Big Big Train – Grand Tour

(74:25; 1 CD/2 LP; JustForKicks, 2019)
Knapp zwei Jahre nach ihrer etwas unglücklichen Resteverwertung “The Second Brightest Star” kommen Big Big Train mit einem komplett neuem und eigenständigen Album um die Ecke. “Grand Tour” nennt sich das jüngst erschienene Werk, das erste ohne Gründungsmitglied Andy Poole übrigens. Auf “Grand Tour” geht es um die Kunst, Wissenschaft, Entdeckerdrang und menschliches Vorankommen. Mit einem wunderschön getragenen Intro bereiten uns Big Big Train auf das vor, was in den kommenden knapp 75 Minuten kommt: Poetischer, farbenfroher und emotionaler Prog-Rock, in allen Facetten der Kunst und mit viel Feingespür.

‘Alive’ ist dabei noch eine eher poppige Nummer, die im Up-Tempo gehalten Charme und Freude versprüht. Der Titel diente nicht umsonst als Appetizer aus Album und dürfte sogar nicht Prog-affinen Personen gefallen. ‘The Florentine’ startet im unverkennbaren Folk-Rock Stil, den sich BBT nun schon seit einigen Jahren zu eigen gemacht haben. Der Titel hat aber noch so viel mehr zu bieten und entpuppt sich im weiteren Verlauf als abwechslungsreiches und mit wunderbaren Gesangslinien versehenes Juwel. Mit welcher Leichtigkeit hier eine tolle Idee nach der anderen aus dem Ärmel geschüttelt wird ist durchaus beeindruckend. Die retrohaften Keyboardsounds bringen das Fass endgültig zum überlaufen und katapultieren zielsicher in den Prog-Himmel. Hätte dieser Song vielleicht besser ans Ende des Albums gehört, wurde alles Pulver schon am Anfang verschossen? Ach wohin, mit ‘Roman Stone” folgt ein knapp fünfzehn Minuten dauerende Ausflug ins alte Rom. Der getragen gehaltene Song glänzt dabei mit perfekter Instrumentierung (Rachel Hall an der Violine, immer wieder ein Genuss), dem bereits auf “Folkore” in bester Form aufspielenden Bläser-Ensemble und bereitet viel Raum für David Longdons tragenden, fast pastoralen Gesang. Eine Klasse für sich, was hier jeder der Beteiligten an Gespür für die richtige Note, den richtigen Moment und dabei stets auch mit passender Zurückhaltung an den Tag legt.

Thematisch schließt sich mit ‘Pantheon’ ein instrumentaler Titel aus der Feder von Drummer Nick D’Virgilio an. Ein groovender Ausflug bei welchen sich nahezu alle Instrumentalisten mal austoben dürfen. Der Titel zeigt einmal mehr, welch ein vielseitiger Musiker hinter “NDV” steckt. ‘Theodara In Green and Gold’ beendet die kleine Trilogie ums alte Rom. Es ist einer dieser für BBT prototypischen Songs, der alles beinhaltet, was die Band seit Jahren ausmacht. Im Schlussteil darf D’Virgilio einen kurzen Gesangspart übernehmen. Ob es das unbedingt gebraucht hätte, muss jeder Zuhörer für sich selbst entscheiden.

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Weiter zum nächsten und vielleicht sogar dem Highlight des Albums: ‘Ariel’. Am Anfang, mit fast gospelartigen Gesangseinlagen, entwickelt sich ‘Ariel’ schnell zu einem dieser Titel, die BBT-Fans gerne als “Epic” betiteln. Kaum sind die letzten Akkorde ausgeklungen funkt uns auch schon die ‘Voyager’ an. Inhaltlich geht es um die berühmten Weltraummissionen unter gleichem Namen.

Grand Tour by Big Big Train

Musikalisch knüpft die Band direkt an ‘Ariel’ an und hält das fast schon beängstigend hohe Niveau problemlos. Auf ‘Homesong’ treten wir sprichwörtlich die Heimreise an, nicht ohne erneut musikalisches Neuland zu betreten. Wie leichtfüssig hier verschiedene Genres in einem Song verreint werden, ohne dabei zwanghaft oder gekünstelt zu wirken? Das müsste man mal Frau Hall, Herrn Gregory, Mister Longdon, Danny Manners, Sir Spawnton, Everybody’s Darling Sjöblom und Schlagzeug-Virtuose D’Virgilio höchstpersönlich fragen.

Teapot of the Week
“Teapot of the Week” auf Betreutes Proggen in der KW22/2019

Nach “Folkore” und “Grimspound” führt “Grand Tour” nahtlos und überzeugend die Reise dieser bemerkenswerten Band fort. Für jeden Musikliebhaber mit Hang zu wundervollen Harmonien, geschmackssicher agierenden Musikern und sinnstiftenden Texten vermutlich eines der Alben des Jahres!
Bewertung: 13/15 Punkten (DH 11, HK 13, JM 12, KR 12, KS 12, HR 13)

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