(2 DVD, 2 Blu-ray, 2CD, 3LP, Radiant Records/Metal Blade/Sony Music, 2017)
Kann es im Juli schneien? Sehr wohl, wie Besucher der „Night Of The Prog“ 2016 bestätigen können, war für so manchen Progger die Komplettaufführung des Konzeptalbums „Snow“ unter Beteiligung aller früheren und aktuellen Mitglieder von Spock‘s Beard ja der Höhepunkt des damaligen Festivalsommers schlechthin. Ein paar Tage zuvor hatte die Show auf dem „Morsefest“ in Nashville Premiere gefeiert, dies dokumentiert nun die vorliegende DVD/Blu-ray. “Morsefest” wurde 2014 von Neal Morse ins Leben gerufen, jeweils an zwei Tagen im Sommer bietet er hier Komplettaufführungen seiner Soloalben garniert sowohl mit älteren oder aktuellen Erfolgstiteln seiner ja bereits langen Karriere wie auch Coverversionen von Rock- und Progklassikern, wobei ihn Musiker seiner verschiedenen Formationen – die bekanntermassen durch die Bank Meister ihres Fachs sind – begleiten. Drumherum gibt es jeweils ein umfassendes Rahmenprogramm mit Jams, Meet-and-Greets, Gottesdiensten, gemeinsamen Mahlzeiten und exklusiven Performances für die “Inner-Circle“-Fans.
„Snow“ wurde 2002 als sechstes Studioalbum von Spock’s Beard veröffentlicht. Kurz nach Erscheinen überraschte Neal Morse sowohl Fans als auch seine Bandkollegen mit der Ankündigung, die Gruppe zu verlassen. Der Rest ist Geschichte.
„Snow“ wurde kurz nach Erscheinen als Acoustic-Extrakt-Gig von Spock’s Beard vor wenigen Zuschauern aufgeführt, den Umständen folgend verschwand es danach in der Live-Präsentations-Versenkung. So kam nun die Idee auf, das Werk durch die Band im 20. Jahr ihres Bestehens erstmals zur Gänze im Konzert darzubieten. Da die Zeit nun mal alle Wunden heilt, waren die Beteiligten rasch einverstanden und folgten der Einladung zum Morsefest bereitwillig.
Konzertvenue war eine relativ schmucklose Kirche, der Bühnenaufbau bestach hauptsächlich durch einige Videowände, die die Handlung etwas erläuternde Clips zeigten, auf eine aufwändige Lightshow wurde weitestgehend verzichtet. Auf der ansonsten zweckmäßig-nüchternen Bühne die Bandmitglieder, unterstützt von einigen Bläsern. Bild- und Tonqualität der Aufzeichnung sind sehr gut, die Kameraführung und der Schnitt mit Wechseln zwischen Totale und Einzelaufnahmen der Musiker relativ unspektakulär. Was nicht von Nachteil ist, erlaubt es doch volle Konzentration auf Band und Musik.
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Und Spock’s Beard sind definitiv gut drauf, musiziert wird druckvoll, virtuos und voller Spielfreude. Alan Morse gibt wie gewohnt den Prog-Guitar-Hero, Dave Meros erdet den Sound wie immer durch mit stoischer Ruhe vorgetragene Basslinien und Ryo Okumoto darf im Anschluss an „Snow’s Night Out“ mit einem schönen Solo glänzen. Jimmy Keegan und Ted Leonard haben es etwas schwer, den Rampensäuen Neal Morse und Nick D’Virgilio Paroli zu bieten, dürfen aber in “Freak Boy” bzw. “Devil’s Got My Throat” ebenfalls ihr Können auch im Vordergrund zeigen. Nick D’Virgilio changiert einmal mehr zwischen Drums und Vocals und zeigt auch unbestreitbar schauspielerisches Talent wie bei „Welcome To NYC“. Neal Morse ist natürlich der Frontman schlechthin, vermeidet aber die von ihm durchaus schon gesehenen Missionierungsposen oder auch albern anmutende Gimmicks, man merkt ihm volle Konzentration und auch die besondere Bedeutung an, die „Snow“ als ja recht textbezogenes Werk für Ihn hat. Seine sehr emotionale Reaktion am Ende von „I Will Go“ wirkt so auch echt und nicht aufgesetzt. Getragen wird das Konzert schlussendlich vom begeisterten Publikum, das es oft genug nicht auf den Sitzen hält und sowohl ordentlich Beifall wie auch immer wieder textsicheres Mitsingen bietet.
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Abgeschlossen wird der Gig dann mit „June“ vom Album „The Kindness Of Strangers“ und dem anlässlich des 20. Bandjubiläums aufgenommenen „Falling For Forever“. DVD 2 bietet dann jeweils noch eine nicht nur für den Fan interessante und immer wieder recht humorige „Behind The Scenes”- respektive “Making-Of”-Doku.
Zugeben muss der Rezensent, dass er „Snow“ in Gänze eigentlich noch nie gemocht hat, erscheint ihm das Album doch musikalisch über weite Strecken zu simpel und unspektakulär gestrickt und textlich immens überfrachtet. Aus vielen Diskussionen weiss er aber, dass große Teile der Proggerschaft dies völlig anders sehen, und vielen das Werk sehr am Herzen liegt. Für diese Fraktion ist die Anschaffung von „Snow Live“ im Grunde unverzichtbar. Alle anderen könnten sich aber auch durchaus an der Dokumentation eines sehr gelungenen Konzertereignisses erfreuen.
Bewertung: 11/15 Punkten
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