C.U.T.E. – Martin Grimm und Chris Burda zum aktuellen Album „The Fallen Ones“

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Eingebung und Zufallsprinzip

Dystopien, Weltuntergang, die Apocalypse – Szenarien, auf die der Sound von Collapse Under The Empire (C.U.T.E.) geradezu zugeschnitten scheint. Das instrumentale Duo, das im letzten Jahr seine Livepremiere feierte, veröffentlichte jüngst sein Album „The Fallen Ones“, das sound- und konzepttechnisch fast schon nahtlos an die beiden Vorzeigealben „Shoulders & Giants“ sowie „Sacrifice & Isolation“ anknüpft, jenes beeindruckende Doppel, mit dem C.U.T.E. bereits tiefe Spuren im Postrockigen Schlamm für die Nachwelt hinterließen.
„Shoulders & Giants“ und „Sacrifice & Isolation“ hatten ein zusammenhängendes Konzept. Kann man das auch von eurem aktuellen Album „The Fallen Ones“ behaupten?

Chris: Einen direkten Zusammenhang zu unserem Doppel-Konzeptwerk gibt es nicht, auch wenn das Artwork es ein wenig vermuten lässt. Die neun Tracks auf „The Fallen Ones” sollen eine dystopische Reise beschwören. Sie sollen dazu inspirieren, die Landschaften einer pessimistischen Zukunft zu erkunden. Thematisch passt das Album meiner Meinung nach in die heutige Zeit. Trotz aller Zukunftsangst soll das Album auch ein Bild der Hoffnung bieten. Viele der Tracks und Konzepte spiegeln unsere persönlichen Ansichten, Emotionen und Gedanken wieder, aber Post-Rock hat dem Hörer aufgrund der meist nicht vorhandenen Lyrics schon immer die Möglichkeit geboten, mit einem Song seine eigenen Bilder und Gefühle zu assoziieren.

Wie geht das eigentlich, ein Konzept für ein Werk zu erstellen, das vollkommen instrumental gehalten ist? Muss man sich an einen roten Faden halten, spezielle Grundstimmungen oder Sounds? Wann ist ein instrumentales Konzept ein Konzept?

Chris: Gute Frage, denn wir wissen selber nie wohin die Reise geht. Das macht es aber auch für uns so spannend. Wenn man tief in unsere Musik eintaucht, kommen meistens die Ideen von alleine, an denen wir dann weiterbasteln und versuchen, das Album mit einem roten Faden zu versehen. Eigentlich sind alle unsere Alben und EPs irgendwo Konzeptalben, weil wir immer Geschichten erzählen, die jeder anders interpretieren kann. Das ist uns auch wichtig. Wenn man wie wir auf der emotionalen Ebene unterwegs ist, sind einem musikalisch und thematisch keine Grenzen gesetzt, wenn man wie wir auf der emotionalen Ebene unterwegs ist. Wir haben seit jeher einen Hang zu melancholischen Sounds und Stimmungen. Egal was wir machen, es klingt immer ein wenig düster und traurig aber gleichzeitig erhellend. Ich kann das gar nicht beschreiben, man wird irgendwie auf eine Reise mitgenommen.

Ihr habt es im letzten Jahr dann doch geschafft, live aufzutreten. War es eine Herausforderung für eine Band, die ihre Arbeit bis dahin auf das Studio beschränkt hat und ist hier mehr geplant?

Martin: Ja das stimmt! Seit 2009 haben wir sechs Studio-Alben und fünf Eps veröffentlicht. Wir machen viel DIY und diese Frequenz an Veröffentlichungen wäre mit zusätzlichen Live-Shows sicherlich nicht möglich gewesen. Wir sind beide keine Berufsmusiker, das kommt hinzu. Auf der anderen Seite verschafft uns gerade das auf der künstlerischen Seite viel Freiheit. Das gibt einem die Möglichkeit, musikalisch genau das zu machen, was wir wollen. Dieser Umstand erschwert natürlich das Arbeiten am Live-Projekt. Nach langer Zeit und etlichen Live-Anfragen haben wir uns entschieden, „C.U.T.E.-Live” mit Hilfe von Freunden anzugehen, die sich mit der Band und der Musik genauso identifizieren können, wie wir das tun. Glücklicherweise ist uns das gelungen, was man letztes Jahr auf dem Dunk!festival in Belgien sehen konnte.

Collapse Under The Empire (CUTE) – The Fallen Ones (2017)

Gab es bei „The Fallen Ones“ Unterschiede bezüglich Songwriting/Aufnahmeprozess zu den letzten Werken?

