The Brian Jonestown Massacre, LeVent, 12.08.18, Luxor, Köln

The Brian Jonestown MassacreNach acht Jahren spielen The Brian Jonestown Massacre erneut im Kölner Luxor. Mit dem neusten Album “Something Else” ist die Band aktuell in Europa unterwegs. Das haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Damals, 2010, wurde das Konzert vom WDR Rockpalast festgehalten, heute hat Betreuer Andrew Ilms für schöne Momentaufnahmen gesorgt. Mit dabei sind LeVent, ein ungleiches Trio, das seine Musik unter anderem als Goatcore bezeichnet und für frischen Wind sorgt.

Warum eine Band wie BJM, die in den 90ern gegründet wurde, immer noch nicht bekannt genug für eine größere Location ist, bleibt ein Mysterium, aber eigentlich ist es auch das, was der Ruhm-ablehnende Frontmann Anton Newcombe so wollte – nicht mehr und nicht weniger. Wer BJM für sich entdeckt hat, zählt wohl zu denjenigen, die ein Geheimnis bewahren. Leider ist dieser Club der Geheimnisträger in Köln zu groß für den kleinen Club namens Luxor, denn bei Beginn des Hauptacts, ist der Laden so voll und eng, dass es irgendwann keinen Spaß mehr macht. Aber kommen wir zunächst zur Vorband, LeVent.

LeVent ist eine 2015 gegründete Band aus Berlin, bestehend aus Heike Rädeker, Maryna Russo und Frank Neumeier. Zwei Bässe, ein Schlagzeug und keine Gitarre, wobei Heike, die auch für die Lead-Vocals sorgt, einen Fender-E-Bass spielt, der es in sich hat. Nach einem kleinen Soundcheck beginnt das Trio und fesselt den ganzen Raum. Bereits zu diesem Zeitpunkt wird es allmählich enger, was an der magnetischen Wirkung der wirklich außergewöhnlichen Musik liegen könnte und auch an der unglaublichen Bühnenpräsenz der Drei. Nach dem ersten Stück erklärt Heike kurz und knapp, dass die achtstündige Fahrt von Berlin nach Köln wohl eine kleine Odyssee gewesen sei. Man merkt ihnen nichts davon an.

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Genre-mäßig schweben LeVent irgendwo zwischen Stoner, Indie, ein bisschen Sonic Youth, ein bisschen viel Goat. Ihre Bezeichnungen “Goatcore” und “Dream Severe Space Doom” treffen den Nagel schon so ziemlich auf den Kopf. Fun Fact: Der Song ‘Lighter Thief’ hat es in die Serie Gotham geschafft. Und was für ein schöner Zufall: Da Anton Newcombes Wahlheimat sowieso Berlin ist und das Trio von LeVent auch dort lebt, warum nicht gemeinsame Sache machen? Das ist bloß der natürliche Verlauf der Dinge, wenn Verbündete aufeinander treffen. Außerdem gehören LeVent zu Newcombes Label A Recordings und auch das Album wurde in seinem Cobra Studio aufgenommen. Musikalisch passen beide Seiten jedenfalls perfekt zusammen. LeVent klingen rauh, druckvoll, hypnotisierend und man merkt, dass keiner der Mitglieder ein unbeschriebenes Blatt ist. Somit führen LeVent die Besucher nicht nur souverän in die Atmosphäre ein, es fühlt sich fast so an als wären sie die eigentliche Hauptband gewesen.

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BJM, deren Name sich aus Brian Jones und dem kuriosen Massensuizid von 1978 zusammensetzt, haben mit “Something Else” ihr achtzehntes Studioalbum veröffentlicht. Ja, die Band zeigt sich zahlenmäßig stets großzügig: Dass BJM bereits wahnsinnig viele Alben veröffentlicht haben ist die eine Sache, aber auch die Besetzung ist im ständigen Wechsel und auf der Bühne erlebt man gleich acht (!) Musiker. In den letzten Jahren hat Newcombe drei reguläre BJM-Alben veröffentlicht, eine EP, einen Soundtrack für einen erfundenen Film und eine Kollaboration mit der jungen Verkörperung der 70er Jahre, Tess Parks (sehr rauchige Stimme, Anspiel-Tipp!). Puh. Irgendwie hat man dann aufgrund Newcombes Experimentierfreudigkeit “Something Else” erwartet, was dann aber überhaupt nichts Anderes ist. Obwohl ich ein Fan von Experimenten bin, war es ein erleichternder Moment zu hören, dass das Album eher an den alten Hippie-Sound anknüpft. Generell ist BJM keine Band, der man in dieser Hinsicht Vorwürfe machen könnte, denn für musikalische Reisen von Grunge, Goth, Shoegaze bis hin zu 60er Jahre Psychedelic, Folk und World Music war bisher alles vertreten, obwohl BJM im Kern für Psychedelic Rock steht.

Um Punkt 21 Uhr starten dann BJM. Da steht man also im Luxor, so viele Bandmitglieder auf dieser kleinen Bühne und zu wenig Raum für die Fans. An dieser Stelle mecker ich nochmal etwas ausführlicher über die Location: Für kleinere und unbekanntere Bands ist der Laden gemütlich, familiär und sympathisch, aber für eine so prägende Band wie BJM fühlt es sich einfach nicht richtig an. Dazu kommt die Schlauchform des Luxors, die absolut nervig ist, da die Besucher vorne an der Bühne vorbei müssen, um zu den WCs zu gelangen. Egal wo man steht, man steht falsch und viel sehen kann man auch nicht. Bei den Lichtverhältnissen fangen wir gar nicht erst an, für Fotografen ist der Laden kein Zuckerschlecken.

