(16:20, CD, 10”, Download, Atypeek Music / Fake Four Inc. / Rotorelief, 2019)
Hip Hop einer Leserschaft aus Rock- und Progfans näherzubringen, ist keine leichte Aufgabe. Dass beide Genres aber eine ähnliche Entwicklung durchlaufen bzw. durchliefen, ist vielen nicht klar. Rock und Metal wurden im Zuge des Punk und Grunge schrittweise „entmachoisiert“ (wobei es nach Meinung vieler immer noch zu wenig weibliche Stimmen im Rock gibt), das gleiche geschieht derzeit mit dem Hip Hop und seinen zahlreichen Spielarten. Das Kollektiv Brockhampton entschuldigte sich zum Beispiel öffentlich für die sexuellen Übergriffe ihres Gründungsmitglieds Ameer Vann und feuerte ihn kurz darauf; Tyler the Creator, der sich gerne mit provokant-respektlosen Texten in den Vordergrund schiebt, verpackte sein Coming Out 2017 in Form seiner LP “Flower Boy”.
Auch das im Underground beheimatete Noise-Rap Duo Moodie Black hat sich die Überwindung patriarchaler Komplexe auf die Fahnen geschrieben. So nutzte Rapperin und Fronterin Kdeath das 2018 erschienene “Lucas Acid” als Abrechnung und praktisch auch als Übergangsritual: Sie bekannte sich im Zuge des Albums zu einer Identität als Transfrau und rollte dabei die inneren und äußeren Konflikte auf, die entstehen, wenn man das ganze Leben lang männlichen Rollenmustern entsprechen muss.
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“MB III” ist die neueste Veröffentlichung, ein Vier-Song-Zyklus und Appetizer für den nächsten, bereits angekündigten Longplayer “Static”. Die musikalische Fahrtrichtung variiert innerhalb der Tracks kaum und weist auch zur restlichen Moodie Black Diskographie eine nahtlose Kontinuität auf. Schleppende Beats bilden die Grundlage für die Drone-Texturen und effektbeladenen, hallgetränkten Gitarren. Darüber, darunter oder dazwischen drängen sich Kdeaths eindringliche, langsame Rap-Strophen wie durch einen Vorhang von Störgeräuschen und kratzig-dröhnenden Synthies. Die Texte, im Hip Hop eigentlich Hauptakteure und Projektionsflächen für Anekdoten, Witze, Kommentare und Kritik, sind bei Moodie Black sehr abstrakt gehalten, poetisch-dunkel, suggestiv: „You ever see a trans trap mouth // The stitch holes moths off the tongue sway out
// The black man’s bones burnt chicken half out with a half chewed collar with a half filled house […]“
Der Sound von Moodie Black ist atmosphärisch dicht, spannend und aufreibend, lässt einen aber auch etwas im Stich mit einer schweren, aufwühlenden Botschaft. Den Kampf gegen die Unterdrückung führen Moodie Black mit unumstößlicher Überzeugung, was durch die stimmliche Performance und die Produktion mehrfach unterstrichen wird.
„I don’t talk super femme, our music is aggressive and heavy which, to me makes sense because we’re living in aggressive times, so I have a weird relationship with [the LGBTQ community]”, sagte Kdeath einmal in einem Interview mit dem Magazin Out. Das kann und sollte man vielleicht unkommentiert so stehen lassen.
Bewertung: 10/15 Punkten
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