(49:53, CD, Just For Kicks, 2017)
Steve Tilling heißt der gute Mann, der sich hinter dem neuen Projekt CIRCU5 verbirgt. Der Brite im besten Alter wird im begleitenden Flyer als Multiinstrumentalist vorgestellt, der auf der zu besprechenden selbstbetitelten Debüt-CD quasi alles einspielt, aber durchaus prominente Gäste im Studio begrüßen durfte. So wirken auf einzelnen Tracks Dave Gregory (XTC, Big Big Train), Phil Spalding (Mike Oldfield), Matt Backer (Julian Lennon), Alan van Kleef (Ariel X), Johnny Warman (Peter Gabriel) und Andy Neve (Steve Hackett) mit. Gleichwohl bleibt der Löwenanteil der eingespielten Töne in den Händen und Stimmbändern Steve Tillings, der neben dem Gesang die elektrische und akustische Gitarre, die Bassgitarre, das Piano, die Drums und Percussion und Synthesizer spielt.
Als Konzeptalbum ausgelegt, erzählt “CIRCU5” die fiktive Geschichte eines geheimen Projekts aus den frühen 70er Jahren. Ziel dieses Projekts ist die Auslöschung der gewalttätigen Psychopathie in der Bevölkerung. Um dieses offenbar langfristige Ziel zu erreichen, soll ein durch ein Betreuerteam versorgtes Kind in einer geheimen Forschungseinrichtung in den ersten drei Lebensjahren als Psychopath erzogen werden, um anschließend in einem familiären Umfeld bis zum 18. Lebensjahr gute Werte zu lernen. Nun, mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Allerdings ist das vierfarbig gedruckte Artwork des dicken Booklets sehr stimmig und erinnert an späte Porcupine Tree Alben. Der Geschichte des Albums förderlich liegt zudem ein “TOP SECRET”-Zettel bei, der in bester Schreibmaschinenschrift ein paar weitere Hintergründe zum Projekt gibt. Kurz und gut: die Aufmachung verdient die volle Punktzahl.
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Widmen wir uns der Musik. Der Song ‘Coming Home’ ist ein ruhiger Opener, der fast ausschließlich von Gesang und akustischer Gitarre lebt und direkt übergeht in ‘My Degenerate Mind’, einem clever arrangierten Track mit einer guten Portion Alternativ Rock in der DNA, die Foo Fighters und Queens Of The Stone Age werden nicht willkürlich als Referenzen herbeizitiert. Das folgende ‘Stars’ geht in eine ähnliche Richtung und demonstriert, dass der omnipräsente Bass das Lieblingsinstrument des Masterminds Steve Tilling ist.
Das psychedelische, mit verzerrtem Sprechgesang ausgestattete kurze Intermezzo ‘Days Erased’ leitet schließlich in das wunderschöne balladeske ‘Strings’, für dessen Bridge und Refrain viele, viele Künstler töten würden, ein. Das folgende ‘Blame It On Me’ führt die stillen Töne anfangs noch weiter, rockt aber nach einer Minute recht forsch, ist aber leider etwas unspektakulär, fällt im Vergleich mit den übrigen Songs etwas ab. ‘The Amazing Monstrous Grady’ schließt den Zirkel der regulären Songs ab, entpuppt sich dabei als DIE Single zum Album, ist der Track doch ein absolut radiotauglicher Rocksong.
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Das letzte Drittel des Albums ist das Epos ‘The Chosen One’, das Tilling in die fünf Akte ‘Baptism’, ‘Transfiguration’, ‘Crucifixion’, ‘Resurrection’ und ‘Ascension’ aufgeteilt hat. Dabei bleibt Tilling im Großen und Ganzen seiner Linie treu, wechselt zwischen akustischen, ruhigen Songs und härteren, stets melodischen Rock Songs, die, teils instrumental vorgetragen, aber eine Portion mehr Progressive Rock in sich tragen als die erste Albumhälfte.
Seit 28 Jahren, so verriet Steve Tilling im Chat, ist er im Musik Business, hat im Lauf der Zeit in verschiedenen Bands gespielt, hat aber auch Musik produziert, war als Session Musiker engagiert und arbeitete diversen Leuten in der Musik Branche zu. Diese Arbeit führte letzten Endes zu den Freundschaften mit den Gastmusikern auf diesem Album. Mit Blick zurück auf das Werk möchte man ihm zurufen: Warum nicht schon früher? Die erste CD von CIRCU5 ist ein starkes Ausrufezeichen und macht Lust auf mehr.
Bewertung: 13/15 Punkten (AI 13, KR 12)
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