Max Schörghuber (und Matthias Hoffmann), Karakorum, zum neuen Album “Fables and Fairytales”


Karakorum bringen am 24.05.2019 ihr neues Album “Fables and Fairytales” heraus (hier geht es zu unserer Rezension). Die Band und Betreutes Proggen sind quasi alte Freunde, daher war es selbstverständlich, dass Gitarrist Max Schörghuber und Betreuer Phil sich per Skype zum Feierabendbier verabredeten, um über Bandalltag zwischen Reisen, laktoseintolerante Ratten, vercheeste Songs und Monty Python zu sprechen. Später kam außerdem Mischer Matthias Hoffmann dazu. Phil wollte außerdem wissen, inwieweit die einjährige Weltreise von Sänger und Keyboarder Axel Hackner sich auf das aktuelle Album und das Bandleben ausgewirkt hat. Doch zunächst kam man erstmal auf Hermann Hesse und Steve Hogarth zu sprechen.

“Es gibt für mich ein paar Konzert-Pflichttermine: Marillion, King Crimson, Magma.”

Max:… endlich einer, der mich versteht, ich bin der einzige Hogarth-Fan aus der Band! Wenn überhaupt, mag der eine oder andere höchstens ein wenig die Fish-Ära. “Brave” ist genial. Es gibt für mich ein paar Konzert-Pflichttermine: Marillion, King Crimson, Magma.

Phil: Klingt ein wenig wie ein Querschnitt aus Einflüssen von Karakorum.

Max: Stimmt! Erst einmal: Schöne Grüße von Axel, der ist im Moment in Indien!

Der ist ja gefühlt nur auf Reisen. Aber das scheint ja in der Band generell so zu sein. Ist da eine Art Bandleben oder ein Bandalltag überhaupt möglich?

Ja, eigentlich gibt es einen massiven Bandalltag, auch weil wir alle Freunde sind. Wir treffen uns einmal die Woche zum Serien schauen, zum Beispiel ganz aktuell “Game of Thrones”. Früher war immer Freitag unser Tag. Jeden Freitag um fünf nach der Arbeit haben wir uns getroffen und Musik gemacht. Da hast du eine gute Ausrede gebraucht, dass du nicht erscheinen musst. Ich hoffe, dass das so auch wieder wird, wenn Axel wieder da ist. Oder dass es sich zumindest so einpendelt: drei von vier Freitagen mit allen fünf, und wenn es wichtig ist, legen wir auch manchmal Samstag und Sonntag drauf. Aber auch wenn jemand mal auf Reisen ist: Wenn man es gut timed, kriegt man das ja auch hin. Haben wir ja beim neuen Album jetzt auch.

Wie liefen die Aufnahmen ab?

Die Planung stand, die Songs waren festgelegt und die Aufnahmen lagen vor uns. Dann kam von Axel die Nachricht: Hey Jungs, ich haue ab für ein Jahr. Aber er ist ja ein organisierter Mensch, sodass alles gepasst hat. Eine halbe Woche bevor er geflogen ist, hat er seinen letzten Text eingesungen. Gemixt wurde ohne ihn, aber per Dropbox u.ä. war er quasi immer dabei. Aufgenommen haben wir wie bei “Beteigeuze” wieder bei uns im Proberaum, an einem Tag. Letztes Mal waren es zwei. Durch den Zeitdruck haben wir geprobt wie blöd und waren am Ende so gut wie selten. Gemischt hat das Album wieder Matthias Hoffmann, der Bruder meiner Freundin. Er ist eigentlich Blasmusiker. Seine Ohren sind brutal. Wir haben mittlerweile für unsere Zwecke das perfekte Team zusammen.

Der Opener ‘Phrgyian Youth’ und der Closer ‘Fairytales’ sind ja schon auf eurem ersten Werk zu hören.

Das sehen wir mittlerweile als Demo, unser erstes richtiges Album ist “Beteigeuze”. Die Songs sind beide über die Jahre gewachsen und länger. Wir haben versucht, sie auf das jetzige Level upzudaten. Mir war außerdem wahnsinnig wichtig, die auf 180 Gramm Vinyl und mit dem Mastering von Eroc zu haben. Wir hatten schon überlegt, einen ganz anderen Weg für das aktuelle Album einzuschlagen, den nehmen wir jetzt aber für das dritte Album. Das passt perfekt, weil jetzt ist der Schlusspunkt gesetzt. Mit dem zweiten “neuen” Song ‘Smegmahood’ haben wir die Brücke geschlagen.

“Und dann war es voll die heftige Nummer, die wir mit Noten eingespielt haben, weil es anders nicht mehr möglich war für uns.”