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Den Auftakt macht ein wahrscheinlich noch unfertiger Song, ‘We Never Had a Chance’, der bislang auf keinem Album veröffentlicht wurde, sondern lediglich via YouTube geteilt wurde, aber dafür doch sehr vollständig klingt. Von Songs dieser Art werden noch ein paar präsentiert; das Publikum begrüßt diese jedes Mal euphorisch. Darauf folgt ‘Vad Hände Med Dem?’ aus dem Album “Revelation” von 2014. Da die Vocals auch nicht allzu deutlich herauskommen, macht es auch nichts, dass die schwedische Version live nicht gespielt werden kann – die Menschenmenge reagiert tanzend auf die Trompeten-reiche, dynamische Nummer. ‘Hold That Thought’ ist der erste Song des aktuellen Albums, an den ich mich nicht satthören kann. Ja, man fragt sich, wie Newcombe es immer wieder schafft, seinen Songs diesen gewissen Funken zu verleihen. Vielleicht erkennt man daran auch echte Künstler-Persönlichkeiten: Potenzielles Material lässt sich immer irgendwo in den unendlichen Weiten des Kosmos finden und der Weg (zumindest der des künstlerischen Outputs) geht ab einem gewissen Punkt nur noch bergauf.

Auf der Bühne wird nicht viel performt, soweit ich sehen kann, aber das war auch so zu erwarten. Es kommt höchstens mal vor, dass Newcombe ein wenig irrational und unbedacht agiert, kleine Streitigkeiten kommen auch mal vor, aber das war womöglich an diesem Sonntagabend nicht der Fall – und wenn, dann nicht in einem erwähnenswerten Ausmaß. Jedenfalls wurde auch lässig Bier getrunken, hoffentlich nicht zu viel, was man schnell mal vermuten konnte, da sich die meisten Mitglieder während der ersten Hälfte hinter ihren Sonnenbrillen versteckt haben. Das ist vielleicht nur eine persönliche Meinung, aber echter Blickkontakt kann schon einiges ausmachen. Man denke an Heike von LaVent, die durch ihren stetigen Blick in das Publikum einem immer das Gefühl gegeben hat, sie würde einen direkt ansprechen. Das Ziel des Konzerts ist, die Distanz komplett aufzuheben oder zumindest dieses Gefühl zu vermitteln.

Irgendwann wurde der Kampf um meinen Stehplatz aber auch zu mühsam, sodass ich mir die Show von der Bar aus angehört habe und ab und zu einen Blick auf die Bühne erhaschen konnte. Auf mein persönliches Highlight folgt wieder ein unveröffentlichter Song, der an “Give It Back!” Zeiten erinnert. Gut zu wissen, dass diese nicht vorbei sind. Dann werden noch Stücke aus verschiedenen Alben, wie “Take It from the Man!”, “Spacegirl & Other Favorites”, “Bravery, Repition & Noise”, aus dem neueren “Mini Album Thingy Wingy”, “Third World Pyramid”, “My Bloody Underground” und wahrscheinlich mehr performt. Hits wie ‘Anemone’, ‘Servo’, ‘The Devil May Care (Mom and Dad Don’t)’ und ‘That Girl Suicide’ werden natürlich zur Freude des Publikums gespielt, aber viele andere Hits wie ‘Fingertips’ leider nicht. Generell findet man nur noch Antons Re-Release von “Pol Pot’s Pleasure Penthouse” im Internet und nicht mehr die Version aus den 90ern. Wenn man weiter sucht, sieht man auch, dass Tess Parks die neue Version von ‘Fingertips’ singt. Noch ein Grund, sich mit der Musik der jungen Dame vertraut zu machen. Im Zusammenhang mit BJM wird man wohl noch öfter von ihr hören.

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Gegen Ende gibt es einen kurzen Aussetzer und der Song muss neu gestartet werden, was natürlich immer mal passieren kann, aber die vielen Pausen zwischen den Songs stören den Fluss. Nach dem letzten Song ‘Yeah Yeah’ werden die “Zugabe”-Rufe eines Besuchers nicht erhört, aber ganz ehrlich: Fast zwei Stunden an Spielzeit sind mehr als genug. Newcombe ist stimmlich wohl nicht in seiner besten Form, aber er ist ja auch nicht der einzige Sänger der Band. Dass es stellenweise so wirkt, als würde er auf der Bühne einfach seine Songs runterspielen, war anfangs etwas enttäuschend für mich, aber eigentlich hat der Sound nicht darunter gelitten und da er für seine miesen Launen bekannt ist und ihm egal ist, was andere von ihm denken, sei es ihm verziehen. Er versteckt sich nicht, sodass ihm hin und wieder auch mal eine kontroverse Aussage herausrutscht. Wir haben es hier mit einer ungefilterten Persönlichkeit zu tun. Nun ist es allerdings auch so, dass dies keine universelle Entschuldigung für bestimmte Verhaltensweisen ist. Als Fan kann man dennoch beruhigt sein: In Interviews und auch auf seinem Twitter-Account zeigt sich der Herr recht sympathisch und auch seine politischen Ansichten sind unproblematisch. Da gibt es schlimmere Rowdys. Wer sich intensiver mit der Band beschäftigen möchte, sollte sich mal die Dokumentation “Dig!” anschauen. Also, lohnt es sich BJM live zu sehen? Ja, aber bitte nicht mehr im Luxor.

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Fotos: Andrew Ilms