Magma – Zëss

(37:57, CD, Seventh Records, 2019)
Das letzte Jahrzehnt verbrachte Christian Vander vor allem damit, die Historie von Magma und einige seiner unvollendeten Ideen aus den 70ern in ein finales Format zu bringen. So wurden diverse Konzepte, rudimentäre Versionen und Fragmente zu einem Abschluss gebracht, wie z.B. “K.A” (2004) oder “Ëmëhntëhtt-Ré” (2009). Beide Werke enthielten teilweise Titel aus den Siebzigern, sowie neue Überleitungen und Kompositionen, die in einen umfassenden Rahmen vereint wurden. Mit “Zëss” liegt nun das letzte große Magma Werk der Seventies als Studioversion vor, womit dieses Kapitel der unveröffentlichten Epen der Vergangenheit seine Vollendung findet.

Die ursprüngliche Entstehungsgeschichte von “Zëss” geht bis ins Jahr 1977 zurück, doch die Umsetzung gestaltete sich schwierig – eine erste Liveversion erschien erst 1979. In den frühen Achtzigern – der stilistischen und musikalischen Umbruchphase von Magma -, wurde “Zëss” ein fester Bestandteil des Live Repertoires und ist unter anderem als 31-minütige, jedoch immer noch unvollständige Version auf dem Mitschnitt “Concert Bobino 1981” enthalten. Die nun vorliegende, finale Version, untertitelt mit “Le Jour Du Néant” und mit dem The City Of Prague Philharmonic Orchestra eingespielt, ist eine auf orchestrales Format erweiterte Neuinterpretation und bringt es auf eine Laufzeit von knapp 38 Minuten, womit sie von der Dauer im Bereich von anderen epochalen Magma Werken dieser Epoche wie “Mekanïk Destruktïw Kommandöh” oder “Wurdah Ïtah” liegt.

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Neben dem von Adam Klemens dirigierten Prager Orchester besteht die auf diesem Werk vertretene Magma-Besetzung aus Christan Vander (Gesang), Stella Vander (Gesang), Morgan Ågren (Schlagzeug), Simon Goubert (Piano), Philippe Bussonnet (Bass), Rudy Blas (Gitarre), unterstützt von einem Chor bestehend aus Isabelle Feuillebois, Hervé Aknin, Julie Vander, Sandrine Destefanis, Sylvie Fisichella, Laura Guarrato und Marcus Linon. Inhaltlich ist das Werk im Vergleich zu anderen, oftmals düsteren, dunklen Magma-Werken noch relativ leichfüßig, fast schon positiv lebensbejahend und von innerer Schönheit durchzogen, hat dennoch seine nachdenklichen Seiten im Intro und Outro. Vor allem die diversen Stimmen, teilweise in Gospel-artigen Arrangements, bekommen mehr Raum, die schnelle Rhythmik ist treibend, weniger verschachtelt und alles steuert in euphorischer, dynamischer Spielweise auf ein einigermaßen besinnliches Ende hin.

Dabei unterscheidet sich die Studioversion in einigen Details von den bisher bekannten Live-Fasszungen und orientiert sich mehr am originalen Arrangement. Zwar sind auch hier Elemente aus dem Jazz Rock, moderner Klassik und repetitiven, inhaltlichen Wiederholungen offensichtlich, ist dieses Werk eindeutig im eigenen Zeuhl-Mikrokomos verhaftet, doch fehlt es an spannungsgeladener Ekstase, ist “Zëss” vielmehr ein wundervolles Stück voll von ergreifender Spiritualität und manischer, monotoner Intensität. Zugleich wird es im Werbezettel als so etwas wie die verdichtete Geschichte von Magma, in einer verträumten Dimension als übersinnliche Kraft bezeichnet. Oder in den Worten von Christan Vander “Zëss ist die Geschichte von Ende von allen – das Ende der Zeit und von allem, was jemals existierte. Absolute Vergesslichkeit, wie eine traumlose Nacht.”

Teapot of the Week
“Teapot of the Week” auf Betreutes Proggen in der KW26/2019

Den Vergleich mit anderen Magma-Werken aus den Siebzigern braucht “Zëss” nicht zu scheuen, selbst wenn es doch musikalisch etwas anders gelagert ist. Verpackt als Deluxe-CD-Box-Set mit einem umfangreichen 40-seitigen Booklet mit der Geschichte des Stücks in französisch und englisch, diversen Abbildungen, sowie dem kobaïanischen Kunsttext und französischen Sprechgesang und in dessen englischer Übersetzung, bekommt man auch informativ und optisch einen entsprechenden Gegenwert.
Bewertung: 13/15 Punkten

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Abbildungen: Magma / Seventh Records