Iron Maiden, Shinedown, 24.04.2017, Oberhausen, Königs-Pilsener-Arena
Vor sechs Jahren machten die britischen (NWoBH)Metalpioniere von Iron Maiden auf ihrer “The Final Frontier”-Tour in Oberhausen Halt. Jetzt, im Zuge der “The Book Of Souls”-Tour, kamen sie wieder in die Königs-Pilsener-Arena. Der diensthabende Betreuer war seinerzeit bereits dabei und hat das Doppelalbum “The Book Of Souls” an anderer Stelle bereits ausführlich gelobt. Dass er das Ganze dann auch live erleben mochte, versteht sich von selbst. Diesmal aber auf dem Oberrang und nicht im Innenraum.
Das sollte den Konzertgenuss doch erheblich trüben, denn bereits bei der Vorgruppe Shinedown war der Sound zum Schreien schlecht. Die Band aus Jacksonville/Florida versuchte Einiges, um das Publikum mitzureißen – inklusive eines Spaziergangs des Sängers Zach Myers durch den Innenraum bis zum Mischpult und zurück -, doch so ganz zog sie die noch nicht komplett gefüllte Halle nicht in ihren Bann. Bis auf jene, die ganz vorne mit dabei sein wollten und sich seit Einlassbeginn die Beine in den Bauch standen, zog das Maiden-Publikum es vor, während der Vorband draußen sein Bier zu trinken.
Dabei spielten die vier Jungs eigentlich Musik, die genau dieses Publikum ansprechen sollte. Überhaupt erfüllten die Anwesenden wieder jenes wunderbare Klischee: Selten sieht man so viele “uniformierte” Leute wie bei einem Metal- und speziell bei einem Maiden-Konzert. Auf den Rängen gab es vor und während des kompletten Konzertes ein endloses Kommen und Gehen (zum Bierholen natürlich) und über die Reihen klettern, das manchmal nervte. Aber gut, die meisten Besucher hatten ihre Band sicherlich schon zigfach gesehen und Viele waren anscheinend auch letztes Jahr beim Auftritt der Jungfrauen in Wacken dabei, was sich nach Nachfrage von Sänger Bruce Dickinson bestätigte.
Wer den Wacken-Stream letztes Jahr verfolgt hat oder gar selbst vor Ort war, konnte von der aktuellen Setlist der Jungfrauen nicht überrascht werden. Bis auf eine oder zwei kleine Änderungen wurde das komplette Set inklusive Bühnenbild wie dort durchgespielt. Das Bühnenbild war opulent und an das ästhetische Album-Artwork mit der Maya-Thematik angelehnt. Qualmende Töpfe, hochschießende Flammen und wechselnde Hintergründe gehörten dazu – wobei es das in veränderter Form bei fast jeder Tour, und auch vor sechs Jahren schon gab.
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Los ging es nach dem traditionell durch die Boxen dröhnenden UFO-Song ‘Doctor Doctor’ mit dem Album-Opener ‘If Eternity Should Fail’, der wie gewohnt in den Knaller ‘Speed Of Light’ überging. Auf den Rängen kochte die Stimmung aber nicht direkt über – wohl, weil man selten einen so schlechten Sound bei einem Konzert erlebt hat! Das trübte die Freude dann doch sehr. Ein matschiger Brei, bei dem man weder einzelne Gitarrenparts noch irgend etwas vom Schlagzeug außer der Snare-Drum heraushören konnte, vergrub Bruce Dickinsons Stimme die meiste Zeit unter sich. Unabhängig davon dröhnte alles auch viel zu sehr. Dass Maiden laut sein müssen steht außer Frage, aber bei dieser Band muss man auch – gerade bei drei Gitarristen – so abmischen, dass man jeden Musiker einzeln heraushört. Hier erkannte man die Songs nur, wenn man mit ihnen vertraut war. Jede zweite Melodie ging im Soundbrei unter, oder man konnte sie nur dumpf erahnen.
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Ungeachtet dessen war die Band in Topform. Dickinson machte Kilometer auf der Bühne, er wechselte wie gewohnt die Outfits und hatte sichtlich Spaß. Nicko McBrain war wie immer hinter seiner Festung aus Drums nur zu erahnen. Und während die Gitarristen Dave Murray und Adrian Smith eher zurückhaltend agierten und Bassist Steve Harris oft von einer Seite zur anderen rannte, mitsang und das berühmte Bass-Maschinengewehr simulierte, war neben Dickinson Gitarrist Janick Gers am agilsten. Laufend, springend, die Gitarre schleudernd und werfend, sorgte er für den meisten Spaß.
Nach dem Opener gab es die erste Neuerung im Set: ‘Wrathchild’ wurde eingebaut, danach ging es weiter mit ‘Children Of The Damned’, einem der schönsten Lieder vom 1982er-Meilenstein “The Number Of The Beast”. Das kurze Brett ‘Death Or Glory’ vom neuen Album wurde im Set nach vorne gezogen, danach gab es mit ‘The Red And The Black’, ebenfalls vom neuen Album, ein absolutes Highlight. Schon auf dem Album ein Gänsehaut-Track von Zehn Minuten, wirkte er live noch umso mehr. Eine typische Harris-Nummer, die es zum Liveklassiker bringen könnte. Danach standardmäßig ‘The Trooper’, bei dem die Halle tobte und Dickinson in Uniform und mit Union Jack über die Bühne raste.
