(72:58, 75:11, 2CD, Jaggy D/Soulfood, 2017)
Wer den Auftritt des sympathischen Schotten beim diesjährigen Night Of The Prog-Festival verfolgt hat, weiß, was von diesem Live-Doppelalbum zu erwarten ist, denn Ray Wilson bot auf der Loreley einen Querschnitt aus Genesis-Songs und eigenem Material. Ähnlich wie dort ist auch hier eine nicht nur numerisch starke Band zu hören, mit leichten Abweichungen zum Loreley-Auftritt allerdings. Im Einzelnen:
Ray Wilson – lead vocals / electric guitar / acoustic guitar
Steve Wilson – electric guitar / acoustic 6 & 12 string guitars / backing vocals
Lawrie MacMillan – bass guitar / backing vocals
Mario Koszel – drums / percussion
Uwe Metzler – acoustic guitar
Ali Ferguson – lead guitar / acoustic 6 & 12 string guitars / backing vocals
Kool Łyczek – piano / keyboards
Steffi Hoelk – violin
Agnieszka Kowalczyk – cello.
Ray Wilson und Band spielten 2016 über hundert Shows, die hier präsentierten Songs stammen von Auftritten in der Hamburger Markthalle, im Cultuurpodium Boerderij in Zoetermeer und im Parkstad Limburg Theatre in Heerlen. Die Songs auf dem Doppelalbum sind so verteilt, dass auf CD1 ausschließlich Genesis-Stücke bzw. Genesis-verwandtes Material zu finden sind, während CD2 nur Solomaterial enthält. Genesis-Fans sollten sich nicht nur auf die erste CD konzentrieren und die zweite ignorieren, dann würden sie einige echte Perlen verpassen, aber dazu später mehr.
Zunächst gilt es unter anderem, das 20-Jährige Jubiläum des letzten Genesis-Studioalbums „Calling All Stations“ zu feiern. Und so beginnt das Album gleich mit zwei Songs dieses Werks, nämlich mit dem Titeltrack und „The Dividing Line“, was man live schon lange nicht mehr erlebt hat, wie Wilson im Interview bestätigt. Natürlich dürfen ‚Not About Us‘ und eine sehr spritzige Version von ‚Congo“ nicht fehlen. Hits wie ‚Mama‘ und ‚Follow You Follow Me‘ sind ebenso vertreten wie kleinere Überraschungen à la ‚Ripples‘, ‚Entangled‘ und ‚Home By The Sea‘. Natürlich wird auch die Gabriel-Ära nicht ausgespart, mit ‚Carpet Crawlers‘ ist ein weiterer Klassiker vertreten. Hinzu kommen Songs aus den Solokarrieren der Genesis-Musiker. Von Peter Gabriel wurde nicht der Gassenhauer ‚Solsbury Hill‘ gewählt, sondern eine schöne Interpretation von ‚In Your Eyes‘. Von Collins wurde ‚Another Day In Paradise‘ gespielt, und als weniger bekannte Nummer ‚Another Cup Of Coffee‘ von Mike & The Mechanics.
Ray Wilson hat mittlerweile bereits einige Studio-Soloalben herausgebracht, sodass er aus einer Vielzahl eigener Kompositionen wählen kann. Die Zusammenstellung auf dieser CD ist hervorragend gelungen und sollte auch diejenigen überzeugen, die ihn lediglich als Sänger von Genesis kennen. Der Rezensent, bekennender Genesis-Fan, hatte anfangs in der Tat die Solosongs eher ignoriert, da diese weniger Progrock-beeinflusst sind und in Singer/Songwriter-Richtung gehen. Beschäftigt man sich intensiver mit Wilsons Solomaterial, wird man darüber überrascht sein, wie viele tolle Songs er schon geschrieben hat. So zum Beispiel ‘Take It Slow’. Besonders stark ist Wilson bei den melancholischen Titeln, die auch hier vertreten sind. Zu einigen Songs erzählt er Hintergründe, und so erfährt man, dass manche Songs auf sehr traurige Anlässe zurückgehen, wie zum Beispiel den Tod von Kollegen.
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Ray Wilsons Stimme verleiht manchen Songs Gänsehaut-Feeling, und auch die Band macht auf sich aufmerksam. So beispielsweise der tolle Saxophon-Einsatz in ‚Makes Me Think Of Home‘ und viele kleine, aber feine Einlagen des exzellenten Gitarristen Ali Ferguson, der mit seinem feinen Album „A Sequence Of Moments“ hier bereits vorgestellt wurde. Geige und Cello bringen Extranoten ein, agieren aber insgesamt eher im Hintergrund.
Ein unbedingt empfehlenswertes Album, das noch dazu in fetter Digipak-Aufmachung daherkommt. “Time & Distance” macht Spaß und Lust darauf, diesen charismatischen Sänger live zu erleben. Gelegenheit dazu gibt es genug, mehr dazu in unserem Tourkalender.
Bewertung: 12/15 Punkten (JM 12, KR 11)
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