Yes – The Steven Wilson Remixes [Vinyl Boxset]

(04:02:53, 6LP, Rhino/Warner, 2018)
Eine, neben den notorisch unterbezahlten Pflegekräften in deutschen Krankenhäusern, ebenfalls wenig zu beneidende Spezies sind fraglos die Auslieferungsfahrer von DHL und Co. Müssen sie doch tagtäglich die Auswüchse der Kaufwut der von den Toten auferstandenen Vinyl-Verrückten in deutsche Wohnzimmer kutschieren. Die Tage, in denen man ein solch sperriges Box-Set wie “The Steven Wilson Remixes” von Yes selber durch deutsche Innenstädte nach Hause tragen musste, sind lange, lange passé.

Weihnachten ist also, wenn der DHL-Mann klingelt. Ach was, beim Genuss der im Boxset enthaltenen Scheiben “The Yes Album”, “Fragile”, “Close To The Edge”, “Tales From Topographic Oceans” und “Relayer” fallen gleich mehrere Feiertage diverser Weltreligionen zusammen. Im Grunde hat man hier die Essenz des künstlerischen Schaffens der britischen Prog-Rock-Urgesteine Yes beisammen. Der eine oder oder andere Fan wird sicher noch nach “Going For The One” rufen. Ja stimmt – das wäre sogar noch schöner gewesen.

Yes BoxDa der musikalische Gehalt der erwähnten Alben zur Genüge abgehandelt wurde, wenden wir uns gleich dem Klang und der Optik dieser Schatzkiste zu. Auch hier ist bereits bekannt, dass der gute Steven seinem Ruf als Restaurator der Wahl mehr als gerecht wurde. Die Alben sind alle miteinander klangliche Perlen. Ganz besonders fällt das bei ‘The Gates Of Delirium’ auf, das auf älteren Vinyl-Ausgaben (auch der des Autors) immer zu Verzerrungen und muffigem Klang neigte. Aufgrund von Länge und Dynamik des Stücks kommt das Medium Vinyl hier durchaus in kritische Bereiche. Die Expertise von Bernie Grundman Mastering kommt den “Steven Wilson Remixes” aber in vollem Umfang zu Gute. Wunderbar auch die Details, die in allen vier ‘Tales’ herausgearbeitet werden. Faktisch laden alle Alben zum Entdecken neuer Feinheiten ein.

Spurenelemente von Haar in der Suppe findet der Fan allenfalls in dem in jüngerer Vergangenheit freigelegten, doch auf Vinyl wiederum entfernten Intro zu ‘The Revealing Science Of Gods’ und der Tatsache, dass “Close To The Edge” seiner mit Texten bedruckten Innenhülle beraubt wurde. Das verwundert umso mehr, da das Album extra von Roger Dean ein neues Cover angedient bekommen hat. Das Foto-Beiheft zu “Fragile” hingegen ist vorhanden und auch die bedruckte Innenhülle von “Relayer”.

Der bei den kürzlich erschienenen Pink Floyd-Reissues beschriebene Schmirgel-Effekt bleibt den schwarzen Scheiben dank gefütterter Innenhüllen erfreulicherweise erspart. Auch auf die vom Presswerk Optimal Media in jüngerer Zeit gerne gratis beigemischten Vinyl-Staubpartikel hat man bei der Box dankenswerterweise verzichtet.

Wer sich zu einem Boxset jedoch Gimmicks wie Poster, Beiheft oder heilende Murmeln wünscht, wird bei den “Steven Wilson Remixes” enttäuscht. Extras fallen auch bei wiederholtem Schütteln nicht aus der Box raus. Dafür ist das Wesentliche aber auch vom Feinsten. Eine tolle Box, deren Preis bei knapp über 100€ überraschend moderat ausfällt.
Bewertung: 14/15 Punkten (WE 14, DH 14, GH 15)

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