Anton & The Headcleaners – Rotor

(51:25, CD, Unit Records/CeDe, 2011)
Einen Mix aus zappaesken Miniaturen, Jazz, Avant Rock und Gitarrenalbum serviert uns mit „Rotor“ (Dieser Titel ist auf dem CD-Cover gut sichtbar als Anagramm dargestellt.) der Anton aus Tirol. Aus Tirol? Nicht wirklich! Dieses traumwandlerisch sicher ohne Nerz und doppelten Bohlen aufspielende Quartett aus der Schweiz zeigt einmal mehr auf, welch überbordende Kreativität aus dem vermeintlich kleinen Land Helvetia kommt, das viel Wind und noch mehr ohrenbestäubenden Lärm um so manches macht, das es verdient, Gehör zu finden. Nicht zuletzt das in Kenner-Kreisen legendäre Label für mainstream-meidende Musik Unit Records trägt zu dieser Entwicklung maßgeblich bei. Anton Brüschweiler (Gitarre, Stimme), der Kopf der Kopfreiniger-Gruppe, reibt die vom Fluch-Rost befallenen Oberflächlichkeiten der zweidimensionalen Wahrnehmung – Flächenland ist überall – gerne mit Hallo-Wach-Wachs ein, um sie vom Strahlen zu befreien und ihnen stattdessen echten Lichter-Glanz zu verleihen. Titel wie ‘False Flag Terrorism’ oder ‘Breakfast With Osama’ sind sehr vielsagend, auch ohne Worte. Auf diese Weise muss selbst ein chronischer Tunnelblicker nicht in die Röhre schauen, wenn seine in die Augen hängenden Locken nach hinten gekämmt und mit dem oben erwähnten Spezial-Wachs arretiert werden, so dass er ein permanent freies Gesichtsfeld erhält.

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Bei mehreren Stücken schallen multiglossale Verbal-Beiträge durch den Rauch der Riff-Wolken Antons, die von den variablen und gelegentlich ungeraden Rhythmen Rico Baumanns aufgerissen werden. Dahinter lugen die von Speedy perfekt phrasierten Bassläufe sowie die von Ephrem Lüchinger aus harzigem Holz geschnitzten Notenschlüsselbretter hervor, die auch unpoliert in der Sonne glänzen und nicht nur in den Gehörgängen von passionierten Dis-Haar-Monikern hängen bleiben. Manchem Schönklang wird dadurch so sehr die Lust an seiner aufgesetzten Lieblichkeit verhagelt, dass er sich nach einer harmonikalen Katharsis ganz bewusst durch ein kakophon-freches Dauergrinsen von seinen euphonisch-euphorischen Brüdern abzugrenzen versucht und ihnen zuruft: „Die ab-gefahren-sten Frisuren werden konsequent gegen den Strich gebürstet; dazu verwendet man am besten neben einer Stahlbürste ein Plätteisen statt eines Glätteisens.“ Doch die im Akkord arbeitende Patchwork-Familie Rif-Finger ist permanent so dicht nach der Schicht, dass nicht einmal eine Rasierklinge zwischen zwei beliebige Familienmitglieder passt. Einige Gäste an Trompete, Percussion und Stimme bringen Stimmung in die Bude und erweitern das Spektrum der Klangfarben, wodurch sich die Rif-Fingers hörbar wohl fühlen. Aber Achtung: Jeder epikureische Schnarch-Schnösel kriegt von Anton gnaden- und kostenlos den Kopf gewaschen, ohne dass die Haare dabei nass werden. Danach werden andere Saiten aufgezogen – Schluss mit dem rosa gefärbten Föhnfrisur-Leben. Die Haare rotieren dann allenfalls noch in getö(r)ntem Zustand wie bei einem Headbanger während des Musikhörens.
Bewertung: 13/15 Punkten (FB 13, KR 12)

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