Zsolt Enyedi – Y:I

(44:44, CD, Eigenproduktion, 2016)
Fans der transsilvanischen Prog-Szene wissen vermutlich sofort, um wen es hier geht – wer auf diesem Gebiet nicht ganz so firm ist, dem sei verziehen. Einfallen könnte einem aus dieser Gegend die Band Yesterdays. Sie war nach ihrem zweiten Album zunächst von der Bildfläche verschwunden, arbeitet jedoch inzwischen in deutlich veränderter Besetzung an einer neuen Platte.

Neben Gitarrist und Gründer Ǻkos Bogáti-Bokor gehörte stets auch Keyboarder Zsolt Enyedi zum Line-up von Yesterdays. Wie der Name es schon andeutet, ist bei der Band eine Nähe zu Yes auszumachen. Auch Keyboarder Enyedi ist Yes-Fan, aber ebenso stark in der Elektronikszene verwurzelt. Nun hat er sein erstes Soloalbum herausgebracht. Was erwartet man von einem Prog-Keyboarder mit Elektronik-Faible? Vermutlich ein bombastisches, komplexes Tasten-Feuerwerk.

Doch darum geht es hier ganz und gar nicht, „Y:I“ ist ein extrem ruhiges Album im Ambient-Umfeld. Dass es sich um das Debüt von Enyedi, kurz: Yedi, noch kürzer: Y, handelt, steckt schon im Albumtitel. Und die Eins steht auch für die Anzahl der Titel auf dem Album – denn es handelt sich hier um einen einzigen, 44:44 Minuten langen Track, der extrem leise beginnt. Die automatische Reaktion dürfte sein, spätestens nach einer Minute mal die Lautstärke hochzudrehen – dabei läuft man nicht Gefahr, urplötzlich von einer Lautstärkeattacke überrascht zu werden. Doch die Intention des Künstlers ist eine andere: Sein Vorschlag lautet nämlich, auf die Lautstärke eines eigenen Lieblingsalbums einzustellen und diesen Pegel dann über die volle Länge konstant zu halten. So beginnt das Album still und dann spielen sich langsam und ganz dezent feine Klavierspiralen in den Vordergrund.

Für „Y:I“ muss man sich Zeit nehmen, denn den Hörer erwartet eine extrem entspannte musikalische Reise. Eine Rundreise, die sich kontinuierlich entwickelt und steigert, um schließlich am Ende wieder in Stille abzutauchen. Mal reinhören und sich durchzappen ergibt hier keinen Sinn, man sollte Ruhe dazu haben, die Musik auf sich wirken zu lassen. In die bisweilen etwas abgehackt wirkenden Klavierarrangements zu Beginn mischt sich unauffällig eine von Yesterdays-Bandkollege Ǻkos Bogáti-Bokor beigesteuerte E-Gitarre, der übrigens auch beim Mastering und der Produktion involviert war. Schließlich gesellen sich sanfte Synthesizerklänge und wunderschöne Mellotron-Passagen hinzu. Das Stück wird immer voluminöser, um anschließend langsam herunterzufahren.

Ein ausgesprochen stimmungsvolles Ambient-/Relax-Album, das nicht in jeder Situation funktioniert, aber in der richtigen Stimmung und Umgebung gehört ungemein beeindruckt.
Bewertung: 11/15 Punkten

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