Chris: Eigentlich nicht. Die Tracks entstehen immer durch Eingebung und dem Zufallsprinzip. Unsere Arbeitsmethoden bleiben meist recht ähnlich. Klar arbeitet man mit neuerer Software und neuen Sounds und muss sich damit auseinandersetzen. Aber das Aufnehmen der Instrumente verläuft immer noch gleich, und die Herangehensweise bzw. Komposition ist immer noch dem Zufall geschuldet. Es sind alles Momentaufnahmen, wo keiner von uns beiden weiß, in welche Richtung es gehen wird. Ich schätze, erst wenn wir weitere Musiker integrieren, wird sich da was ändern. Wir stehen dem völlig offen gegenüber und wollten schon einige Male mit Filmkomponisten etwas zusammen aufnehmen. Leider ist es aus Zeitgründen noch nicht dazu gekommen.

Ihr habt bisher zwei Charity-Singles für gemeinnützige Projekte veröffentlicht. Wurde diese Aktion von Erfolg gekrönt und plant ihr für die Zukunft weitere Veröffentlichungen in dieser Form?

Martin: Ja, unsere beiden Charity Singles für Rettet den Regenwald und Shark Project waren erfolgreich. 100% der Einnahmen gingen an die Organisationen. Noch heute können Leute die Songs kaufen und einen beliebigen Betrag spenden. Wir hatten als nächstes versucht, mit dem WWF ein neues Projekt auf die Beine zu stellen, jedoch ohne Erfolg. Scheinbar sind sie schon zu groß und international aufgestellt, sodass die Zeit für kleinere Charity-Projekte einfach nicht mehr vorhanden ist. Kurzfristig haben wir also keine weitere Spendenaktion geplant.

Collapse Under The Bandcamp Picture

Was ist bei euch zuerst da: Huhn oder Ei beziehungsweise Tracktitel oder Musik?

Martin: Auf unsere Musik bezogen ist das schwierig zu sagen. Mal so und mal so. Manchmal haben wir uns während der Albumproduktion schon Namen für die Titel ausgedacht, die noch gar nicht produziert waren. Es gab aber auch den Fall wie beim letzten Album: da standen alle Tracks und die Titel haben wir uns passend zur Story anschließend ausgedacht. Die Sache mit dem Huhn und dem Ei ist aber schnell erklärt: morgens beim Frühstück ist immer das Ei zuerst da! Hühnchen gibt’s bei mir meist später zum Mittag.

Nach welchen Kriterien wählt ihr die Acts für euer eigenes Label Finaltune aus? Kommen hier die jeweiligen Künstler bzw. Bands mit Initiativbewerbungen zu euch oder geht das frei nach dem Motto: Don’t Call Us, We Call You?

Martin: Meist sind es Initiativbewerbungen oder Vitamin B. In jedem Fall ist es für uns wichtig, dass wir sehen, dass der Künstler oder die Band mit vollem Ehrgeiz dabei ist. Anders als manche anderen Labels begrenzen wir uns nicht auf ein Genre. Alles, was gut produziert ist, verdient es auch über Finaltune veröffentlicht zu werden. Jedoch werden wir vorerst 2018 keine neuen Künstler aufnehmen, um uns wieder intensiver auf Collapse Under The Empire zu konzentrieren. Bewerben kann man sich aber trotzdem, denn ganz ausschließen möchten wir es nicht.

Wie ist im Speziellen euer Kontakt zur PostRock-Szene? Wie kam es zu Anfragen bzgl. Live-Gigs?

Chris: In den letzten Jahren haben wir immer häufiger Booking-Anfragen aus aller Welt erhalten: Russland, China, USA, etc. C.U.T.E. ist definitiv ein internationales Projekt geworden und so haben wir uns zusammengesetzt, unser Team erweitert und angefangen, für uns eine Form zu schaffen, in welcher wir einerseits das Projekt weiterführen können, wie wir zwei das gewohnt sind und gleichzeitig die Nachfrage nach Live-Shows beantworten können. Zur PostRock-Szene haben wir keine speziellen Kontakte, wir kennen ein paar Bands mit denen wir ab und an mailen.

What’s up next for C.U.T.E.?

Chris: Nächstes Jahr haben wir zehnjähriges Jubiläum und da werden wir uns sicherlich was ganz Besonderes einfallen lassen! Denkbar wären Re-Releases beziehungsweise Veröffentlichungen von unveröffentlichtem Material aus der letzten Dekade. Auch ein Werkschau-Doppelalbum ist geplant. In den zwei Jahren ‚Pause‘ haben wir viel an dem gearbeitet, was C.U.T.E. für uns ausmacht, Formen gefunden und Strukturen geschaffen, wie wir das auch die nächsten zehn Jahre weiterführen können und wollen. Daher haben wir natürlich viel Motivation und es vergeht keine Woche, in der wir nicht einige Stunden im Studio verbringen und zusammen an neuen Sachen basteln. Wir werden mit Sicherheit musikalisch neue Sachen ausprobieren und freuen uns also sehr auf 2018!

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