(Don’t Fear) The Thermometer
Wenn Rockstars und Ëngel reisen – dann gibt es entsprechendes Wetter. Bei gepflegten 33 Grad ließ es sich dieser Tage trefflich zum geliebten Zweitwohnsitz in Ehrenfeld, der Live Music Hall, schlendern. Im Fotograben der dem Angebot entsprechend gut gefüllten Halle herrschten dann allerdings nach Tobis glaubwürdigen Berichten Temperaturen, die Salmonellen abtöten. Doch was tut man nicht alles gerne für den Kult!
Kult waren auch Queensrÿche mal sicher, und Ende der Achtziger sogar vermutlich fast unangefochtene Chefs im Progmetal-Ring. Die folgenden Kapitel einschließlich des Ausscheidens von Chris DeGarmo und vor allem des scherbenreichen Scheidens von Frontsirene Geoff Tate dürfen wohl als bekannt vorausgesetzt werden. Es folgten Todd La Torre am Mikrofon und das Album “Condition Hüman”. Das immerhin sehr neugierig darauf machte, wie die aktuelle Formation das große Erbe 2017 schultern würde.
Aktuell bedeutet das konkret neben La Torre und den Gründungsmitgliedern Michael Wilton (Gitarre) und Eddie Jackson (Bass) auch Parker Lundgren (Gitarre). Am Schlagzeug agierte nicht die in Elternzeit befindliche Ur-Queen Scott Rockenfield, sondern der Kamelot-Dreschflegel Casey Grillo – verständlich, aber jammerschade, zumal es einige wenige, aber doch wahrnehmbare Einsatzprobleme gab.
‘Screaming In Digital’ bildete den bis auf einen noch nicht ganz ausgewogenen Sound mit zu leisem Gesang gelungenen Einstieg, gefolgt von ‘I Don’t Believe In Love’ vom unerreichten Meisterwerk “Operation: Mindcrime”, dessen Titelstück vorsichtshalber direkt danach gespielt wurde. Nur das sehr nach den “klassischen” Alben klingende ‘Guardian’ durfte das aktuelle Album vertreten (laut Original-Setlist war ursprünglich sogar das altehrwürdige ‘The Mission’ geplant gewesen), bevor es mit ‘Empire’ gleich zurück in die glorreiche Vergangenheit ging. Nach einem sehr gelungenen ‘Take Hold Of The Flame’ bewies Todd mit ‘Queen Of The Reich’, dass er das ultrahohe Mäusequieken des ganz frühen Materials im blitzschnellen Wechsel mit Growls variieren kann. Wieder mit leicht holperigem Anfang machte ‘Eyes Of A Stranger’ schließlich den Sack zu.
Die Umbaupause bot gerne genommene Gelegenheit, ein wenig nicht wie Heißluftfritteuse wirkende Atemluft zu sich zu nehmen und mit den zahlreichen von nah und teils recht fern angereisten Bekannten zu klönen, darunter ein seinen Fünfzigsten begehendes Geburtstagskind. Gegen 21:20 Uhr aber ging es gerne zurück in den Umluftgrill – für Blue Öyster Cult, die – wie schon geraume Zeit üblich – die Fans mit dem wunderschönen “Game of Thrones”-Hauptthema von Soundtrack-Komponist Ramin Djawadi vor die Bühne lockten. But no winter’s coming – nach dem flotten ‘Stairway To The Stars’ brach das ‘Golden Age Of Leather’ an – und das zünftig mit mehrstimmigem Acapella-Intro.
Auffallend war, wie die Setlist mehrfach – den Anmoderationen nach: spontan – umgestellt wurde. Einem im Kölner Progrock-Kalifat nicht gänzlich unbekannten Prog-Wesir war aufgefallen, dass Eric Bloom nicht ganz bei Stimme war. Er vermutete daher eine Akzentverschiebung auf von “Buck Dharma” (Donald Roeser) gesungene Titel.
Auch das von Multiinstrumentalist Richie Castellano vorgetragene ‘Screams’ vom ersten Album erhärtet diese Theorie. ‘She’s As Beautiful As A Foot’ überzeugte weniger, jedenfalls weniger als das strahlend melodische ‘Burnin’ For You’ oder das Jet-Tempo aufnehmende ‘ME 262’.
Weitere Stadionrock-Höhepunkte: ‘Black Blade’, ‘Then Came The Last Day Of May’, ‘The Vigil’, ‘Godzilla’ (leider ohne Gummimonster), und natürlich das immergrüne ‘(Don’t Fear) The Reaper’ (laut der Setlist der “Erfinder des Heavy Metal-Ümlauts”: ‘Die Reaperbään’).
Bei der Zugabe ‘Cities On Flame With Rock And Roll’ waren die Betreuer schon wieder auf dem immer noch ordentlich temperierten, aber zumindest nicht lodernden Heimweg. In Summe ein nostalgisch-schöner Konzertabend mit zwei immer noch hörens- bis liebenswerten Bands, die allerdings beide ähnlich weit von ihrer jeweiligen Höchstform anfangs der Neunziger bzw. von 1974 bis 1980 entfernt agieren. Aber wer hat schon heute noch seine Form aus den Neunzigern? Wir sicher nicht.
Live-Fötös: Tobias Berk
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