Evergrey, Need, 27.09.17, Siegburg, Kubana

Needful Things

Sicher nicht das erste Konzert, bei dem die Vorgruppe deutlich mehr Spaß macht, als der Top Act. Aber in dieser Deutlichkeit hatten wir das hier nicht erwartet.

Auch wenn das ausgezeichnete Need-Album “Hegaiamas:a song for freedom” das Hauptargument für den Besuch geliefert hatte. Und das nicht etwa, weil irgendetwas mit bisherigen Evergrey-Konzerterlebnissen verkehrt gewesen wäre. Sondern nur, weil es schon so viele waren.

Um so größer war die Neugier auf die Live-Präsentation des griechischen Quintetts. Pünktlicher Beginn resultierte in warmem Applaus zur Begrüßung des griechischen Quintetts seitens der zu diesem Zeitpunkt vielleicht grad mal 50 Zuschauer. Bei ‘Rememory’ fiel erneut auf, wie ungemein positiv ihr Stil an Wolverine erinnert. Ganz ohne Kopieeffekt. Doch die starken, schwelgerischen Melodien, der häufig sanfte, aber doch druckvolle Gesang und die nie platt posierende, aber doch gut sicht- und hörbare Virtuosität der Musiker bilden schon Parallelen.

‘Alltribe’ nimmt die nur für Evergrey, aber zeitig gekommenen Anwesenden im Sturm: der Aufbau ist monumental, das Keyboard- und perlende Tapping-Gitarren-Solo von Ravaja unwiderstehlich.

Ein Stöckezwirbeln später sind wir schon der ‘Mother Of Madness’ anheimgefallen. ‘Tilikum’ ist die Geschichte eines Orca-Wales, und entsprechend dramatisch kommt sie über die Rampe. Der Keyboarder steuert nicht nur ein animierendes Piano-Intro, sondern auch zünftige Growls bei.

Den Abschluss des begeisternden Auftritts bildete natürlich mit ‘Hegaias…’ das Magnum Opus der Hellenen, das in seinen hymnischeren Passagen an Evergrey erinnert und damit den perfekten Einstieg hätte bilden können. Der Longtrack hat fast keltische Harmonik, klingt melancholisch und doch kämpferisch. Sänger Jon V. hat zumindest im Vergleich mit manchen ProgMetal-Olympioniken einen begrenzten Stimmumfang und erscheint dann auch noch relativ leise im Live-Mix. Doch seine warme, eindringliche Stimme passt so perfekt zu dieser Art Musik wie die sympathische Art seiner Kollegen. Hut ab Richtung Athen, so was braucht man!

Doch nun zu den Schweden: eine bombastische Ouvertüre bereitet den Weg für das altbewährte ‘Solitude Within’. Positiv fällt die echte Orgel auf, unangenehm Tom S. Englunds genervte und nervende Anbiederei vom ersten Moment auf der Bühne an: “Now let me see all those nice German hands”. Tom ist schlecht drauf und möchte, dass das auch alle mitbekommen: “Two Amps have fucked up today”. Das kann aber schwerlich der Grund dafür sein, dass bei ‘Mark Of The Triangle’ und vor allem ‘The Fire’ so viele Bandeinspielungen gebraucht werden.

Zwischendurch das knackige ‘Leave It Behind Us’. Exzellenter Sound, wie im Kubana gewohnt, und große Gesten der Musiker kontrastierten mit der unprofessionell am Publikum ausgelassenen suboptimalen Gestimmtheit des Frontmannes, der übrigens gerade auch als neuer Sänger von Redemption bestätigt wurde – als Nachfolger von Ray Alder!

Bei ‘Black Undertow’ entgleist dann auch noch der Satzgesang. Mit dem vergleichsweise unmelodischen, schnellen ‘My Allied Ocean’ verweist der Auftritt erstmals auf das Motto der “The Storm Within”-Tour. Mit ‘Words Mean Nothing’ wurde es dann aber immerhin wieder langsamer und gleichzeitg eindringlicher.

Versöhnlich die Auswahl der Zugaben: ‘When The Walls Go Down’, ‘Recreation Day’, ‘A Touch Of Blessing’ – viel besser geht es wohl nicht im immergrauen Reich.

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Tom S. Englund im Interview (2016) zu “The Storm Within”
Setlist vom 02.10.17

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Rezension “Hegaiamas:a song for freedom”
Setlist vom 26.09.17

Live-Fotos: Tobias Berk