“Vielleicht wird “Tales From Outer Space” sogar das am besten verkaufte Album in unserer bisherigen Karriere.”
Wir treffen einen wunderbar entspannten und gut aufgelegten Kalle Wallner im traditionsreichen Colos-Saal in Aschaffenburg zum Gespräch unter sechs Augen. Es ist der vorletzte Gig auf der aktuellen Tour von RPWL zum neuen Album “Tales From Outer Space” und wir haben genügend Fragen an Kalle im Gepäck.
Die aktuelle neigt sich schon wieder dem Ende zu – wie gehts Euch und wie lief die Tour bis hierhin?
Kalle: Wir sind extrem zufrieden und glücklich über den bisherigen Verlauf der Tour, aber nach einem Monat im Tourbus jetzt auch ein wenig erschöpft. Am 2. April war Tourstart in England, wo wir lange nicht mehr am Stück waren und nur vereinzelt auf Festivals gespielt haben. Wir waren auch noch nie in Glasgow, welches dieses Mal endlich auf der Liste stand. Unser Promoter in England hat echt einen super Job gemacht. Die Gigs waren zwar alle in einem etwas kleineren Rahmen als z.B. hier in Deutschland oder Polen, aber wir waren über die positive Resonanz vom Publikum total überrascht und erfreut. Dazu kommen die vielen netten Erlebnisse mit Fans, die einem so eine Tour einfach versüssen. In Polen hat uns ein Fan Fotos von Anfang 2000 gezeigt, so lange ist er schon dabei. Da wird einem klar, wie lange das alles schon geht und wie man sich selbst verändert hat. Also wie gesagt, wir sind absolut zufrieden mit dem Verlauf dieser Tour. Und ganz besonders freuen wir uns morgen auf den bereits ausverkauften Gig in Freising, unser Heimspiel!
Wir haben über eure Social-Media Kanäle mitbekommen, dass die Tour sehr gut läuft und einige Gigs sogar bereits ausverkauft waren. Ist daher noch ein Nachschlag geplant?
Wir haben gemerkt, dass schon mit der Vorabveröffentlichung der Single des aktuellen Albums ein sehr positive Nachfrage seitens der Fans bestand. Im ersten Tourblock hatten wir leider schon einige Städte, die wir aktuell auslassen mussten, z.B. die Harmonie in Bonn oder das Rind in Rüsselsheim. Diese Städte holen wir jetzt noch einmal im November 2019 nach. Also ja, es gibt Nachschlag!
Lass uns über das neues RPWL-Album sprechen. Die Songs passen thematisch und musikalisch perfekt zueinander und das Album hat einen schönen organischen Flow, war dies alles so von Anfang an geplant, oder passiert sowas einfach?
Naja, wir hatten ja bereits andere, ich nenne es mal “Live-Konzeptalben” gemacht. Und vor allem der letzte Release, “A New Dawn”, hat uns dabei sehr viel Arbeit und Zeit gekostet. Aber auch bei den beiden vorherigen Studioalben, die schon etwas länger her sind, hatten wir uns selbst ein relativ enges Korsett gesetzt. Jetzt bei “Tales From Outer Space” hat sich von Anfang an alles relativ frisch und frei für uns angefühlt. Nebenbei sind wir alle aber auch totale Science-Fiction Fans. Es ist daher wirklich erstaunlich, dass wir erst jetzt auf die Idee gekommen sind, dies als ein übergeordnetes Thema für unser Album zu nehmen. “Tales From Outer Space” ist aber im klassischen Sinne kein Konzeptalbum, sondern jeder Song steht für sich und hat sein eigenes Thema. Gemeinsam ist nur, wie bereits gesagt, dass gemeinsame Sci-Fi Thema. Yogi (Lang) war dabei sehr glücklich, dass er sich in seinen Texten auf diese extrem objektive und beobachtende Rolle konzentrieren konnte. Also diese Sichtweise von ganz aussen, wie würde jemand, der jetzt unsere Erde besucht die Gesellschaft sehen? Und so konnten wir diese eigentliche Sozialkritik, die sicherlich vorhanden ist, auf eine neutralere Ebene bringen. Bei ‘A New World’ zum Beispiel ist die Idee, dass die Außerirdischen uns besuchen, aber so entsetzt über den Zustand unserer Erde sind, dass sie ihn fluchtartig wieder verlassen. Oder bei ‘What I Really Need’, wo wir einen Außerirdischen einen ganzen Tag lang begleiten und uns fragen, was würde er brauchen um sich hier wohlzufühlen? Und wie würde er den Zustand unserer Welt empfinden? Das sind so die Themen des Albums, aber immer auch mit einem gewissen Augenzwinkern zu sehen.
