvor in Schülerbands gespielt, deren Vorbilder Genesis, Yes und Marillion waren. Doch man löste sich schließlich wieder auf und erst 20 Jahre später wurde Johnny Bob wieder zum Leben erweckt, als Purfürst sich auf einem Nostalgietrip befand und alte Stücke auskramte. Die ganze Geschichte lässt sich auf der unterhaltsamen Homepage nachlesen.

Das Album startet mit einem aus “Der Herr der Ringe” bekannten Namen, nämlich Tom Bombadil (hat z.B. auch Bo Hansson inspiriert, d. Schlussred.). Der Song ist in zwei Parts aufgeteilt, beide um die zehn Minuten lang. Doch schon nach den ersten sechs Minuten hat der Schreiberling den Eindruck, bereits den vierten oder fünften Song zu hören, denn die musikalischen Sprünge sind erheblich. Es beginnt folkig mit gewissen Ähnlichkeiten zu Jethro Tull, um kurz darauf nach Neil Young zu klingen, was aber ebenfalls nur einen kurzen Abschnitt darstellt, denn kurze Zeit später folgt eigenwilliger fragiler Gesang. Da auch kurze Pausen zwischen den einzelnen Sprüngen bestehen, wird der Eindruck von vielen unterschiedlichen Stücken verstärkt – aber nein, man befindet sich immer noch auf dem ersten Track. Und das auch noch nach über zwölf Minuten, denn die beiden Parts sind als ein Index zusammengefasst, und das darauffolgende ‚Firebirds‘ folgt als Track Nummer 2. ‚Dawn Acrobats‘ ist ein gutes Beispiel für eine gelungene kurze Nummer, in der neben der markanten Stimme und einer Akustik-Gitarre vor allem das feine Tastenarrangement – inklusive Mellotronsounds -überzeugt. Das achtminütige Titelstück beschließt das Album und auch hier spielt das Mellotron eine gewisse Rolle.

Von Vergleichen mit Genesis ist im Zusammenhang mit diesem Album zu lesen, was dem Schreiberling selbst allerdings eher nicht in den Sinn gekommen wäre. Das Album ist vielschichtig, ausgesprochen abwechslungsreich gestaltet und nicht leicht zu kategorisieren – keine schlechten Voraussetzungen also. Wie so oft dürften die Gesangsdarbietungen ein Knackpunkt sein, was das persönliche Gefallen betrifft, da sie durchaus etwas speziell sind und polarisieren können. Aber sie besitzen eben durchaus – wenn auch bisweilen etwas spröden – Charme!

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Bewertung: 10/15 Punkten (JM 10, KR 12)

Das aktuelle Werk liegt auch als limitierte Doppel-CD vor, die noch das Debütalbum enthält, das daher hier ebenfalls kurz vorgestellt werden soll.

Johnny Bob – Carnival Of The Brahma-Sox

(48:15, CD, Kombüse, 2019)

Das Debütalbum der Norddeutschen enthält acht Songs mit Spielzeiten zwischen drei und elf Minuten. Hat man zuerst das aktuelle Werk gehört, kommt einem gleich der Sound bekannt vor, und speziell auch der Gesang. Doch darauf folgt ein Instrumentalpart, der dann erklärt, warum Vergleiche zu Genesis gezogen werden, denn in diesem Fall trifft es tatsächlich zu, man fühlt sich kurz in selige „Selling England By The Pound“ Zeiten zurückversetzt. Kurze Zeit später setzt ein Querflötenpart (von einer Kateryna) ein, der schließlich an Camel erinnert. Und so wird der knapp achtminütige Opener ‚Beyond The Lines‘ zu einer willkommenen Nummer für alle Fans von Symphonic Prog. Doch es geht nicht durchweg in diesem Stil weiter. Sie pendeln zwischen Psychedelic, Progressive Rock, Art Pop, Alternative und Krautrock.

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Im abschließenden knapp elfminütigen ‚Scream Of The Butterfly‘ ziehen sie dann wieder alle Prog-Register und überzeugen mit feinen Arrangements.
Bewertung: 10/15 Punkten (JM 10, KR 11)

PS – Nachgehakt:
Der diensthabende Schlussredakteur wollte – inspiriert von der rauchig-kehligen, aber dabei sehr hohen Haupt-Gesangsstimme auf beiden Alben und ihrem teils an Nico oder Marianne Faithful erinnernden tollen Timbre – gerade wieder mal blühenden Blödsinn à la “female-fronted” etc. pp. in Jürgens Rezension hinein”korrigieren”. Doch mit mehr Glück als Verstand hat er lieber nochmal nachgefragt. Und erhielt vom Purfürsten freundlicherweise folgende Antwort:

Der Sänger auf den beiden Johnny Bob-Platten ist Peter Piek (wir gaben uns zu Beginn dieses Projektes alle bekloppte Namen). Peter ist recht umtriebig auch bei YouTube als Solokünstler. Fidi Steinbeck singt die zweite Stimme auf der zweiten Scheibe.

Surftipps zu Johnny Bob:
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