»Musik ist der persönliche Crusade eines jeden von uns. Jeder in der Band stimmt sein Handeln zu 100 Prozent auf die Musik ab.«
Ayahuasca haben Anfang November mit “Beneath The Mind” ihr Debüt-Album veröffentlicht. Betreuer “GI” fand während der Recherche zur Rezension dieses bei uns als Teapot of the week gewürdigten Albums wenig bis gar keine Informationen zur Band und ihrer Geschichte. Um diesen Missstand zu beheben, war es die logische Konsequenz die Band per Facebook um ein Interview zu bitten. Kirill Gromada, Sänger und Gitarrist der Band, reagiert prompt. Die Album Release Party in Aachen erwies sich als ausgezeichnete Gelegenheit, um die gesamte Band – pardon, das Orchester! – zu treffen. Das Ergebnis war ein sehr informatives knapp zweistündiges Gespräch mit der gesamten Band über Gründung, Entstehung und Bedeutung des Albums und Zukunftspläne.
jeweils von links nach rechts, oben nach unten
obere Reihe: Pablo Tapia <bass>, Sliman Abu Sitta <lead vocals>, Oliver Hennicke <rhythm guitar>, Jan <Tontechniker>
mittlere Reihe: Eduardo “Eddy” Vizzarro <solo guitar>, Kirill Gromada <lead guitar, vocals>, Yannik Bremerich <drums, percussions>, Timmy Peligro <percussions>
vorne: Julien Zeiler <clean vocals, percussions>
Das im Folgenden wiedergegebene Interview fand backstage im Autonomen Zentrum in Aachen statt. Sechs Bands sollten an diesem Abend spielen, wobei Ayahuasca den krönenden Abschluss bilden sollten und demnach als letztes im Billing verzeichnet sind. Das bedeutete, dass die Band nicht vor 24 Uhr die Bühne erklimmen konnte. Genug Zeit also, sich intensiv informieren zu lassen.
Wann wurde Ayahuasca eigentlich gegründet und von wem?
Die Band ist vollständig, so wie sie jetzt ist, eigentlich erst seitdem Eddy (Eduardo Vizzarro, Solo Guitar) als dritter Gitarrist dazu gestoßen ist. Eddy hatte ein Gast-Solo auf der EP. Gegründet wurde die Band aber von Kirill und Yannik vor ca. zehn bis zwölf Jahren. Kirill und Jannik kennen sich schon seit der Schule.
Und wie kam es zu dieser für eine Metal Band doch eher untypischen Besetzung (Anm. d. Schlussred.: Ayahuasca bestehen aus insgesamt ACHT Bandmitgliedern)?
Den Anfang macht eigentlich Yannik. Als er bei einem Stück Percussions einsetzte und wir gemerkt haben, wie gut das kommt, wollten wir Percussions als festen Bestandteil in der Musik haben. Und zwar zusätzlich. Es wäre nicht gut gewesen, wenn wir uns immer zwischen Percussions ODER Schlagzeug hätten entscheiden müssen. Wir wollten Beides. Angenehmer Seiteneffekt ist, das Julien (Julien Zeiler, Clean Vocals, Percussion) auch noch singt.
Eddie als Lead Gitarrist hinzunehmen entschied sich nach seinem Gastspiel während der Aufnahmen zur EP. So ergab es sich also, dass wir uns dann irgendwann zu acht im Übungsraum fanden.
Nun heißt es immer wieder mal “Ayahuasca – Death Metal aus Köln”. Wie kölsch seit ihr denn überhaupt?
Nun ja, der einzige richtige Kölner ist Eddy. Aber der hat Italienische Eltern (Anm. d. Schlussred.: Was ja für Kölle nicht völlig untypisch ist). Der Rest hat mit Köln eigentlich nicht mehr so viel zu tun. Zwei von uns sind aus Chile, einer jeweils aus Madagascar, der Ukraine, Palästina und Italien. Auch wenn der Begriff etwas abgenutzt sein mag, ist Ayahuasca definitiv eine multikulturelle Band.
Bei so vielen Mitgliedern ist es sicherlich nicht einfach eine Bandprobe zu verabreden?
(Lautstarkes Gelächter im gesamten Backstage Bereich).
Nein, ist es wirklich nicht. Wir proben regelmäßig – und wenn es darum geht neues Material einzuüben, insbesondere während der Zeit einer Produktion, auch mehrmals die Woche. Jeder Musiker steht aber selbstverständlich in der Eigenverantwortung, sich das Material drauf zu schaffen.
Und das mit dem Verabreden ist wirklich schwierig. Als wir das Angebot bekamen in Düsseldorf als Support für die Cavalera Brüder (Gründungsväter von Sepultura) einzuspringen, wurde ich recht spät in der Nacht angerufen. Und das quasi einen Tag vorher. Um jetzt allen in der Band Bescheid zu sagen, mussten wir das per Telefonkette machen. Im Prinzip also so wie früher in der Schule. Anders wäre es nicht möglich gewesen alle rechtzeitig zusammen zu trommeln, da der Gig direkt am übernächsten Tag stattfand.
