Multi Story – Crimson Stone
(60:47, CD, Festival Music/Just for Kicks, 2016)
Der Name Multi Story dürfte dem einen oder anderen Zeitzeugen seliger Neo-Prog-Zeiten anfangs der 1980er-Jahre noch bekannt sein. Im Fahrwasser von Bands wie Marillion, Pallas und IQ fanden damals auch Platten etlicher Bands aus der zweiten oder dritten Reihe den Weg in deutsche Läden. So auch die von Multi Story.
Das Debüt mit dem Titel “East West”, das stilistisch ein wenig an Magnum, Pendragon und Pallas angelehnt war, wurde zu einer Art Geheimtipp. Es folgte ein zweites, wenig erfolgreiches Album mit Nicolas Grantley als neuem Sänger, der Jahre später als Frontmann der Band Feeder noch zu einiger Berühmtheit auf den britischen Inseln kommen sollte. Danach gerieten Multi Story schlicht in Vergessenheit.
Umso überraschender ist es, dass es nun, nach annähernd 30 Jahren Sendepause, zu einem Comeback der Formation mit den beiden Ur-Mitgliedern Paul Ford und Rob Wilsher kommt. Mit dem ersten Tönen aus den Boxen beschleicht den Hörer allerdings das Gefühl, dass diese Aufnahmen möglicherweise genau diese Zeitspanne lang im Archiv lagerten, um erst jetzt das Licht der Welt zu erblicken. “Crimson Stone” ist Neo-Prog der ersten Stunde in seiner reinsten Erscheinungsform. Instrumentarium, Kompositionen und Produktion – alles klingt nach 1985.
Ein Blick ins Booklet verrät allerdings, dass das Werk in jüngerer Vergangenheit entstanden ist. Insbesondere in Bezug auf die Produktion hat das zwar einen gewissen Charme, ist allerdings klanglich nicht auf der Höhe der Zeit. Aus musikalischer Sicht ist diese Zeitreise in erster Linie für Fans der schon angesprochenen Pendragon und Pallas interessant. Wer Alben wie “The Jewel” oder “The Sentinel” mochte, wird sich bei Epen wie ‘Murmuration’, ’12:16′ und ganz besonders beim Titelsong ‘Crimson Stone’ zu Hause fühlen und an längst vergangene Zeiten denken. ‘Tutankhamun’ ist allem Anschein nach sogar das Remake eines Titels der ersten Kassetten-Veröffentlichung “Charms” von Multi Story aus dem Jahr 1984. Die Mundharmonika zu Beginn von ‘Black Gold’ bringt den Rezensenten zum Schmunzeln und lässt ihn an alte ‘School’-Zeiten denken.
Die Affinität zum AOR, die auf den beiden ersten Alben recht deutlich zu Tage trat, wurde restlos unter den Neo-Prog-Keyboardteppich gekehrt. Somit kommt die Band heute bei genau dem Publikum an, das sie vor 30 Jahren noch nicht vollends überzeugen konnte. Da sich die Welt inzwischen weitergedreht hat und der eine oder andere Stern am Prog-Himmel aufgegangen und wieder erloschen ist, haben sich auch die Geschmäcker weiter entwickelt. So wirkt “Crimson Stone” doch etwas altbacken und bieder. Neo-Prog-Aficionados sollten allerdings zumindest mal ein Ohr riskieren. Es könnte sich lohnen.
Bewertung: 8/15 Punkten (DH 8, KR 4)
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