(53:03, CD, Traumton/Indigo, 2017)
Was lange titelt, wird endlich gut. Bereits der kleine Niels hielt nichts von Begrenzungen seines Spieltriebs und damit logischerweise auch nichts von Genregrenzen in der Musik. Insofern ist es naheliegend, dass die vier an dieser Produktion beteiligten exquisiten Musiker ihre inneren Kinder nicht nur nachts innerhalb ihrer Träume zum Spielen rauslassen. Es sind dies Niels Klein, der selbst wenn er improvisativ abgeht wie eine Rakete, an den netten Klari mit seinen Blas-Beats jederzeit wie ein bodenständiger Überflieger wirkt, der Schlüsselmeister Lars Duppler, der dicke Bretter in jeder Tonart bohrt und Hanno Busch, der mal vier und mal sechs, aber grundsätzlich sowieso immer gerne andere Saiten aufzieht und dabei sowohl offene Akkorde, die teilweise an Allan Holdsworth erinnern, als auch höchst originelle Soli (ohne Psismus) abzieht. „Ha no, des isch jedrzeid g-riffig, was der Kärlä do machd.“ Jonas Burgwinkel trommelt verwinkelt-labyrinntische Rhyth-Men, die trotz oder gerade wegen der vielen pausbackigen Soundlöcher derart grooven, dass man dazu abtanzen kann; das Eckige muss in das Runde, um eine Runde weiter zu kommen. Ansonsten wird es eklig. Leider ist es eine unbestreitbare Totsache, dass die allermeisten Prog-Trommler nicht grooven können, einige nicht einmal in den vier stadt Vierteln; Jazz ist definitiv der neue Prog des Rock! Doch was macht Musik überhaupt zum Jazz? Gibt es hierfür eine Kompositions- bzw. Improvistationsanleitung? Der Lonely Robot sinniert nicht nur über derlei Fragen, sondern verbringt seine Zeit mit Trommeln und wird dadurch zum Robo Copeland. (Im Prog-Bereich kommen Schlagzeuger meist aus dem Copy-Land oder stellen sich complett Land unter an.)
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The Tubes are heavy on wires, zumindest was die in der Mehrheit der Kompost-Ionen eingesetzte Elektronik betrieft. Der Elektrik-Trick des nunmehr in die ewigen Jagdgründe zurückgekehrten Geoffrey Bayldon, der aus dem richtigen Holz geschnitzt war, um sowohl elektrische als auch magnetische Ströme in induktiv-schallendes Gelächter verwandeln zu können, hat fertig – Schampampurasch! Klänge, die an eine Leode erinnern – Lazuli lassen grüßen – entpuppen sich als ein dem Theremin ähnliches Ondes Martenot, das Glissand ins Getriebe der Selbstähnlichkeit zu streuen in der Lage ist. Heraus aus dieser Wechselspannungs-Maschine kommen unter anderem Klezmer-Bezüge sowie Lounge-Jazz mit Duppler-Effekt: Manche Klarinetten-Passagen klingen nach Harmnoium und einige Sequenzen ohne Sequenzer erinnern gar an die alten Anyone‘s Daughter; mehr als einmal erscheinen die Lonely Bears vor dem inneren Auge des kleinen Prinzen an den Holzblasinstrumenten der Macht und tun sich zu den Kölner Stadtmusikanten zusammen. Auf diesem Album wird Abwechslung in der Tat groß geschrieben: Auf Minimal Music folgt Hectic Harmony und vize wer sah. Die Kompositionen atmen selbst im anaeroben Milieu und eine jede ist bezüglich ihres Charakters Spezi-Fisch, also sowohl Fun-ta als auch Cool-a. Genau dies wird im Progressive Rock oftmals außer Acht gelassen, weshalb sich die Frage aufdrängt: Können oder wollen die Prog-Mucker nicht aufmucken bzw. aufs Bäumchen-wechsel-dich klettern? Kletten sie statt dessen an den Verschlüssen von Bluse und Rock? Besonders interessant ist für den Rezensenten, dass er auf einem Himmelskörper namens Luna einen Verwandten hat, der crunchy Marsmellows auf plutoten Venusmuscheln serviert – fickle fry oder frickelfrei? Was solls – Spaß dabei!
Bewertung: 13/15 Punkten (FB 13, KR 12)
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