Das ist eine durchaus charmante Art, um gesellschaftliche Kritik zu äußern. Weniger mit dem Holzhammer oder als Dylan-Protestsong, sondern durch diese externe Sichtweise, wo man sich z.B. auch fragt, was Aliens von unseren TV-Serien halten würden.
Ja, bei ‘Welcome to the Freak Show’ zum Beispiel, da geht es genau darum, dass das ganze hier auf der Erde wie eine schlechte TV-Serie auf die Aliens wirken könnte (lacht).
Gut, dass Du genau diesen Song erwähnst. Ihr habt ja eine sehr lange zurückliegende Vergangenheit als Pink Floyd Tribute Band. Diese Zeiten sind zwar lange her, aber trotzdem hört man immer wieder „Floydige“ Zitate in euren Songs heraus. Oder liege ich da ganz falsch?
Ich glaube in unserem Genre kann man die Musik gar nicht komplett immer wieder neu erfinden. Wir sind nun seit über 20 Jahren dabei und nach so vielen Alben, ganz ehrlich gesagt, denken wir da gar nicht weiter drüber nach. Wir machen einfach worauf wir Lust haben. Aber gerade bei der Passage mit den Roto-Toms in ‘Freak Show’ haben wir uns schon kurz gefragt, ob wir uns das wirklich trauen können. Aber dann dachten wir, das ist uns egal, wir sind schon lange über dieses Stadium hinaus. Als wir in den Anfängen von RPWL tatsächlich noch als Pink Floyd-Coverband unterwegs waren, haben wir uns aber nie wirklich als Tribute Band gesehen. Die Musik war damals einfach unser gemeinsamer Nenner, und daher auch immer ein Einfluss auf das, was dann aus RPWL geworden ist.
Das Cover und Design eures neuen Album ist äußerst gelungen, vor allem der Comic-Stil ist sehr professionell umgesetzt. Wen habt ihr dafür engagiert und woher kamen die Ideen dafür?
Naja, als sich das ganze Science-Fiction Thema erst einmal etabliert hatte, da hatten wir gleich auch viele Ideen zur optischen Umsetzung. Besonders dieser 50er und 60er Jahre Comic-Stil gefiel uns allen sehr gut. Ich hatte dann einen Link zu einem südamerikanischen Illustrator von unserem Fotografen bekommen und ihn einfach angeschrieben. Er war äußerst schnell überzeugt und er hat uns die ganzen Sachen, inkl. des kompletten Comic-Buchs gestaltet. Wir hatten aber auch das große Glück, dass Juan Ochomba (der Illustrator, Anm. der Redaktion) ebenso begeistert von unseren Ideen war und sich entsprechend kreativ ausgetobt hat. Wir sind sehr glücklich mit dem Endergebnis.
»Mittlerweile haben wir zwei Tonstudios, eine Plattenfirma und einen Musikverlag am Start«
Es ist ja inzwischen so, dass ihr musikalisch auf mehreren Hochzeiten tanzt. Du hast z.B. noch ein Nebenprojekt mit Blind Ego, und live mischte euch auf der letzten Tour Yogi Lang. Man hat so ein wenig das Gefühl, dass ihr eine große Community seid, und euch auch gegenseitig in allem was ihr so tut unterstützt.
Ja, so war das aber eigentlich immer schon. Yogi und ich haben seit Ende der neunziger Jahre ein gemeinsames Haus in Freisingen hergerichtet. Dort arbeiten wir zusammen und dort wurde auch die erste RPWL-Platte produziert. Wir haben damals beschlossen unsere Kräfte zu bündeln, wobei RPWL immer der Mittelpunkt war und alles andere drumherum gebaut wurde. Mittlerweile haben wir zwei Tonstudios, eine Plattenfirma und einen Musikverlag am Start. Wir machen das ganze Management alleine, teilweise auch für andere Künstler und produzieren auch andere Bands, wie zum Beispiel Subsignal. Ich helfe Yogi dann z.B. auch bei seinem Solo-Album und er fährt mit Blind Ego mit auf Tour und mischt uns dort. Das läuft nun schon so viele Jahre sehr gut, wir sind ein eingespieltes Team. Ich bin sicherlich der, der sich etwas mehr ums Geschäft kümmert und Yogi mehr um die Produktionen. So ergänzen wir uns einfach wunderbar.
Und das nun wirklich schon sehr lange, fast ein bisschen wie ein altes Ehepaar?
Ja, stimmt. Fast ist das so, aber hey, wir sind beide glücklich verheiratet (lacht!).
Ihr habt ja hautnah mitbekommen, wie sich in den letzten Jahren das Musikgeschäft grundlegend verändert hat. Unter anderem der Rückgang von physikalischen Tonträgern hin zu digitalen Vertriebswegen.
