Synaptik – Justify & Reason

Synaptik - Justify & Reason - 2017 - FrontCover(60:27, CD, Divebomb/Plastic Head, 2017)
Diese Musik ist im besten Sinne sentimental; keine Angst, es handelt sich dabei nicht um Säuselmusik, sondern um einen Mix aus Power Metal, Techno Thrash und Prog Metal mit der Attitüde der Achtziger und Neunziger Jahre. Die Stücke klingen, als hätten Musiker von Watchtower, Toxik, Tourniquet und Sanctuary im Jahr 1992 den jungen Damian Wilson gefragt, ob er Lust hätte, bei einem gemeinsamen Projekt zu singen, was dieser begeistert bejahte. Daraufhin hatte man eine zündende Idee: Nicht die Gitarren, sondern der Sänger wurde runtergestimmt und klang in der Basisnote gelegentlich wie Messiah Marcolin; im Höhenbereich dagegen wie Far Cry der L.O.T.C.A. Sogar einige Growls waren zu hören.

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Weiterhin beschloss man eine Zeitreise ins Jahr 2017 zu machen, um miterleben zu können, wie sich der Heavy Metal bis dahin entwickelt haben bzw. ob es ihn überhaupt noch geben würde. Da sämtliche beteiligten Musiker sehr an gesellschaftskritischen Texten interessiert waren, unternahmen sie die Flucht ins 21. Jahrhundert auch aus wissenschaftlichem Interesse, um authentische Zukunftsprognosen in ihren künftigen Kompositionen verarbeiten zu können. Was sie allerdings im Jahr 2017 erlebten, fanden sie derart schockierend, dass sie nach dem Motto „vorwärts in die Vergangenheit“ schnellstens wieder ins Jahr 1992 zurückkehrten, von nun an unter dem Namen Synaptik firmierten und sich zum Schreiben von Songs, welche die markantesten Charakteristika der oben genannten Bands in sich vereinen sollten, in einem Club namens Notrix verbarrikadierten. Gesagt, getan – Ergebnis der Synapsen-Kreativ-Party: waschechte Power Prog Techno Thrash Metal-Songs mit Körper, Geist und Seele, die bewusst gehört werden sollten. Doch nicht nur die Musik dieses Projekts wirkt wie eine Reminiszenz an vergangene Zeiten, sondern auch der Schriftzug des Projektnamens – very voivodish.

Um nicht erkannt zu werden, wendeten sie den alten Mekong-Delta-Trick an; aber anstelle hinter einer Leinwand zu spielen, beschlossen sie allesamt, sich einem gesichtschirurgischem Eingriff zu unterziehen, um im doppelten Sinne den Begriff persona(re) zu verkörpern: Einerseits dienten ihnen ihre neuen Identitäten als Maske, um fürderhin quasi anonym Kassandrarufe ausstoßen zu können und andererseits klangen durch ihre Kompositionen ihre äußerst intelligenten Texte, die sich um das Thema Bewusstsein drehten, hindurch. Clever Jungs, wirklich clever! Von Sex, Drugs and Rock ‘n‘ Roll-Texten kriegten die Bandmitglieder, die sich von nun an klischeehaft John Knight (Gesang), Ian Knight und Jack Murton (Gitarren), Kev Jackson (Bassgitarre) sowie Pete Loades (Schlagzeug) nannten, Narkoepilepsie. Selbstverständlich konnten und wollten die Musiker nicht ihre technische und kompositorische Klasse verleugnen und legten mit „Justify & Reason“ ein Album vor, das sowohl im Jahr 1992 als auch im Jahr 2017 für Aufsehen sorgt(e); hackeschnelle und dissonante Riffgewitter über komplexen Doppelpedal-Rhythmen wechseln mit lyrischen und sphärischen Momenten. Über allem thront die verwandtlungsfähige Stimme von Messiah John. (Das ist mächtig frischer Wind im von permanent-penetrantem Gleichklang heimgesuchten Märchen-Wald, wo Rothknäppchen, Händl und Krähtl zusammen mit der Hexe und dem Wolf in saug‘s und brau‘s picknicken und sich über Otto Normalverbraucher listig machen, der ihre inszenierten Konflikte für bare Münze mit Zins und Zinseszins nimmt und trotzdem nach seinem kargen Mahl sediert, satt, sauber über dem flachen Fernseh-Bild-Programm ein-zwei-drei-nickt.) Diese Art Metal wird im Zuge eines voranschreitenden Konformismus leider im Jahr 2017 ausgestorben sein oder vielleicht doch nicht… ach ja: Drei Songs erleben in remixter Form ihr Déjà-vu; sie waren bereits auf dem superben Debüt “The Mechanisms Of Consequence” der Band enthalten.
Bewertung: 14/15 Punkten (FB 14, KR 11)

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