Die Produktion von “Beneath The Mind” hat mir persönlich sehr gut gefallen. Wie habt ihr das geschafft? Und direkt im Anschluss: Könnt ihr von der Musik leben?
Das ist eine etwas längere Geschichte. Zunächst einmal ist Kirill ausgebildeter Tontechniker und auch die gesamte Produktion als Produzent durchgeführt. Das hat vieles vereinfacht. Zumindest was die Kosten anbelangt. Für Kirill selbst war es natürlich noch eine zusätzliche Belastung. Unterstützt wurden wir auch von der Plattenfirma. Wobei man aber dazu sagen muss, dass wir die gesamten Aufnahmen zu “Beneath The Mind” mit einem Zehntel von üblichen Aufnahmekosten bewerkstelligt haben. Das war schon ein Kampf. Wenn man bedenkt, dass die EP 2015 erschienen ist, haben wir jetzt an dem Album knapp vier Jahre gesessen. Und um die zweite Frage zu beantworten: Nein, wir können nicht von Ayahuasca leben. Das wird vielleicht mal kommen, aber im Moment ist es definitiv nicht so.
Und wie bestreitet ihr euren Lebensunterhalt? Bzw. seid ihr noch in anderen Bands tätig?
Ja, Eddie, Kirill und Jannik spielen noch in anderen Bands. Aber alle haben neben der Musik noch einen ganz normalen Job, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Nur Jannik verdient quasi auch mit Musik seinen Unterhalt, weil er als Schlagzeuglehrer arbeitet. Das ist natürlich nicht immer ganz leicht. Insbesondere, wenn es darum geht die Band für einen Gig zusammenzutrommeln. Aber Musik ist der ganz persönliche Crusade eines Jeden. Jeder in der Band stimmt sein Handeln zum 100 Prozent auf die Musik ab.
Wie entstehen bei euch die Songs? Wie bekommt man so viele Leute unter einen Hut?
Am Anfang ist es vermutlich wie bei jeder anderen Band: Kirill kommt meistens mit einer Idee oder Grundgerüst eines Songs an und wir probieren es aus und bearbeiten es gemeinsam weiter. Relativ bald geht es dann aber auch schon daran, diesen Entwurf aufzunehmen und so jedem einzelnen die Möglichkeit zu geben, zu Hause daran weiter zu arbeiten. Dann wird die Aufnahme immer weiter verfeinert. Ab irgendeinem Punkt geht dieses Zwischenergebnis dann an jeden Einzelnen, der nun noch die Möglichkeit hat seine Vorschläge und Änderungswünsche einzubringen. Dann wird geprobt und der Song einstudiert.
Dann hallt es aus dem Off “Außer wenn Kirill es sich anders überlegt!”
Wie ist das zu verstehen?
Kirill: Während der Aufnahmen zu “Beneath The Mind” haben wir sicherlich mindestens drei Mal ganz von vorne angefangen. Es hat einfach nicht gepasst. Mal klangen Drums zu dumpf oder zu staubig, mal passte irgendetwas anderes nicht. Das war jedes Mal einfach noch nicht rund. Es ist mir enorm wichtig das es zu 100 Prozent passt. Da macht es dann ab einem gewissen Punkt einfach mehr Sinn, nicht länger an einem krummen Song rumzudoktern, sondern neu zu beginnen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Songs auf “Beneath The Mind” sind für mein Dafürhalten alle für sich eine abgerundete Sache. Obwohl ihr mit 3 Gitarren spielt und diese enorm kraftvoll rüberkommen, hat man als Hörer zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, man könnte nicht jeden einzelnen Ton heraushören.
Ja, das liegt daran, dass wir zum Einen nicht so viel Verzerrung benutzen. Im Vergleich zu anderen Bands haben recht wenig Distortion. Zum anderen sind die Gitarren 3 Halbtöne tiefer gestimmt.
In den Songs geht es auch um Naturgewalten wie Feuer und Sturm. Was hat es damit auf sich?
Die Themen Feuer wie in ‘Cendres Et Ruines’ und Sturm in ‘Summoner of Storms’ sind auch als Metaphern zu verstehen. Bilder, die beschreiben, was nötig ist, um die ganze Schuld und Sünde dieser Welt von diesem Planeten wegzufegen. Am Ende bleibt dann nur Staub und Ruinen. Aber selbst das reicht vielleicht noch nicht.
Was müsste man denn machen, um sich das mal live anzuhören? Gibt es Pläne für eine Tour?
Zunächst wäre da mal der Euroblast Showcase am 19. Januar nächstes Jahr. Auch würden wir sehr gerne im nächsten Jahr eine Tour in Frankreich in Angriff nehmen. Da muss aber noch einiges zur Zeit geklärt werden. Unsere Musik kommt da einfach gut an. Das liegt vielleicht auch an Gojira, die ja bekanntlich auch aus Frankreich sind. Euroblast ist aber eine besondere Sache. Dort haben wir schon öfter gespielt. Und das passt für uns einfach super. Irgendwie haben wir durch das Euroblast Festival unser Publikum gefunden.
Danke für das Gespräch!
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