(79:09, 77:57, 2CD, MiG/Indigo, 2000/2017)
Klaus Schulze beschreibt in einem Interview, dass ihm zum Start seiner Solokarriere noch nicht klar war, wohin seine musikalische Reise führen sollte. Damals interessierte ihn die Vorgehensweise der Minimalisten Terry Riley und Steve Reich, mit ihrem Ansatz des Wiederholens und langsamen Veränderns von Strukturen und ihrer Art des Arbeitens mit Sequenzen. Das vorliegende Doppelalbum liefert ein gutes Beispiel dafür, wie Schulze dies rund 30 Jahre später umsetzte.
Nach Teil 1 und 2 nun also der nächste Doppelpack mit 3 und 4 aus der Ballett-Serie. Als Ballettmusik war diese allerdings nie gedacht, sondern sie war für seine Mutter geschrieben, die in frühen Jahren Tänzerin war und sogar einen Auftritt in der Mailänder Scala vorweisen kann. Schulze sieht Ballett 1 bis 4 als eine große Komposition an. Es war die erste Produktion, die er nach dem Tod seiner Mutter veröffentlichte, der dieses Werk gewidmet wurde.
Ballett 3 ist sicherlich nicht für Leute gemacht, die gerne skippen, denn es hat gerade mal einen ‚My Ty She‘ genannten Longtrack. Hier geht also eigentlich nur ganz hören oder gar nicht. Wobei man an der einen oder anderen Stelle tatsächlich gerne die Skiptaste drücken würde. Das Monster-Opus beginnt mit sehr angenehmen Synthesizertönen und dem Cellospiel von Wolfgang Tiepold. Die klassische Note wird noch erweitert durch die von Tobias Becker beigesteuerte Oboe, und auch Thomas Kagermann an Geige, Flöte und Gesang spielt eine wichtige Rolle.
So geht das Ganze eine Weile gut, aber irgendwann schleichen sich mehr und mehr Gesänge ein, die zum Teil gewöhnungsbedürftig sind und nicht uneingeschränkt auf Gegenliebe stoßen dürften. Irgendwann kommt der Eindruck auf, dass das Ganze – auch wenn man es in der Elektronik-Musik und gerade auch von KS selbst gewohnt ist – einfach viel zu lang geraten ist. Neben den bereits genannten Musikern waren noch Tom Dams (Gesang, Samples, Programming, Recording) und Juliane Messenger (Gesang) an diesem Track beteiligt.
Wenn der Opener schon knapp 76 Minuten lang ist, bleibt logischerweise nicht mehr viel Zeit für einen Bonustrack. Und so fand das kurze ‚Schauer der Vorwelt‘ den Weg auf diese CD – eine flotte, Techno-artige Nummer, die glatt ein Radiohit hätte werden können. An diesem Stück wirkt Jörg Schaaf mit.
Die Musik auf „Ballet 4“ ist über weite Strecken relativ ruhig gehalten. Den Auftakt macht ein knapp 14-minütiger Track, dessen Titel genau sagt, wo es langgeht. ‚Mellowtrone‘ bietet exakt das, was der Leser an dieser Stelle erwartet – es ist eine Mellotron-durchtränkte Instrumentalnummer. Eine Art „Epsilon in Malaysian Pale“, nur eben im Schulze-Stil. Eine Pflichtveranstaltung für alle anonymen Mellowtroniker also.
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Weiter geht es mit einem exakt halbstündigen Stück, dessen Titel das Gebotene ebenfalls gut beschreibt: ‚Soft’N’Groovy‘ ist eine Mischung aus typischen KS-Sequenzen und klassischen Ansätzen, hier durch Geigenspiel ausgelebt. Und auch das knapp 24-minütige ‚To B Flat‘ unterhält im typischen Schulze-Stil, woran die Gäste Thomas Kagermann an Geige und Flöte sowie Wolfgang Tiepold am Cello maßgeblichen Anteil haben. Als gut ins Konzept passenden Bonustrack gibt es noch das rund zehnminütige, wohlklingende ‚Eleven 2 Eleven“.
Bewertung: Ballett 3: 7/15, Ballett 4: 11/15 Punkten
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