Inner Side – The Corners of Time

(50:24, Download, Eigenverlag, 2017)
Man kann nicht anders als schmunzeln angesichts der Myriade an Klischees – eine Band, die Inner Side heißt, deren Debüt-Album den Titel „The Corners of Time“ trägt, komplett mit schwergewichtig bedeutsamem Album-Cover (metaphorische Bildsprache in melancholischen Farbtönen, anyone?) und Songtiteln wie ‘Shadow of the Past’ und ‘The Man Who Lost His Soul’…

Wie auch immer, die in Barcelona ansässige Band startet gerade erst durch, entsprechend sind die Informationen dünn gesäht, lediglich eine Facebook-Seite verrät das Wichtigste. Es ist eben so, dass man als Rezensent manchmal von einer eigenartig morbiden Faszination ergriffen wird, und man plötzlich Lust bekommt, obskure, zumindest potentiell furchtbare Veröffentlichungen anzutesten.

Doch sind Inner Side wirklich so furchtbar? Das Intro ‘An Introspective Journey’ muss man sich zumindest auf der Zunge zergehen lassen, so dermaßen trashig und gestelzt tiefsinnig klingt es; eine weibliche Stimme verspricht uns eine „journey to the death of your emotions“ – oder war es doch eher „depth of your emotions“? Und will man wirklich „encanter your fillings?“ Wohin geht die Reise, wenn die Seele „really height“ fliegt? „Woords… you only find the woords“? Es ist schwierig, nicht in Lachen auszubrechen. Da stellt sich eben doch die Frage: Warum nicht gleich spanischsprachige Texte? Schade eigentlich, denn Sänger Manu Esteve legt sich richtig ins Zeug, er will die großen Emotionen. Dabei erinnert er an Arnold Schwarzenegger, der des Öfteren mit seinem niedlichen österreichischen Akzent unfreiwillig komödiantisches Talent bewies.

Überhaupt ist dieses Album herrlich schmalzig, eben wie ein guter B-Movie. In Zeiten, in denen Progressive Metal stark von hochglanzpoliertem „Djent“ und Alternative Rock dominiert wird, macht eine Scheibe wieder Spaß, die sich auf die stilprägende Kraftmeierei von Dream Theater, Fates Warning, Symphony X und Redemption besinnt. Freilich gibt es im Klangbild einige Schönheitsfehler, Gitarren sind manchmal zu dumpf, dem Schlagzeug fehlt der „punch“, hin und wieder sind die Übergänge und Rhythmen recht holprig. Doch „The Corners of Time“ funktioniert in seiner eigenen kleinen Blase; dass hier mit starkem, innerem Antrieb gespielt und musiziert wird, kann man nicht abstreiten. Der Titelsong zum Beispiel ist tatsächlich ein packendes Highlight geworden.

Mit diesem Album verhält es sich wie mit „Tremors“ oder „Commando“, oder – um bei Musik zu bleiben – wie mit Eloy oder Ayreon – aufgeblasener Kitsch, triefend vor Stereotypen und ausgeleierten Tropes, bescheiden in seiner Umsetzung, aber edel in seinen Absichten. Insofern nur etwas für ungebrochene Lover des klassischen Progressive Metal mit selbstironischen Anwandlungen. In gewisser Weise durchaus unterhaltsam.
Bewertung: 9/15 Punkten (BF 9, KR 8)

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