Stimmt. Ich glaube zwei Sachen sind da wichtig für uns persönlich und RPWL gewesen. Einmal, dass wir 2010 beschlossen haben, unser Geschäft komplett in die eigene Hand zu nehmen. SPV war damals in finanziellen Schwierigkeiten und wir haben das als Anlass genommen, unser eigenes Label zu gründen. Das hilft einer Band unserer Größenordnung enorm um wirtschaftlich zu überleben. Die zweite Sache ist, dass in unserem Genre die Fans schon noch sehr gerne physikalische Medien kaufen. Ganz ehrlich, offensichtlich macht die Musik tatsächlich noch den Unterschied. Wir haben z.B. von der aktuellen Platte deutlich mehr Exemplare als vorher hergestellt und die verkaufen sich sehr gut. Vielleicht wird “Tales From The Outer Space” sogar das am besten verkaufte Album in unserer bisherigen Karriere. Ich seh die Entwicklung hin zum rein digitalen Vertrieb natürlich auch mit Besorgnis, denn gerade für ganz junge Bands kann das neben Chance auch eine echte Hürde sein. Aber wenn man wie wir schon eine solide Fanbasis mitbringt, ist tatsächlich noch immer einiges möglich. Letztendlich entscheidet wohl auch die Qualität eines Albums, und obwohl mir alle unsere Alben gefallen, gibt es einfach auch Dinge, die man nicht direkt beeinflussen kann. Aktuell glaube ich, dass den Fans der frische Sound auf “Tales” gut gefällt. Wir haben auch von Anfang an bei der Produktion auf eine Veröffentlichung auf Vinyl gedacht und entsprechend abgemischt, aber auch die Songs von der Länge her für die einzelnen Seiten entsprechend aufgeteilt.
Daher hat das Album diese lange gültige und perfekte Albumlänge von damals…
Ganz genau. Eine Zeit lang hat man ja immer versucht, die Laufzeit einer CD bis zur letzten Minute auszuquetschen. Ich finde ehrlich gesagt, dass 45-50 Minuten eine perfekte Länge sind. Und wenn man denkt, oh schade es ist ja schon vorbei, dann hat das doch etwas durchaus Positives.
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Finden wir auch! “Tales” kann man perfekt am Stück durchhören und man freut sich danach auf einen neuen Durchlauf.
Ja, dass haben wir live übrigens auch gemerkt und spielen daher das komplette Album am Stück.
Noch eine Frage zur Vinyl-Auflage. Man beobachtet jetzt häufig, dass die LPs in allen möglichen Farben herauskommen, was es früher fast nie gab. Zielt man damit direkt auf die Sammler ab?
Bei uns hat das jetzt einfach gut gepasst, mit den vier Farben der vier verschiedenen Anzüge der Comicfiguren. Daher kam die Idee, diese vier verschiedenen Farbvarianten auf Vinyl herauszubringen. Anscheinend war das auch die richtige Idee, denn die Auflagen sind bereits restlos ausverkauft.
»Es wird ein neues Album von Blind Ego geben – aber auch Yogi hat ein neues Soloalbum in der Mache«
Eine letzte Frage zu musikalischen Zukunft von RPWL, aber auch zu Deinem zweiten Projekt mit Blind Ego – ist da was neues geplant?
Also, da schließe ich an die Frage von vorhin an: Die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Leuten. Das hilft mir persönlich ungemein dabei, musikalisch frisch zu bleiben und mich mit neuen Ideen zu konfrontieren. Für Blind Ego schreibe ich z.B. sehr rockige Nummern, die aber einfach einen anderen Gesangstil fordern als ihn z.B. Yogi für RPWL hat. Aber diese “heavy” Seite lebt einfach in mir, ich bin halt nunmal ein Kind der Achtziger und hab den ganzen Heavy Metal-Kram gehört. Und da macht es auch Spaß mit diesen rockigeren Sängern zusammenzuarbeiten. Und zur direkten Frage, was geplant ist: Ja, es wird ein neues Album von Blind Ego geben. Das Schlagzeug haben wir vor kurzem schon aufgenommen und nach dieser Tour werde ich weiter daran arbeiten. Aber auch Yogi hat ein neues Soloalbum in der Mache, und da schliesst sich auch schön der Kreis. Yogis Album wird eher etwas ruhiger werden, meines sehr rockig und RPWL ist irgendwie in der Mitte von beidem.
Also müssen wir etwas länger auf ein neues RPWL-Album warten?
Ja etwas schon, aber es soll dieses Mal nicht so lange damit dauern, wie ihr alle auf “Tales” warten musstet.
Kalle, vielen Dank für das angenehme Interview und gutes Gelingen für den Auftritt heute Abend!
Das Interview führten Dieter Hoffmann und Henrik Kropp.
Live-Foto: Henrik Kropp
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