(77:40, 70:10, 2CD, Eigenproduktion, 2015)
Rund zweieinhalb Stunden Musik bietet der italienische Allrounder Pepe Maina auf seinem aktuellen Doppelalbum an. Ein neuer Name in der italienischen Prog-Szene? Nicht wirklich. Maina kann schon auf weit über 20 Alben verweisen, fast alle komplett im Alleingang eingespielt. Das erste, „Il Canto Dell’Arpa e Del Flauto“, erschien 1978. Hauptsächlich ist er als Gitarrist unterwegs, doch er bedient auch Tasteninstrumente und diverse Perkussionsinstrumente. Bei derlei Einmannprojekten ist ja gerne mal programmierter Rhythmus im Spiel, doch diese Befürchtung ist im vorliegenden Fall unbegründet, Pepe bevorzugt handgemachte Perkussion. Ein weiteres charakteristisches Merkmal seiner vorwiegend rein instrumentalen Musik ist der häufige Einsatz der Flöte. Auf dem aktuellen Album “Etheric Anomalies”präsentiert er uns 20 neue Songs, einige davon mit Spielzeiten über zehn Minuten.
Stilistisch bewegt er sich zwischen melodischem Prog, Ambient, World Music und Jazz. Die meisten Songs strahlen eine sehr angenehme, relaxte Atmosphäre aus, dominiert von feinem Gitarrenspiel, das aber niemals darauf aus ist, Fingerfertigkeit zur Schau zu stellen, sondern vielmehr Atmosphäre schafft. Und das gelingt ganz ausgezeichnet.
Doch Maina kann nicht nur relaxt, manchmal verlässt er diesen Pfad und schlägt ganz andere Wege ein. Da kann es leicht dissonant werden, gelegentlich auch mal krautig angehaucht. Vielleicht ist es kein Zufall, dass in den Liner Notes von einem Konzert mit Can und Popol Vuh die Rede ist. Ein gutes Beispiel für stilistische Vielfalt ist der Opener der zweiten CD, das neunminütige ‚Walking In The Pleasure Garden‘. Es beginnt in Maina-typischer Manier sehr ruhig, doch plötzlich wird dieser Spaziergang etwas ungemütlicher und orchestrale, avantgardistisch anmutende Passagen verändern das Klangbild. Um dann doch später wieder in ruhigeren Bahnen zu enden. ‚Math Solutions‘ wiederum belegt, wie einfallsreich er auch in seinen perkussiven Begleitungen sein kann, hier bewegt er sich auch weg vom relaxten Ansatz hin zu deutlich experimentelleren Klängen, was ihm wiederum gut gelingt und als Kontrapunkt zu den vielen melodischen Titeln das Album insgesamt spannend hält.
Auch wenn bereits viele Vorgänger ausgesprochen gut gefallen haben, scheint das vorliegende Album das bisher beste, ausgereifteste Werk des Italieners zu sein. Es verdient hohen Respekt, was der Künstler in seinem „Nonsense Studio“ fabriziert hat. Er hat seinen ganz eigenen Stil gefunden, der über seine Gitarrenarbeit in Verbindung mit Flöte und dezent, aber sehr effizient eingesetzten Keyboards (auch Mellotron-ähnliche Sounds sind gelegentlich zu vernehmen) definiert ist. Es wimmelt nur so von wunderbaren sinfonischen Mini-Epen, in denen er belegt, dass er ein feines Händchen für sehr stimmungsvolle, atmosphärisch dichte Musik hat. Tolles Album.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE 9, JM 12, KR 11)
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