‘Powerslave’ vom gleichnamigen 1983er-Album folgte, es war schon letztes Jahr eine leichte Überraschung im Set. Eine wahrhaft neue Nummer gab es mit ‘The Great Unknown’ vom neuen Album, das am Abend vorher in Antwerpen seine Livepremiere gefeiert hatte. Leider schien für manche Fans der Titel Programm zu sein, die Stimmung ging etwas runter, manche gingen raus – vielleicht erkannten sie den Song aufgrund des Sounds auch einfach nicht. Letztes Jahr wurde stattdessen noch die neue Nummer ‘Tears Of A Clown’ gespielt, ein schöner Tribut an Robin Williams, der sich auch schnell zum Klassiker entwickeln könnte, und unsereins noch etwas lieber gehört hätte.
Dafür gab es das nächste Hammer-Highlight direkt danach: den Titelsong des neuen Albums. Als Janick Gers das Intro auf der Akustikgitarre spielte, gab es Gänsehaut. Der Song ist ein weiterer epischer Meilenstein in der Bandgeschichte, und man fühlte sich fast, als kämen die besungenen Himmelsgötter in die Halle. Dabei war es nur der riesenhafte Zombie Eddie, das Bandmaskottchen, das natürlich bei keinem Liveauftritt fehlen darf. Diesmal auch in der aktuellen Album-Optik aufgemacht, wurde er wie immer Opfer der Späße und Faxen von Janick Gers, der um ihn herumsprang und zwischen seinen Beinen herlief.
Danach gingen die Jungfrauen auf Nummer sicher und hauten altbekannte Klassiker raus: ‘Fear Of The Dark’ und ‘Iron Maiden’ beendeten das reguläre Set, wobei bei Letzterem ein riesenhafter Eddie-Kopf hinter der Bühne aufragte. Auch das kannte man schon von der letzten Tour, es wirkt aber noch immer.
Die Zugabe begann mit dem bekannten gesprochenen Intro zu ‘Number Of The Beast’, einem weiteren Klassiker, den Maiden nicht auslassen dürfen. Ein wirklich schönes Duo gab es dann zum Abschluss: Dickinson verwies auf die vielen unterschiedlichen Nationalitäten, die sich durch Flaggen und Trikots in der Halle bemerkbar machten. “Wäre Iron Maiden eine Weltreligion”, so er, “dann würde es keine Toten oder Kriege geben. Wir stehen für Toleranz!” Nach tosendem Applaus dann passend dazu ‘Blood Brothers’ vom Lieblingsalbum des Rezensenten, dem 2000er-Werk “Brave New World”. Schade, dass aus der neueren Phase der Band (seit eben diesem Album) dies der einzige Song im Set blieb. Er vereinte und wirkte aber umso mehr und wurde, wie auch letztes Jahr, mit dem noch einmal alle beseelenden Klassiker ‘Wasted Years’ vom 1986er-Album “Somewhere In Time” gekoppelt. Die Kombi war ein passender, ausgelassener Konzertabschluss, den Maiden in Zukunft gerne öfter so spielen dürfen. Auch hier war es aber wieder schwer, das im Outro von ‘Blood Brothers’ bereits gespielte Intro von ‘Wasted Years’ zu erkennen, so matschig war der Klang in der Halle.
Zum Rausgehen gab es dann wie immer Monty Pythons ‘Always Look On The Bright Side Of Life’ vom Band und die Band ließ ihre Fans nach nicht ganz zwei Stunden einigermaßen zufrieden zurück.
Ganz persönlich hatte sich der Rezensent eine Abweichung von der Setlist des letzten Jahres erhofft. ‘Wrathchild’ wurde eingeschoben, stattdessen fiel der letztjährige Abschlusssong ‘Hallowed Be Thy Name’ weg – ob das nötig war? ‘The Great Unknown’ statt ‘Tears Of A Clown’ war in Ordnung, da liegt es wohl am persönlichen Geschmack, was einem besser gefällt. Ansonsten war die Setlist aber etwas zu standardisiert.
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Natürlich lag der Fokus auf den neuen Songs, und das ist auch richtig so. Es wurden fast ausnahmslos jene Titel des neuen Albums gespielt, von denen man schon ahnte, dass sie es auf die Bühne schaffen. Sie funktionieren auch super, da gibt es keinen Hänger. Die restliche Songauswahl war im Gegensatz zur 2011er-Tour etwas langweilig. Gab es damals zwischen den neuen Songs auch aktuellere Stücke wie den Epos ‘Dance Of Death’, ‘The Wicker Man’, oder auch Älteres wie ‘The Evil That Men Do’, setzte man hier auf altbekannte Fanlieblinge. Die wirken natürlich immer noch, keine Frage, und manche von ihnen müssen auch gespielt werden, aber etwas mehr Experimentierfreude abseits des aktuellen Albums hätte dem Auftritt gut getan. Das ist aber Klagen auf hohem Niveau. Wirkliche Abzüge gibt es wegen des furchtbaren Sounds, für den Maiden natürlich nichts können und den sie schlichtweg nicht verdienen.
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