JCM – Heroes
(55:09, CD, LP, Repertoire Records, 2018)
Eigentlich sind sie selbst ja unsere Helden. Alle drei, wenn man sie mal mit Colosseum auf der Bühne erlebt hat. Doch Jon Hisemans (Drums; u.a. The Graham Bond Organisation, Georgie Fame, John Mayall’s Bluesbreakers, Colosseum, Tempest, Barbara Thompson’s Paraphernalia ) Anstoß für das Debüt seiner neuen/alten Band war ein komplett anderer als Selbstbeweihräucherung: “Following the passing of two of my heroes early in 2017, I suddenly realised that I had lost most of the people who had believed in me and encouraged me to make my own music… it occurred to me that I should try to make an album featuring the songs and instrumentals that I associate with them all, the music that stayed with me through all the years.”
Gedacht, gesagt, bzw. seine alten Weggefährten Clem Clempson (Guitar; u.a. Bakerloo, Colosseum, Humble Pie, Jack Bruce Band) und Mark Clarke (Vocals, Bass; u.a. Colosseum, Uriah Heep, Tempest, Billy Squier) angerufen. Und getan!
Konzeptionell will “Heroes” also respektvoll an Jons verehrte Helden erinnern. Musikalisch setzt JCM dafür das Werk der bereits 1968 von Jon ins Leben gerufenen und aufgrund der sich kontinuierlich verschlimmernden Erkrankung seiner Frau Barbara Thompson mit Würde und einer wunderschönen allerletzten Tournee verabschiedeten “Supergroup” Colosseum fort: “one of the first bands to fuse jazz, rock and blues.” Nicht nur aufgrund des Trio-Formates spielt der Jazz bei JCM jedoch eine reduzierte Rolle, ohne dass das alte Colosseum-Fans allzusehr stören dürfte.
Denn schließlich beginnt “Heroes” gleich mit einer Neuaufnahme von ‘The Kettle’ vom legendären “Valentyne Suite” Album!
(Rant-Mode on: Waschzettel einer Promo-Agentur können zugegeben so hilfreich, wie zeitsparend, im Idealfall sogar mal inspirierend sein. Wenn aber nicht nur das wichtigste Album der Ausgangsformation zur “Valentine Suite” vermurkst wird, aus dem armen Jack Bruce ein Gitarrist gemacht wird, der genialische Allan Holdsworth wiederholt nur mit zwei statt drei “l” geschrieben wird, dann tauchen Zweifel an der gedanklichen Durchdringung des Themas seitens des Texters bzw. Übersetzers auf, schade. Rant off)
Wo waren wir? Ja, bei ‘The Kettle’ und dem nicht nur hier hervorragenden Drumming des Bandbosses Hiseman. Hier ist der Geehrte fraglos Ko-Autor Dick Heckstall-Smith, der bereits 2004 verstorbene, legendäre Saxophonist in den Bands von u.a. Alexis Korner, Graham Bond, der Hamburg Blues Band und natürlich auch in Colosseum. Das groovige Remake führt Marks relative hohe, wandlungsfähige Stimme und wuchtige Bass-Linie blendend ein, während Clems Wah-Wah-moduliertes Spiel hier eigentlich auf einen hyperbegabten, feuerköpfigen Twen hindeuten würde. Statt einen knapp Siebzigjährigen.
‘Strangeher’ findet sich im Original auf dem Tempest-Debüt von 1973 und verneigt sich tief vor Allan Holdsworth. ‘Weird Of Hermiston’s Ausgangsbasis hingegen stammt von “Songs For A Tailor” (1969) vom hier geehrten Jack Bruce (u.a. Cream).
Auch von Clems sagenhafter Vorstation Humble Pie leben Sänger/Gitarrist Steve Marriott und Bassist Greg Ridley (u.a. Spooky Tooth) nicht mehr. Das laszive Bluesrock-Riff-Monster Four Days Creep ruft diese Meister ihrer Kunst in Erinnerung. Wenn nicht alles täuscht, wird dieser Track auch von Clem gesungen – wir werden es bei den anstehenden Konzerten erleben!
Das treibende, melodische ‘Yeah Yeah Yeah’ bringt uns zurück zu Tempest, während die Akustik-Ballade ‘Rivers’ eine traurige Verbeugung vor Gary Moore (u.a. Thin Lizzy) darstellt, mit dem Jon bei Colosseum II zusammenspielte. Das Original des Heavyrockers ‘Grease The Wheels’ war eine Kooperation von Jack Bruce mit dem glücklicherweise noch lebendigen und aktiven Pete Brown.
Das bis heute faszinierende Instrumental The Inquisition hatte Jon mit Gary Moore für das “Wardance”-Album von Colosseum II geschrieben. Es hält gemeinsam mit dem letzten Stück des Albums die Jazzrock-Fahne auf “Heroes” vergleichsweise am höchsten.
‘Foyers Of Fun’ beschert eine Wiederkehr von Tempest bzw. Allan. Allein schon die Interpretation eines Holdsworth-Stückes seitens des stilistisch und technisch völlig anders, aber ähnlich meisterlich agierenden Gitarristen Clempson lohnt die Beschäftigung mit dieser Scheibe!
Der bis auf Clems Solo vergleichsweise traditionelle Bluesrock von ‘Only Sixteen’ geht zurück bis in das Jahr 1966 und stammt von Graham Bond. Die letzte Ehrbekundung des Albums gilt dem Jazzgitarristen Larry Coryell mit dem Jon u.a. bei Wolfgang Dauners Et Cetera gejamt hatte. Sein Titel ‘The Great Escape’ meint – natürlich – den Tod. Doch, wie die lesenswerten Liner Notes verraten: “But in the meantime, he and I had some fun”. Den verbreitet dieses Album auch in hohem Maße! Statt einer steifen Geste ist den Altmeistern eine leidenschaftliche und tief erkennende Umarmung gelungen.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE 12, GH 12, KR 12)
Surftipps zu JCM und Colosseum:
Templemusic
ClemClempson.com
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Konzertbericht von Colosseums Abschiedstournee 2014
Konzertbericht Clem Clempson Band 2013
Wikipedia (Colosseum)