(143:13, DVD, Metal Mind/Soulfood, 2017)
„Uther, schläfst du schon wieder mit offenen Augen, Bub? Der Drache ist da und möchte dich zum Prinzessinnen-Quälen abholen; sei vorsichtig mit der Axt, du Wachholderschnaps-Drossel, sonst hackst du dir wieder einige Zehen ab. Anständige Prinzen machen so etwas mit der Kettensäge, das ist viel humaner – du weißt ja: Adel verpflichtet. Seit zwanzig Jahren macht ihr jetzt diese kindischen Spielchen. Die Prinzessinnen sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Vergiss deine Frosch-Maske nicht, sonst nimmt der Drache, der wegen seines guten Rufs nicht zusammen mit einem Prinzen gesehen werden möchte, dich nicht mehr zum Spielen mit und du starrst hier nur noch Löcher in die Luft, die ohnehin schon dünn genug ist.“ „Mutter, nenn’ mich bitte nicht immer Bub. Ich bin jetzt 42 Jahre und Elektroingenieur. Ich bin kein Langweiler, denn der Drache nimmt mich nicht mit, weil ich so schön quaken kann, sondern vor allem wegen meiner zündenden Ideen und meinem Elektro-Schocker. Dann schreien die Prinzessinnen so schön, bevor ich sie kleinb hacke und er sie mit seinem Feueratem grillt.“ „Erzähl doch nicht immer solche Schauermärchen, Bub. Du kannst nicht mal einer Fliege ein Bein ausreißen, ohne dass du dir vor Angst in die Hosen machst. Ich weiß vom Rumpelstilzchen, dass ihr beide im Wald nur zum Spaß Holz um die Wette hackt, das von Merlin für teures Geld verkauft wird. Und damit du‘s weißt: Ohne Frosch-Maske würde dich keine Frau freiwillig küssen. Jetzt hau schon ab, sonst zieht der Drache noch ohne dich los und du hast gar keinen Freund mehr.“
Klingt das alles nicht märchenhaft? Ein gut gemeinter Rat an alle Prinzessinnen und solche, die es werden wollen: Traut keinem Frosch mit der Maske bzw. keinem als Frosch maskierten Prinzen; er könnte sich als Fan-Thomas entpuppen. (Prinzessinnen an der Erbse müssen solche Primär-Erfahrungen hinsichtlich eines Austauschs mit Indi-Genen im Zuge selektiver Naturalisation wohl trotzdem machen.)
Es gibt wieder einmal eine neue Live-DVD – die sechste seit dem Jahr 2002 – von der fantasytischsten Neo Progressiv Rock-Band der Grand-Prix-Tannen. Wie der Titel dies nahelegt, wird auf dieser Veröffentlichung das Album „The Masquerade Overture“ komplett live dargeboten; außerdem eine Auswahl anderer Titel, leider nicht unter der taktvollen Ägide des überragenden Schlagzeugers Craig Blundell, der das aktuelle Studio-Album „Men Who Climb Mountains“ eingespielt hatte. Stattdessen trommelt Jan-Vincent Velazco solide, aber ziemlich unauffällig. (Dies legt den Verdacht nahe, dass es sich bei ihm um einen Knüppel-Knecht handelt.) Genauso kommt übrigens die gesamte Konzert-Konserve rüber: Ein wenig angestaubt, aber stets bemüht. Es scheint, als ob der Drache sein Feuer verloren hätte und die Band zu einem etwas in die Jahre gekommenen Penn-Club mutiert wäre.
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Wehmütige Erinnerungen keimen auf, vergleicht man die Stücke im Larven-Stadium mit den „Pure“- & „Passion“-Zeiten, als sich die Maskierten selbst in den Hintern traten bzw. dies vom Doppel-Pass-Trommler Scott Higham, der viel frischen Wind in diese Band brachte, erledigen ließen. Scott war tatsächlich in zweifacher Hinsicht der passende Schlagzeuger für Pendragon: Erstens spielte er sehr druckvoll und zweitens äußerst geschmackvoll. Mit ihm hoben sich die Briten angenehm vom Neo Prog-Brei ab. Abgesehen vom neuen Dresch-Flegel gibt es die üblichen Drei von der Steam-Punkstelle: Nick Barrett (Solo-Gesang und Gitarre), Peter Gee (Bassgitarre, Bass-Pedale und Chor-Gesang,) sowie Clive Nolan (Keyboards und Chor-Gesang). Als Zugabe zirpen seit einiger Zeit bei Pendragon die beiden Backdrop-Crickets Verity and Tina (Ob der Drache hungrig ist?), gerne auch im Steampunk-Gewand, sprich in stylishen alten Säcken. Böse Zungen behaupten, dieses Outfit würde gut zum Gitarristen, Bassisten und Keyboarder passen. Als Extras finden sich ein Interview mit Peter Gee und Jan-Vincent Velazco, eine Fotogalerie, eine Diskographie sowie einige Desktop-Bilder auf dieser audiovisuellen Scheibe. Für fanatische Muss-alles-Habener ist diese DVD sicherlich essentiell und fett, für Neo Progger eine Option und für alle anderen Musikfreunde eher die lethal-lethargische Dosis Prinzen-Rolle – malle velle nolle.
Bewertung: 9/15 Punkten (FB 9, KS 9)