Pink Floyd – A Momentary Lapse Of Reason (Vinyl-Reissue)
(50:53, LP, Pink Floyd Records/Warner, 1987/2017)
Als “A Momentary Lapse Of Reason” im September 1987 erstmals veröffentlicht wurde, löste es bei der Kritikerzunft zunächst erst einmal etwas aus, was es zu dieser Zeit noch gar nicht gab. Nun zumindest gab es die heutige allseits bekannte Bezeichnung noch nicht. Es war ein Shitstorm. Kaum ein Magazin oder eine Gazette ließ es sich nehmen, das Album nach allen Regeln der Kunst in der Luft zu zerreißen.
Pink Floyd ohne Roger Waters – eine Unverfrorenheit, was bildete sich dieser David Gilmour eigentlich ein? Dann ließ er das Album auch noch wie Pink Floyd vor “The Wall” klingen, allerdings in einem damals zeitgemäßen Sound. So etwas konnte man als Kritiker einfach nicht durchgehen lassen. Wäre es nach der schreibenden Zunft gegangen, hätte man die Band nach “The Wall” sowieso per Dekret aufgelöst, um zu verhindern dass sie ihr eigenes Denkmal beschädigt.
Die Kundschaft interessierte das freilich herzlich wenig, auch wenn man damals schon wusste, dass “A Momentary Lapse Of Reason” in gewissem Sinn Etikettenschwindel war. Die Beiträge von Nick Mason und Richard Wright, der im Übrigens sowieso nur als Gastmusiker aufgeführt wurde, hielten sich in Grenzen. Dafür war eine prominente Schar von Studiomusikern an dem Album beteiligt, darunter Jim Keltner, Tony Levin und John Helliwell. Bob Ezrin zog die Produktion des Album dem Angebot von Roger Waters für “Radio K.A.O.S” vor. Dass das Album unter dem Banner Pink Floyd erschien, auch wenn es faktisch eher ein David Gilmour Album war, war selbstverständlich der Katalysator für dessen Erfolg. Dafür hatte es aber auch diese “Give the people, what they want”-Attitüde, die dem letzten Album mit Roger Waters, “The Final Cut”, gänzlich fehlte. Somit erschien die Verwendung des Markennamens durchaus legitim. Dass die darauf folgende Tour ein weltweiter Erfolg wurde und Gilmour, Mason und Wright zusammen auf der Bühne standen, rückt die Entstehungsgeschichte des Album sowieso in ein anderes Licht.
Rückblickend ist das Album musikalisch besser als sein Ruf, auch wenn es kein Meilenstein ist. Songs wie ‘Learning To Fly’ oder ‘On The Turning Away’ haben trotz allem einen gewissen Klassiker-Status und sind weithin bekannt. Außerdem war der Sound der Band geschickt in die damalige Epoche transportiert, klang es doch modern und trotzdem wie Pink Floyd. Dass das Material lyrisch nicht im Entferntesten an die Texte von Roger Waters heran kam, dürfte hierzulande die wenigsten Fans gestört haben.
Die Wiederveröffentlichung auf Vinyl ist klanglich sehr gut, wenngleich nicht so spektakulär wie “The Final Cut”, das bei all seiner Sperrigkeit ein audiophiler Leckerbissen ist. Im Vergleich zur Erstveröffentlichung meint man etwas mehr Wärme im Klang zu finden. Der für die Achtziger typische antiseptisch kalte Sound wurde von Grundman & Co. offensichtlich etwas milder temperiert, ohne dass die besondere Merkmale wie der Klang des Schlagzeugs oder des Gesangs berührt wurden.
Die Pressung von Record Industry ist gewohnt gut, allerdings rieselten beim Rezensionsexemplar wieder einmal ein paar Pressrückstände aus der Innenhülle, die beim Transport auch bereits Schaden angerichtet hatten. Ausgerechnet in einer leisen Sequenz von ‘On The Turning Away’ hört man nun ein paar Knackser, die da nicht hin gehören. Dafür gibt es leider Abzug in der B-Note. Davon abgesehen ist “A Momentary Lapse Of Reason” eines jener Alben aus den vermaledeiten Achtzigern, die man auch heute noch schmerzfrei genießen kann.
Bewertung: 11/15 Punkten (DH 11, KR 11)
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