Ich zitiere hier einmal Axel aus dem letzten Interview: “‘Smegmahood’ zum Beispiel ist ein neues Lied, das unser aktuelles Niveau am besten repräsentiert. Textlich nur ein Vierzeiler, in dem es darum geht, dass eine Laktose-intolerante Ratte sich vom Smegma des Protagonisten ernährt. Klingt doof, ist es auch. Das Ganze vorgetragen als fünfstimmige Fuge. Das ist aber nur ein Teil davon, rhythmisch ist es unser komplexestes Stück.” Wie kommt man auf so einen Song? Wie hat sich das entwickelt?

Ganz am Anfang hatte ich die Idee für das Konzept. Ich habe das so in den Raum geworfen: “Wie wäre es denn mit einer Maus, die sich von Eichelkäse ernährt, und dann an Laktose-Intoleranz stirbt?” Axel hat sich ans Piano gesetzt und hat die Hook gespielt und über “Dick Cheese” gesungen, dann stieg Bernie (Gitarrist Bernhard Huber, Anm. d. Red.) mit dem Countryriff ein und dann hat sich irgendwann der Basti (Schlagzeuger Bastian Schuhbeck, Anm. d. Red.) dem Ganzen angenommen und dann das polyphonische Gesangszeug mit reingebastelt. Und dann war es voll die heftige Nummer, die wir mit Noten eingespielt haben, weil es anders nicht mehr möglich war für uns.

Das war im Studio unheimlich schwierig. Wir haben den live aufgenommen und in drei Teile gesplittet, anders ging es nicht. Wir müssen überlegen, wie wir den live spielen, denn das so zu singen und so zu spielen ist fast unmöglich.

Karakorum - Fables and Fairytales
Karakorum – Fables and Fairytales
(46:35, CD, Tonzonen/H’Art, 2019)

Habt ihr Reaktionen auf den Song bzw. das Konzept bekommen? Nach dem Motto “voll geschmacklos”?

Ich habe ehrlich gesagt damit gerechnet, dass es heißt “Jetzt haben sie komplett den Arsch offen”. Das ist bis jetzt nicht passiert, ich bin fast ein wenig enttäuscht.

Wir können ja einen Skandal daraus machen, wenn du willst. Wäre doch gute Publicity.

Ein paar werden sich sicherlich daran anstoßen, aber die Absicht zu provozieren hatten wir nicht. Wenn du dir die Rückseite des Albums anguckst und dir die Anfangsbuchstaben der Untertitel von ‘Smegmahood’ durchliest, kommt ein Wort heraus: Cheese. Und die Endbuchstaben rückwärts ergeben das gleiche Wort. Die Idee hatte Basti, es gibt einen Part im Song, der nur aus den Noten C H Es und E besteht. Wir haben den Song vercheest.

Ein totaler Konzeptsong!

Der Song ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie Karakorum Songs schreibt. Seltener durch Jams, sondern durch Vorschläge, die jemand mitbringt und dann von den anderen ausgebaut werden. Bei uns gibt es auch keine Solo-Streitereien. Da spielen persönliche Präferenzen keine Rolle. Man weiß zum Beispiel, welcher Gitarrist zu welchem Part passt bzw. wer von uns was zu spielen hat.

Diese Bandchemie hört man bei auch raus. Bei euch könnte man wahrscheinlich gar keinen austauschen. Und es würde auch nicht zu eurer Musik passen, wenn sich da jeder oder jemand in den Vordergrund spielen wollte.

Das freut mich! Und du hast Recht. Außerdem haben wir ja in unserem Schlagzeuger einen Musical Director (er studiert Musik und spielt sämtliche Instrumente, Anm. d. Red.), der ist extrem anspruchsvoll. Und das tut unserem Endsound extrem gut. Bastian sagt dir, wenn du etwas verkehrt machst! Auch Sachen, die ich gar nicht höre. Wir sind ihm da massiv dankbar. Die Musik von Karakorum in diesem Stadium wäre sonst nicht möglich.

Noch ein Wort zum Artwork des Albums, der Schildkröte?

Die Schildkröte geht auf mein Konto. Das Artwork geht wieder auf Dale Simpson zurück, wie schon beim letzten Mal. Ich wollte etwas nüchterneres als beim ersten Mal, plakativer, kein Overload. Den Karakorum-Schriftzug, den Dale beim letzten Mal entworfen hat, will ich unbedingt behalten, der ist super. Und zur Schildkröte: Auf dem letzten Album-Artwork hatten wir ja die Berge im Hintergrund, angelehnt an den Gebirgszug Karakorum. Und du kannst Karakorum auch in Bezug auf die alte mongolische Hauptstadt nehmen. Da stehen diese alten Steinschildkröten. Und mit dem Panzer kann man viel machen. Alles dort drinnen ist mit Bleistift gezeichnet, das ist klasse. Die Schildkröte schwebt ja über ein blaues Mustermeer. Und mit viel Fantasie kann man da mehrere Phalli entdecken. Eine der letzten Nachrichten, die Axel an Dale geschickt hat, bevor er abgehauen ist, war: “Hey Dale, may we please have some dicks in the background?” Und seine sofortige Antwort war: “Of course! Why not?!”

