(I: 38 min., II: 42 min., III: 46 min., CD, Explore Rights Management Ltd., 2018)
Im Jahre 1985 erreichte uns die Veröffentlichung des ersten von drei Releases aus der Reihe “Phenomena”. Also jenen Veröffentlichungen des Musikprojektes, die jeweils mit römischen Zahlen durchnummeriert waren. Die drei Releases danach finden hier keine Beachtung. 1985, das Jahr, in dem Boris Becker als 17-jähriger sein erstes Wimbledon Turnier gewinnt, Ost- gegen West-Spione ausgetauscht wurden, Schulterpolster in Mode kamen und Hardrock mit Alben von Ratt, Mötley Crue, David Lee Roth, Rough Cutt u.v.m. wohl seinen Höhepunkt erreichte.
Wilfried F. Rimensberger hatte die Idee, jene Musiker aus dem Rock- und Hardrock Business zu einer Supergroup zu formieren. Was dabei herauskam, sorgte damals für Aufsehen. Sollten doch aus der Musik und dem Projekt Phenomena viele weitere Dinge entstehen (siehe Wikipedia).
Phenomena I ist eine wunderbare Sammlung von wohl durchdachten Rocksongs in einer angenehm zurückhaltenden Produktion. Getragen werden die Songs von Glenn Hughes Stimme, die engelsgleich über Cozy Powells druckvollem Schlagzeug schwebt. Auch wenn das Album der Kategorie Hardrock zuzuordnen ist, sind doch Keyboards und Bass für diese Musikrichtung ungewöhnlich dominant. Mel Galley verstand es sehr gut, die Gitarre songdienlich einzusetzen. Das gibt der Musik den ganz eigenen, Phenomena-typischen Sound. Wenn man diesen Sound 35 Jahre nach seiner Veröffentlichung heute wieder hört, kann man sich einer sentimentalen Rührung kaum verwehren. Die Musik von Phenomena hat einen derart speziellen Charakter, den es in der heutigen Musik vielleicht so nicht mehr gibt.
Dieses und auch die folgenden Alben sind als Konzeptalben tituliert, wobei sich textlich das dahinterstehende Konzept nicht erschließt. Haben die Texte dann doch eher die für die Zeit typischen Phrasen in nicht unerheblichem Umfang. ‘Believe’ verkörpert dann auch all die Aspekte, die auf diesem Album zu finden sind: Pumpendes Schlagzeug, Hughes bluesige Kopfstimme, typisch-80er Keyboards mit der Hardrock Gitarre. Der Mittelteil, der dann noch mit Chören versetzt wurde, rundet die Komposition ab.
Die Songs haben einen für Hardrock zu der Zeit untypischen erzählerischen Stil, erinnern deshalb mehr an Songs wie sie von Bands wie Yes oder Boston hätten sein können.
Phenomena II, welches 1987, also 2 Jahre später, nachgeschoben wurde, ist dann laut, roh und krachig. Mit Kyoji Yamomoto holte man sich dann einen sehr talentierten Gitarristen dazu, der dem Ganzen wohl etwas Pepp geben sollte. Alles ging mehr ins Extreme: Die vermeintlich poppigen Songs waren dann von 80er-Synth-Schnulzen nicht mehr zu unterscheiden. Die Texte waren nur noch “Shot the dice, (and) play the game” Phrasen. Da nützte es dann auch nicht, dass Glenn Hughes dabei war. Es war ein Abklatsch von “Phenomena I”. Die Chemie von damals wollte sich einfach nicht noch mal reproduzieren lassen. Für eine Weiterentwicklung fehlte aber auch die rechte Idee. Möglicherweise machte sich an dieser Stelle auch bemerkbar, dass es sich eben nicht um eine Band handelte, sondern um ein Konstrukt, das von Wilfried F. Rimensberger und einem Produzenten gesteuert wurde.
In gewisser Weise waren solche Veröffentlichungen wie Phenomena II auch ein Sinnbild für eine untergehende Musik Ende der 80er gewesen, die den Boden bereitet haben, so dass der Grunge das Ruder übernehmen konnte. Sicherlich besteht da kein direkter Zusammenhang, aber das Gründungsjahr von Nirvana wird auf 1987 datiert.
Phenomena III ließ dann 5 Jahre auf sich warten. 1992 konnte man dann sogar Musiker wie Brian May gewinnen. Musikalisch hingegen war das Projekt dem Untergang geweiht. Wer dachte, mit Phenomena II schon alleine textlich einen Tiefpunkt erreicht zu haben, sollte eines Besseren belehrt werden: Bei dem Song ‘Rock My Soul’ wurde tatsächlich ein Soul Chor dazu genötigt, eine halbherzige Rockballade zu intonieren, wobei aber peinlich darauf geachtet wurde, dass dieser Chor 5 Minuten lang nichts anderes von sich geben darf als ein beherztes ‘Rock My Soul’. Dieser Song beendet dann auch die dritte Veröffentlichung und besiegelt damit den Versuch, aus einem ursprünglich tollen und innovativen Projekt noch etwas Spannendes zu machen.
Ohne nennenswerten Mehrwert kommt dieser Re-Release daher und gibt einem wenig Argumente für einen Erwerb. Keine Bewertung.