(40:01, CD, Eigenproduktion u. -vertrieb, 2018)
Was sagt dieses Bremer Duo denn über sich selbst? “düster-verspieltes Erstlingswerk”, “kosmopolitische CD”, “Hypnotische Bass- und Rhythmusarbeit und zum Teil sehr ungewöhnliche Arrangements treffen auf austarierte Jazz- und Wave-Anklänge; auch Punk- und Krautrockeinflüsse sind unüberhörbar” […] “Verzerrte Gitarren sucht man in dieser Produktion übrigens vergebens, auch wenn durch vertrackte Percussion- und Orgeleinsätze stellenweise der Eindruck erweckt wird, man höre eine Art Proto-Heavy Metal mit psychedelischen Elementen”. Hm, hm.
Die verfolgungswahnigen Steinzeitler – Thomas Schaefer (Bass, Gesang), Björn Göran Detjen (Schlagzeug, Akustikgitarre, E-Piano, Orgel, Hintergrundgesang) – sind also zudem noch mit einer Stromgitarrenphobie geschlagen. Doch man kennt ja ganz hervorragende aktuelle Beispiele für Drum ‘n Bass-Duos, etwa die gloriosen The Picturebooks oder Death From Above. Und auch Ur-Prog-Formationen wie The Nice oder Greenslade hat der komplette Verzicht auf Sechssaiter ja alles andere als geschadet.
Und tatsächlich funktioniert die Formel bereits beim mit einer funky-Basslinie und leicht effektverzerrtem Sprechgesang aufmachenden ‘God Of Pulp’ ziemlich gut. ‘Drowning Woman’ wird durch die weibliche Stimme (Estelle Garrett) noch erheblich abwechslungsreicher, das Lied könnte man sich im Radio vorstellen (oder zumindest ein Format wünschen, wo so etwas gespielt werden könnte). Das Gleiche trifft auf die Walking-Bass-Nummer ‘Funky Beggars’ zu, auf der sie besonders glänzt.
Die fett pumpende Orgel, die Flamenco-Gitarre und der kanonartige Aufbau machen ‘Bite The Apple’ besonders interessant.
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Schade dass das hübsche Digibook (ist das die menschenleere Promenade von Oostende auf dem Innencover?) keine Texte enthält, denn die scheinen relevant und gut zu sein (die Band soufflierte seither: die finden sich hier). Sie sind jedenfalls nicht immer ganz leicht zu verstehen – aufgrund des vergleichsweise tiefen, oft gemurmelten Gesangs und Arrangements, bei denen fast immer sehr viel gleichzeitig passiert. Im Titelsong geht es wohl irgendwie um Höhlenmenschen – zumindest an der Oberfläche. So, da die Paranoiden sich schon die Mühe mit dem Hinweis auf die Text-Seite gemacht haben, hier noch ein Zitat für uns Progger, und zwar aus ‘Berlin Jungle’:
Pink Floyd on Polaroid
Housewives’ Mooncakes completely destroyed
John Coltrane almost insane
World goes crazy
Who’s to blame?Pink Floyd on Polaroid
Half-baked youth, completely deployed
Gil Scott-Heron and a stolen refrain
World goes crazy
But who’s to blame?Black Panthers in the Berlin Jungle
‘Brave New World’ beginnt als Idyll mit Vogelzwitschern und Lagerfeuergitarre, offenbart aber nur allzu bald mit den beschriebenen Vocal-Arrangements auch hier die Doppelbödigkeit des Ganzen – schöner Gleichklang von Form und Inhalt.
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Diese Band ist notorisch schwer zu beschreiben. Dazu gezwungen käme vielleicht dabei heraus: Als wenn Cliff Barnes And The Fear Of Winning als Bremer Stadtmusikanten zurückkehren würden, nachdem sie viel mit They Might Be Giants gejammed haben. Humor ist hier also definitiv ein wichtiges Thema. Ein witziges Detail ist der Time-Traveller Advisory-Warnhinweis: “Don’t Play This In The 1980s”. Knapp 40 Jahre später ist der “Cargo”-Genuss jedoch risikolos und bekömmlich.
Bewertung: 11/15 Punkten
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