Shuffle – #WontTheyFade?
(51:29, CD, LP, Download, Klonosphére / Season of Mist /Soulfood, 2018)
Urteilte man das zweite Album der Franzosen von Shuffle allein nach Songwriting-Kriterien ab, hätte „#Won’tTheyFade“ ein richtig gutes Album, ach was, eine der besten Progressive Rock-Veröffentlichungen des Jahres sein können. Ein Geheimtipp, ein Underground-„Schmankerl“ für Genre-Fans.
Aber wie es so schön heißt: Auf die Details kommt es an.
Angenommen, ein Fan progressiver, härterer Musik stößt auf dieses Album, irgendwo im gut sortierten CD-Sortiment oder im Second-Hand-Outlet. Was geht der bzw. dem geneigten Hörer/in durch den Kopf? Der erste Blick fällt immer auf das Cover. Und das ist im Falle von Shuffle leider völlig nichtssagend und seltsam beliebig; es zeigt eine Art blaue Wolke oder Explosion – na gut, zugegeben, das ist schon eine recht oberflächliche Bemerkung.
Was sich die Band aber bei dem bedeutungsschweren Hashtag und den Internet-Sprech-Titeln (‚behind Ur Screen‘) gedacht hat, bleibt schleierhaft: Ist es eine indirekte Bezugnahme auf die Themen des Albums, die sich wie ein roter Faden durch die Songs ziehen? Also Digitalisierung, Vernetzung, soziale Isolation? Oder ist das pure Ironie?
Lädt sich ein Künstler derartigen inhaltlichen Ballast auf die Schultern, sollte er eine genaue Vision vor Augen haben, sollte die Umsetzung zielgerichtet und das Ergebnis qualitativ hochwertig sein, andernfalls bricht das Konzept in sich zusammen und wird der Lächerlichkeit preisgegeben.
So drastisch verhält es sich bei Shuffle glücklicherweise nicht, wenn auch das Album unter einer Reihe von Problemen leidet, die von der musikalischen Qualität der Songs ablenken. Stilistisch orientiert man sich recht freizügig an Incubus, Pain of Salvation, Karnivool und Porcupine Tree, stellenweise klingen Shuffle gar wie die metallische Variante von The Intersphere, mit ihren sphärischen bis schwermütigen Sequenzen. Die Melodieführung ist über weite Strecken gelungen, die Kompositionen überraschen mit ungewöhnlichen, dynamischen Wendungen. Beispielsweise enden sowohl ‚Checkmate Fool‘, ‚behind Ur Screen‘ als auch ‚virtualHero‘ in ausgedehnten, fließend-spacigen Instrumentalpassagen. Die Lieder gehen teilweise nahtlos ineinander über und erzeugen so einen gelungenen Albumfluss. In diesen Momenten weiß „#Won’tTheyFade“ auf jeden Fall zu überzeugen.
Das Klangbild dagegen ist alles andere als zufriedenstellend. Der zeitgemäße, rhythmisch anspruchsvolle Metal mit hartem Start-Stop-Riffing und rap-artigem Sprechgesang von Sänger Jordan bildet ein wichtiges Element in der Musik der Band. Besonders diesen Passagen aber wird die suboptimale Abmischung nicht gerecht, es fehlt an Tiefe, Kontrast und „punch“. Egal wie laut man seine Anlage aufdreht, die Musik wirkt enttäuschend flach und zahnlos, und das, obwohl die Kompositionen an sich eine andere Sprache sprechen.
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Apropos Sprache: Jordan singt mit hörbarem Akzent (problematisch vor allem die Betonung der Wörter!), was nicht durchgehend stört, definitiv aber auffällig ist. Wenn ein Song auf seinen emotionalen Höhepunkt hinausläuft, im entscheidenden Moment ein „Aii äm all alaun, sorraunded bei biepl“ erklingt und der Rest wie Kauderwelsch klingt, das entfernt an Englisch erinnert, schaltet der Hörer irgendwann ab und ignoriert den lyrischen Gehalt der Songs. Und das ist in der Regel nicht unbedingt die Intention des Künstlers.
Nur um das nochmal klarzustellen: Shuffle haben mit „#Won’tTheyFade“ ihren zweiten Schritt Richtung Musikbusiness gewagt, der zwar alles andere als ein Totalausfall ist, aber dennoch zeigt, dass die Band in fast allen Bereich nochmal ordentlich aufs Gaspedal treten sollte. Trotzdem steht fest: Die Jungs sind klasse Songwriter. Allein ‚Wintertide‘, das Highlight der Platte, ist nichts Geringeres als einer der besten Songs des Jahres. Unbedingt selber reinhören!
Bewertung: 10/15 Punkten (BF 10, KR 12)
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