The Aristocrats, 15.09.18, Esch Sur Alzette (LUX), Rockhal

Aristocrats, 15.09.2018, Esch Sur Alzette, Luxemburg, Rockhal

The Aristocrats besuchten auf ihrer Europa Tour Luxemburg und präsentierten sich dabei frisch und humorvoll.

Dass The Aristocrats nicht in derRockhal mit einem Fassungsvermögen von 6.000 Leuten spielen werden, sondern in dem deutlich kleineren, aber für dieses Event angemessenerem kleinem Saal, war klar. Obwohl die einzelnen Musiker, sofern sie nicht mit den Aristokraten unterwegs sind, die großen Hallen dieser Welt ja locker füllen. So gab es am Merchandise zwar nur ein einziges T-Shirt zur Auswahl, aber ebenso eine Vielzahl der Solo-Alben der Musiker.

Pünktlich um 20:00h versammelte sich die Fangemeinde am Einlass, um am Seiteneingang in den kleinen Saal gelassen zu werden. Da blieb auch nicht viel Zeit sich am Luxemburgischem Bier zu laben, denn der Abend begann direkt mit “Blues Fuckers”. Der Titel ist dann auch bezeichnend für den Stil der Band, denn sie selbst bezeichnen sich als Rockband und verbreiten auch genau solch eine Atmosphäre: Halblange schwarze Hosen und T-Shirts, anstatt aufgeknöpfte Hemden. Lange Mähnen, die von dezent angebrachten Ventilatoren auch ohne Zutun der Musiker in flockiger Bewegung gehalten werden. Und insbesondere bei Guthrie Govan mit seiner lockigen Mähne erinnert es an eine besonders verhuschte Version von Steve Vai´s theatralischem Gehabe. Ich glaube alle in der Halle hatten nach diesem Anblick ein Schmunzeln im Gesicht.

Der Sound ist phänomenal. Bei angenehmen 90-100 Dezibel ist wirklich jede Note von Bryan Bellers Bass, Marco Minnemanns Schlagzeug und natürlich Guthrie Govans Gitarre zu hören.

Mit dem jazzigem “Culture Clash” und funkigem “Through The Flower” folgen zwei Nummern, die die zu erwartende Vielseitigkeit der Band unterstreichen. Für mich machte es aber den Eindruck, als wenn bewußt Songs ausgewählt wurden, die das unglaublich vielseitige Gitarrenspiel Guthries betonen und hervorheben sollten, denn Guthrie Govans Gitarrenspiel ist nicht von diesem Stern. Wenn man bei Vai und Satriani manchmal eher den Eindruck hat an einer Lehrmeister-Videoaufzeichnung teilzunehmen, ist es bei Guthrie Govan mehr das bezaubernde Gefühl einen ganz besonderem Moment beizuwohnen, an dem das Spiel der E-Gitarre zelebriert wird.

Guthrie Govan - The Aristocrats "Tres Caballeros" official publicity photo - by Mike Mesker

Deshalb verwundert es auch nicht, dass er eigentlich die meiste Zeit im Vordergrund steht, und diesen auch wunderbar ausfüllen kann. Er verliert sich nicht nie in endlosen Gitarrenläufen, sondern findet immer wieder den Weg zurück zum eigentlichen Thema des Songs bzw. wandert leichtfüssig zwischen verschieden Stilen, und macht das Zuhören zur einer spannenden Angelegenheit. Ein sehr gutes Beispiel war die Interpretation von “Kentucky Meat Shower”, dessen Inspiration die Band tatsächlich aus dem in diesem Wikiartikel (https://en.wikipedia.org/wiki/Kentucky_meat_shower) beschriebenen Ereignis bezog.

The Aristocrats Live in Luxemburg, 2018

Aber neben der Virtuosität der Band sind sie auch nicht verlegen einen Song wie “Flatlands” auszuwählen, der überwiegend aus sehr getragenen Passagen besteht, und allen Zuschauer die Gelegenheit bietet, auch mal den Kopf entspannt in den Nacken zu legen und sich von der Country-haften Atmosphäre des Songs in die endlosen Weiten der Nordamerikanischen Steppen entführen zu lassen. Passenderweise leitet Beller diesen Song mit der Ansage “Es ist ja nicht alles schlecht in Nordamerika” ein.

Das nachfolgende “Desert Tornado”, eindrücklich von Marco Minneman eingeleitet, der den Song komponierte, als sich von Westen tatsächlich ein Tornado seiner Wahlheimat Kalifornien näherte, zeigte dann aber ganz deutlich, zu was das Trio ebenso im Stande ist. Dieser Song ist gespickt mit düsteren Harmonien, gepaart mit einem so dermassen vielschichtigem Schlagzeug, dass man nach wenigen Takten gar nicht weiß, wo man zuerst hinhören soll. Jede Nuance scheint wilder und schneller zu sein, als die Andere. Alles liegt übereinander und fügt sich doch zu einem passenden Ganzen zusammen. Minnemann kontrolliert Beine und Arme und läßt sie nahezu unabhängig voneinander das Schlagzeug bedienen. Man hat fast den Eindruck es sind vier Schlagzeuger gleichzeitig am Werk.

Als dann durch “Smugglers Korridor” die erste Zugabe eingeleitet wird, ließ es sich Bryan Beller auch nicht nehmen, das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Er ist ein sympathischer Frontmann, der mit seinen witzigen Ansagen und lockeren Art immer wieder das Publikum einbezieht. Für “Cocktail Umbrellas” kam die Band noch ein zweites Mal auf die Bühne.

The Aristocrats sind eine Rockband. Und so sind auch ihre Konzerte. Schnörkelos und geradeaus. Da werden komplexeste Grooves durch die PA gejagt und bevor man sich gefragt hat, was einem da gerade durch die Hörmuschel gerauscht ist, wabern einem betörende Akkorde entgegen, die sanft vom Schlagzeug untermalt werden. Diese Band hat viel Spaß bei dem, was sie macht.

Surftipps zu The Aristocrats:
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Homepage von Guthrie Govan
Homepage von Marco Minnemann
Homepage von Bryan Beller
Soundcloud
Spotify
Konzertbericht 13.07.16, Bonn, Brückenforum (supporting G3)
Konzertbericht 10.03.14, Köln, Yard Club (supported by Godsticks)

Fotos: Gilles Iachelini