Saurons Auge
Ein Abend mit viel Ton, etwas Licht und bemerkenswert viel Schatten. Zu den selbstverschuldeten Schattenseiten gehörte es, dass das Betreuerteam trotz Heimvorteil das entscheidende bisschen zu spät vor Ort einlief, um noch zur Fotoposition für den ersten Programmpunkt des Abends geleitet zu werden. Doch das sollte nicht die einzige Einschränkung beim Lichtbildnern bleiben…
Dann eben ohne Pix: Chelsea Wolfe spielen eine Art modernen Gothic, falls es so etwas gibt. Gar nicht mal schlecht, in Momenten nach Siouxsie klingend. Aber definitiv kein Anheizer, denn immer wenn die Chose etwas Fahrt aufgenommen hatte, stiegen Band und Frontfrau sofort wieder in die Eisen.
Vor dem mit Spannung erwarteten Top-Act wurde noch auf die “Zero Tolerance” von Band und Veranstalter bezüglich Fotografierens und Filmens hingewiesen. Die Drohung, das im Übertretensfalle die elektronischen Geräte sofort abgenommen werden würden, wirkte so wie neulich noch bei King Crimson ganz vorzüglich. Nur während es in Essen um ein in Licht gebadetes Theater ging, blieb das Palladium heute für den Rest des Konzertes dunkel wies bei einem Taschenlampenkonzert – wohl als Bestandteil des künstlerischen Gesamtkonzepts. Und da hätte es wirklich unglaublich gestört, über den Lichtsmog von tausenden kleiner Lichttäfelchen der filmenden Fans hinwegzusehen. Die gab es also schlicht nicht. Und sonst wie gesagt auch sehr wenig Licht. Umso intensiver wirkten die nur wenige senkrechte Balkenelemente und ein riesiges Band-Logo nutzende Lightshow. Als die Lichtregie Letztgenanntes einmal mit vollem Gelb-Rot erstrahlen ließ, schauten wir Fans wie erzitternde Hobbits auf Saurons forschendes Auge.
Apropos Zittern: für den Autor gab es an diesem Abend einen absoluten Referenzklang. Zwar mächtig bis umwerfend, aber dennoch unterhalb der (persönlichen) Schmerzgrenze und noch feinzeichnend, detailreich. Zusammen mit allem anderen, der Dunkelheit, dem optischen Konzept, dem in Podesten organisierten Bühnenaufbau und der Song-Dramaturgie, die sich zu Anfang auf die Midtempo- -Nummern ‘Eat the Elephant’ und ‘Disillusioned’ verließ, schien der Sound gerade von Piano und Maynard James Keenans Gesang selbst als Säulen im Raum zu stehen –beeindruckend bis – spätestens bei ‘The Noose’ – überwältigend.
Zu ‘Counting Bodies Like Sheep’ durchsuchten Spot-Lichtfinger wie Flakscheinwerfer das Publikum.
Und gab es auch diesmal die so beliebten Cover-Versionen? O ja, ‘Dog Eat Dog’. Und was war das Schönste? Möglicherweise ergab das enorm bösartig gespielte ‘The Package’ kurz vor dem Ende die Klimax ab.
For a (n almost) perfect evening.
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Setlist des Abends
Live-Fotos: Tobias Berk