Stern Combo Meissen – Weißes Gold (Jubiläums Edition)

(70:56 + 75:32, 2 CD, Sony Music / Amiga, 1978/2018)
“Weißes Gold” der 1964 gegründeten
Stern Combo Meissen kann definitiv als einer der Klassiker des Art Rock Progressive Rock der 70er Jahre aus Deutschland bezeichnet werden. Deswegen erschien letztes Jahr zum 40. Jubiläum eine ausgiebige Würdigung dieser ambitionierten Geschichtsstunde über den im 17. Jahrhundert lebenden Alchemisten bzw. Chemikers Johann Friedrich Böttger als Jubiläums Edition in Doppel CD Format, auf dem vier unterschiedliche Versionen (drei bisher unveröffentlicht!) dieser konzeptionellen Geschichte um das Meißner Porzellan enthalten sind. Im Booklet ist ausführlich die ursprüngliche Entstehungsgeschichte mit reichlich Hintergrundinformationen dokumentiert, wie genauso der Bogen zu den Neueinspielungen gespannt wird.

So enthält CD1 die noch sehr rohe, mit einem anderen von Kurt Demmler verfassten Text versehene Erstveröffentlichung als Rundfunproduktion aus dem Jahre 1978, sowie die bekannte ursprüngliche Amiga-Produktion des Albums. CD2 stellt dem eine Neueinspielung aus den Jahr 2001 sowie eine aktuelle 2018er Studio-Produktion als Ergänzung gegenüber. Bei allen Aufnahmen leistete der aktuelle Sänger/Keyboarder Manuel Schmid die Hauptarbeit für die Digitalisierung, die Produktion übernahm das noch einzige Originalmitglied Martin Schreier, während das Re-Mastering von Eroc einen klanglichen Hochgenuss gewährleistet.

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Das keyboardlastige, sinfonisch-bomastische, im Original über 38-minütige “Weißes Gold” braucht sich in keiner Weise vor anderen Werken der Siebziger, besonders aus dem englischsprachigen Raum zu verstecken. Vor allem die Moog- und Synthesizerläufe vom gerne als “Keith Emerson des Ostens” titulierten Thomas Kurzhals prägen dieses Werks, während gleichfalls stimmige Atmosphäre und der geschichtliche Hintergrund eine perfekte Symbiose eingehen. Das Re-Mastering von Eroc offenbart hier zusätzliche Details, die man bisher so noch nicht gehört hatte.

Als besonders spannend erweist sich dabei die rock-sinfonische Erstaufnahme, die musikalisch noch etwas unfertig, roh, sowie ohne Orchester daherkommt. Gerade textlich hätte man sich bei den DDR-Behörden mit den lyrischen, aber durchaus doppeldeutigen Passagen wie “Doch wo ich wohne Leute, da will ich raus, so hab ich mein Zuhaus einzig in mir” oder “So hab ich meine Freiheit einzig in mir und find ich sie nicht draußen, find ich sie hier” in ‘Böttgers Lied’ erhebliche Probleme eingehandelt. Ob dies die Gründe für einen neuen Text waren oder ob das Original doch textlich zu verkopft erschien, sei dahingestellt. Letztendlich schrieb Nortbert Jäger einen neuen Text, was zu einem urheberrechtlichen Streit mit Kurt Demmler führte.

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Das Sezieren der Neuaufnahmen macht wenig Sinn. Nur soviel: während die bisher noch nicht veröffentlichte 2001er Version zum Teil mit den leider bereits verstorbenen Originalmitgliedern Thomas Kurzhals (Keyboards), Norbert Jäger (Percussion, Gesang) und Reinhard Fißler (Gesang) aufgenommen wurde, entstand die aktuellste Version in der Basis aus Proberaummitschnitten aus dem Jahr 2013 u.a. mit Gunther Emmerlich als Erzähler. Auffallend ist bei beiden Neueinspielungen, dass im Gegensatz zu den Urversionen das Tempo zurückgenommen wurde. Dafür wartet man mit zeitgemäßen Sounds auf, wagt jedoch gleichzeitig den Spagat zu einer klangliche Bewahrung der Vergangenheit.

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Noch eine persönliche Randnotiz: der Autor hatte das große Glück im April 1998 im Theater in Meissen die Band mit diversen Originalmitgliedern und zusammen mit der Elbland Philharmonie Sachsen bei der orchestralen Umsetzung von “Weißes Gold” live zu sehen. Ein unvergessliches Ereignis, womit sich mit diesem Doppelalbum so etwas wie der eigene musikalische Kreis schließt.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE – CD1: 13, CD 2: 13; KS – CD1: 13, CD2: 11)

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Reinhard Fißler
Manuel Schmid
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Abbildungen: Stern Como Meisse / Sony Music