Wenn du die ganze Geschichte von ‘Smegmahood’ nicht kennst, wirst du das im Song nie hören oder die Phalli auf dem Cover sehen.

Apropos: Du hast ein “Life of Brian”-Poster dahinten hängen, oder? Ich liebe Monty Python!

Ich musste bei ‘Smegmahood’ auch an Monty Python denken.

Ich denke da immer an die Mönche aus “Holy Grail”, die sich die Bretter an den Kopf schlagen.

So könnt ihr das ja live vortragen.

Gute Idee!

Oder ihr kommt so auf die Bühne.

Das kann ich mir vorstellen! Das ist das Schöne an Karakorum, wir setzen uns keine Grenzen, wir wollen immer einen Schritt weiter gehen. Bei ‘Smegmahood’ haben wir irgendwann Stopp gesagt, weil immer noch weirder und weirder zu sein, muss man nicht erzwingen. Wenn es stimmig ist, merkst du es. Im nächsten Songwriting Prozess würde ich nicht noch weirder werden. Mal schauen, wie es sich entwickelt, vielleicht gehen wir auch einen Schritt zurück, wer weiß.

Habt ihr schon Pläne für das nächste Album?

Ja, tatsächlich! Der eingangs erwähnte alternative Weg für “Fables und Fairytales” wird nun auf dem dritten Album gegangen. Es wird wieder in die Richtung Konzeptarbeit gehen. Es gibt noch nicht so viel zu verraten. Es gibt einen extrem langen Track, der aber in der Form mit Sicherheit nicht auf das Album kommt, sondern vielleicht splitten wir ihn auf. Im Endeffekt kommt es eh so, wie fünf Leute es entwickeln.

Habt ihr schon einen Zeitplan, wann das nächste Werk veröffentlicht wird?

Realistische Anpeilung ist 2021. Wir haben schon den Traum, weiterzumachen. Es muss auch jeder zufrieden sein. Gerade unser Musical Director ist wie gesagt extrem anspruchsvoll, was Karakorum extrem gut tut.

Habt ihr denn momentan Pläne, auf Tour zu gehen oder ist das gar nicht möglich bei den jeweiligen Lebensumständen?

Doch, durchaus. Am 25.05. spielen wir bei der Freak Convention zu viert. Wir mussten umdenken und haben für den einen Gig ein Special-Programm ohne Keys zusammengestellt und eingeprobt. Und ab Ende November haben wir auch wieder ein paar Termine, zum Beispiel in Wien, und wenn wir Glück haben, spielen wir eine Woche in Italien. Bei uns in der Gegend beehren wir die wenigen Locations, die es gibt, immer wieder. Und eine Anmeldung für den Höllenschuppen auf dem Herzberg ist auch wieder raus.

Stimmt, ihr habt ja auch 2017 auf Herzberg gespielt!

Klar, wir sind alles alte Herzberger, ich bin da seitdem ich 17 bin. 2017 war ein geiler Slot. Es war ein schöner Auftritt auf der Mental-Stage, und es war schön, mit den Jungs hinzufahren.

In dem Moment kommt Mischer Matthias Hoffmann rein und setzt sich mit einem Bier mit vor den Bildschirm.

Schönes Album hast du da gemischt!

Danke! Mit deren Musik geht es leicht!

Du weißt wahrscheinlich schon, wie es klingen soll bzw. wie die Jungs es wollen.

Die Herausforderung bei Karakorum ist immer der Anfang und dass man sich Gedanken machen muss, wo es hingehen soll. Wenn du den ungemischten Zustand bekommst und herausfinden musst “Was wollen sie genau damit?” Ich weiß, dass sie verrückt sind, daher treffen wir uns recht schnell.

“Der Arbeitstitel für das (nächste) Album lautet “Synoptikum” und dient als Konzept für die Lyrics.”

Max, was erwartete uns von Karakorum in der Zukunft?

Auf jeden Fall ein neues Album auf Grundlage des eingangs erwähnten Longtracks. Der Arbeitstitel für das Album lautet “Synoptikum” und dient als Konzept für die Lyrics. Der Begriff ist eine Mischung aus den Wörtern Synapsen und Panoptikum.

Ich bin gespannt, in welche Richtung es für Karakorum dann geht!

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Abbildungen: Karakorum / Tonzonen / Autor
Mit freundlicher Genehmigung

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