(45:59, CD, Moral Machine = Eigenverlag, 2018)
The AvantPostProg-Band that refused to sing. Initially.
Colonel Petrov’s Good Judgement ist definitiv eine Lieblingsband des Autoren. Denn CPGJ waren immer schon so etwas wie die noch aufregendere Schwester von, sagen wir, Long Distance Calling: schöner, erfahrener bis zur Verruchtheit, und mit der sehr viel geileren Jazz- und Metal-Plattensammlung. Ja, und beide schönen Töchter schienen zunächst stumm zu sein. Dass sie nicht singen, hatte aber offensichtlich keine krankheitsbedingten Ursachen. Denn von 2011 bis 2015 konnte man LDC plötzlich mit Gesang erleben – was nicht von allen Kritikern bejubelt und von der Band selbst schließlich auch wieder eingestellt wurde. Nun sind die Colonels vom Rhein an der Reihe… Gleichzeitig zum Zugewinn der Gastvocals von Christian Kolf (u.a. Valborg und OWL) ging der Ausnahmetruppe noch ihr zweiter Drummer Nils “Slin” Tegen verloren – und damit ein weiteres ausgesprochenes Trademark.
Davon, dass das Ganze live durchaus funktionieren kann, davon konnten sich mehrere Betreuer bereits Anfang Juni bei einem Konzert in Köln überzeugen. Nun stand noch der Test aus, wie der direkte Vergleich zum Debüt und Götteralbum “Moral Machine” ausfällt.
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Ziemlich prima, auch wenn der Gesang das Konzept nicht nur erweitert, sondern irgendwie auch aufzuweichen scheint. Und sich keine spontane Verliebtheit wie bei beispielsweise ‘Dark Star’ einstellen will. Naja, so ist das ja oft, wenn sich Partner, Lieblingsmenschen oder –bands weiterentwickeln… Und man muss zugeben, dass Saxophonist und Ausdruckstänzer Leonhard Huhn ja auch früher schon einige gesangliche Akzente gesetzt hatte.
Mit ‘Fire and Fury (The Poetry of War)’ stellt sich die im weitesten Sinne an Phil Anselmo bei Down erinnernde Stimme Kolfs vor. Inhaltlich geht es bei dem düster-aggressiven Aufmacher um die Diktator-Diktion von Trump & Co. ‘Resistor’ hat wieder diesen wunderbaren Colonel-typischen Mix aus Grunge-Flair und Freejazz-Overkill. Das textlich besonders bedenkenswerte ‘Providers’ schlurft in wunderbar verschleppten Grooves dahin während ‘Ascension’ zumindest rhythmisch das proggigste Stück abgibt, gefolgt vom gleichfalls starken ‘Burning Straw’.
Das Titelstück erinnert wohlig an die stärksten Momente des Debüts und ‘Bad Shepherd’ ist insbesondere etwas für unsere Horror-Fans. ‘Ashes’ hat natürlich nichts mit Pain of Salvation zu tun, sehr wohl aber mit Schmerz, Düsternis, Abschied – so klingt das Instrumental jedenfalls.
Sollte man sich also trotz etwaiger Anpassungsschwierigkeiten intensiver mit “Among Servants” beschäftigen? Mais oui, mon Colonel!
Bewertung: 12/15 Punkten
Besetzung:
Sebastian Müller – Gitarre, Kompositionen, Texte
Leonhard Huhn – Saxophon, Gesang
Reza Askari – Bass
Rafael Calman – Schlagzeug
Christian Kolf – Guest Vocals.
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Konzertbericht 18.09.16, Köln, Stadtgarten