Nachdem der diensthabende Betreuer neulich noch Pristines neue Scheibe “Road Back To Ruin ” in den Himmel lobte, musste er dann auch wie versprochen vor Ort betreuen – und hört mit der Loberei nicht auf. Für die Kombination Pristine/Ni Sala kann man auch an einem Dienstag über die Grenzen Kölns hinaus reisen. Immer auf der Road to Ruin nach Norden.
Der kleine Yard Club war noch spärlich besucht und im schummerigen Licht sah man hauptsächlich ergraute Herren in Bandshirts und mit Bier in der Hand. Dass dieser Schlag Musikliebhaber sowohl an der Retro-angehauchten Musik als auch der rothaarigen Sängerin Pristines, Heidi Solheim, Gefallen findet, verwundert nicht. Ein befreundeter Schlagzeuger aus eben dieser wichtigen Musikhörer-Schicht ließ mich zwei Tage vorher noch wissen, dass der Sound im Yard Club soviel besser sei als in der Kantine nebenan. (In welcher Kantine ist der Sound denn schon gut?)
Die Musiker streunerten bereits durch den Laden und als alte Bekannte kommt man sich bei Bier und Weißwein schon einmal näher. Die vier Jungs von Ni Sala warteten noch ein wenig, bis es voller wurde, dann enterten sie die Bühne und brachten den kleinen Club zum Beben.
Die vier Musiker aus München spielen harten, ausgeklügelten Rock mit vielen Twists und Wechseln. Die Bühnenshow reißt mit, allein die Gestik und Mimik von Frontmann Robert Salagean könnte dafür sorgen. Hier bewegt sich jeder mit, hier kann man nicht ruhig stehen oder sitzen bleiben. Eindrucksvoll dargestellt von einem älteren Herren vor der Bühne mit Glatze und Jackett, der sich die Seele aus dem Leib tanzte.
Kein Wunder, haben die Jungs doch einen 60er-Jahre-Touch in ihrer ansteckenden Musik. Eine Prise Psychedelic, spielerisches Können und Roberts Wechsel an die Percussions zwischendurch ergeben eine tolle Kombination, die vor allem in letztgenannten Passagen auch an Santana erinnern kann!
So gibt es auch hinterher am Merch-Stand auch direkt ein Album mit, das sicherlich bald auf diesen Seiten hier rezensiert wird! Allein für diesen Auftritt hat sich der Ausflug in die Wildnis jenseits der Stadt gelohnt.
Zu sphärischer Intro-Musik und vollerem Club betreten dann Heidi Solheim und ihre Band die Bühne. Heidi streift noch schnell die zum Outfit passenden Stiefel ab, dann geht es auch schon mit ‘Pioneer’ vom neuen Werk los.
So beginnt man eine Show, so macht man ein Publikum heiß! Die Menge gebt ab, das Level wird mit dem grandiosen Titeltrack ‘Road Back To Ruin’ noch einmal angehoben. Heidi tobt, tanzt und springt über die Bühne, in ihrem Rausch haut sie sich mit ihrem Tambourin (wie auf Fotos bereits eindrucksvoll dokumentiert) die Oberschenkel blutig.
Überhaupt diese Energie, die die Band transportiert! Heidis Mitmusiker brillieren allesamt an ihren Instrumenten, neben Bassist Gustav Eidsvik und Drummer Ottar Tøllefsen vor allem Gitarrist Christoffer Nicolai Mathisen, der auf der zweiten Hälfte der Tour den regulären Gitarristen Espen Elverum Jacobsen ersetzt. Und es gibt ein neues Bandmitglied: Da die Band auf ihrem aktuellen Album erstmals gleichwertig die (wie Arsch auf Eimer passenden) Keyboards einsetzten, haben wir mit Stine Maren Steien erstmalig jemand an den Tasten mit auf der Bühne!
Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf dem neuen Album. Alle Songs werden gespielt. ‘Cause and Effect’ muss leider ohne Orchester auskommen, wird aber auch durch eine Live-Version, in der anfangs nur der Bass zu Heidis Gesang spielt, eindrucksvoll. Als erwähnt wird, dass die Band auf dem Album ein Orchester in dem Song einsetzt, ist der Kommentar einer Zuhörerin: “So ist es aber auch absolut cool!” Effekt erfüllt.
Eine kleine Überraschung – die sound- und songmäßig aber nicht aus dem Rahmen fällt, sondern sich wie eines ihrer eigenen Lieder perfekt einfügt – ist eine Coverversion von Jimi Hendrix ‘Fire’, laut Heidi eines der Lieblingslieder der Gruppe. Im Endeffekt also doch keine Überraschung.
Ein absolutes Highlight (nicht nur weil Lieblingssong des Betreuers) ist ‘Aurora Skies’, das Heidi mit einer sehr offenen und persönlichen Entstehungsgeschichte einleitet, um anschließend das gesamte Publikum zu verzücken und zum Staunen zu bringen. Espen Elverum Jacobsen schnallt sich dazu die double-neck Gitarre um und erinnert sowohl soundmäßig als auch vom Stil her an Jimmy Page. Led Zeppelin kann man bei Pristine durchaus heraushören.
Danach geht es mit ‘Derek’ noch einmal richtig ab, das Publikum singt aus lauter Kehle mit. Es folgt die Zugabe, die mit ‘No Regret’ ihren ersten Songs beinhaltet. Der Song lehnt sich ganz stark an ‘No Quarter’ von Led Zeppelin an, die Band zelebriert die Nummer lang und episch.
Doch danach ist es noch nicht vorbei. Heidi bleibt am Ende alleine auf der Bühne, schnallt sich die Gitarre um und erklärt, dass die Band so gern in Deutschland ist, dass sie einen aktuellen Song ihrer neuen Platte, das akustisch angehauchte ‘Your Song’ auf Deutsch haben umtexten lassen. Und genau diese deutsche Version, eine Liebeserklärung an ihr deutsches Publikum, bringt Heidi allein und fröhlich lachend dem ver(z/r)ückten Publikum im Club Yard. Ihre Band steht derweil neben der Bühne und schmachtet die Sängerin an.
Der Abend ist danach sehr schnell vorbei. Die Band lädt noch zu Fotos, Autogrammen und mehr am Merch ein. Das wird auch noch ordentlich genutzt, doch danach leert sich der Club schnell. Es ist halt Dienstag und so sehr Rock’n’Roll ist man unter der Woche in diesem Alter wohl nicht mehr. Für die Band geht es am nächsten Tag weiter ins schöne Oberhausen. Für uns geht es glücklich nach Hause. Auf bald, Pristine!
Text und Live-Fotos: Philipp Röttgers
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