Jolly, Wrestling Vertigo, Atomic Rocket Seeders, 23.06.19, Köln, Artheater

Mitte März 2019 sucht die US-amerikanische Band Jolly über ihre Facebookseite nach einer Auftrittsmöglichkeit im Raum Köln, um dort eines ihrer fünf Europakonzerte absolvieren zu können. Einen Monat später scheint die Band fündig geworden zu sein. Jolly kündigen für den 23. Juni 2019 ein Konzert im Ehrenfelder Artheater an; gemeinsam mit den Atomic Rocket Seeders und Wrestling Vertigo.

Leider bleibt es nach dieser Ankündigung eher ruhig um die Veranstaltung; Onlinewerbung, Plakate oder die Veröffentlichung der Tourdaten bleiben die Ausnahme.
Als es am Konzertabend dann auch noch fast tropische Temperaturen in Köln herrschen, ist es kaum verwunderlich, dass sich beim Beginn der Hauptband nicht einmal 40 Menschen im Artheater versammelt haben. Es sind Umstände, unter denen andere Gruppen schon mal das Handtuch geworfen haben – buchstäblich (last minute-Absage) oder innerlich. Nicht so die Bands dieses Abends!

Atomic Rocket Seeders

Eröffnet wird er von den Atomic Rocket Seeders, einem Trio aus Luxemburg, welches 2018 bereits auf dem Wacken Open Air auftreten durfte. Bei den ersten Liedern noch von einem zusätzlichen Gitarristen unterstützt, spielt die Band eine Melange aus verschiedenen Spielarten des Hard Rock und Metal. Während  Sänger und Gitarrist Thierry Porcedda zwischen melodischem Gesang und gelegentlichen Screams hin- und herwechselt, untermauern er und Bassist Thierry Hames das Ganze mit Groove und Power irgendwo zwischen Grunge und Stoner Rock.

Vervollständigt wird das Gesamtbild allerdings erst vom Schlagzeugspiel des Herrn Pascal Benci, welcher die Band des öfteren in Härtegefilde der Trash-Götter Slayer driften lässt.

Eine vielversprechende Band, die nicht nur eine bessere Abmischung, sondern auch ein größeres Publikum verdient hätte.

 

Wrestling Vertigo

Nach kurzer Pause steht der Auftritt der Kölner Band Wrestling Vertigo an, deren Musik im Internet als Kreuzung zwischen Post Rock, Alternative Rock und Neo Prog beschrieben wird. Was in geschriebener Form kaum Sinn ergibt, weiß in akustischer Form jedoch zu gefallen. Zwischen allen Stühlen sitzend fällt es schwer, das Quartett mit anderen Bands zu vergleichen. Während das Gitarrenspiel Martin Maurers zwischen postrockigen Klängen und leichten NeoProg-Anleihen hin- und her pendelt, erschallen Bass (Dong Lee) und Schlagzeug (Alexander Owusu-Mensah) dynamisch und rhythmisch abwechslungsreich.

Geprägt wird der Sound der Band aber vor allem durch den ungewöhnlichen Gesang von Nik Novakovic, der in Ansätzen vielleicht am ehesten an den Jan Lubitzkis von Depressive Age erinnert.

Auch Wrestling Vertigo dürfen vor nur knapp 20 Leuten auftreten. Allerdings scheinen nicht wenige von diesen vom experimentellen Mix der Band angetan zu sein. Musik, die definitiv nach weitern Durchläufen verlangt, um sie voll verstehen zu können.

Jolly

Jolly absolvieren heute erst den dritten Auftitt auf ihrer derzeitigen Europatour. Es ist die erste Show, die sie als Headliner spielen dürfen. Als die vier US-Amerikaner gegen halb zehn die Bühne betreten, strotzen sie nur so vor guter Laune. Vor allem Sänger Anadale scheint heute wie ausgewechselt. Während er sich tags zuvor beim Midsummer Prog Festival (MSP) hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckte, sich eher zurückhaltend bewegte und seinen Mitstreitern das Rampenlicht überließ, füllt er an diesem Abend die Rolle als Frontman hundertprozentig aus. Auch stimmlich hinterlässt der Sänger heute einen anderen Eindruck, welcher vor allem bei ‘Grand Utopia’ Erinnerungen an Faith No Mores Mike Patton weckt.


Die Soundprobleme, die noch in Valkenburg vorherrschten, sind behoben. Jolly klingen heute, im direkten Vergleich zum Vortag, viel klarer, was den vielen Effekten in ihrer Musik und dem Gesamtsound zu Gute kommt. Generell scheinen Jolly vergleichsweise viel freier aufzuspielen. Der Funke zum beschaulichen Publikum springt schnell über. Nicht wenige Fans lassen sich spätestens ab ‘Lie to Me‘ vom neuen Album “Family” zum Tanzen verleiten. Ein Technikproblem, wie ein ausfallendes Wah-Wah, wird auf die leichte Schulter und als spontaner Anlass zu einer Jamsession genommen.

Leider nutzen Jolly nicht die Möglichkeit, ihr neues Album in großer Breite vorszustellen. Nur drei der elf Songs im Set stammen von der aktuellen Platte. Der Schwerpunkt der Setlist liegt vielmehr auf Liedern der beiden Teile von “The Audio Guide to Happiness”. Die teilsweise aus dem europäischen Ausland angereisten Fans stört es nicht. Spätestens bei ‘The Pattern’, dem letzten Lied des regulären Sets, entfaltet sich eine kleine Party, bei der das versammelte Publikum Krach für fünf mal so viele Leute macht.

Und so kehren Jolly, nach einer kurzen Pause, mit einem spacigen ‘Escape From DS-3‘ auf die Bühne zurück. Die Sounds, die streckenweise an Porcupine Tree erinnern lassen, stimmen auch den letzten Zuhörer glücklich und entlassen alle zufrieden in eine laue Sommernacht.

Vielen Dank für die Live-Fotos an: Inga Fischer!

Setlist:
Jolly

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Rezension “The Audio Guide to Happiness (Part 1)”
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Rezension “Family”
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