Genialisches Gegniedel hoch3
Ein in Summe traumhafter Konzertabend im Zeichen der E-Gitarre – mit kleinen bis größeren organisatorischen Fuck-ups. Diese waren zumindest teilweise sicher damit zu erklären, dass die G3-Night ursprünglich als Open-Air-Veranstaltung vor der attraktiven Rhein-Kulisse des Kunst!Rasens geplant gewesen und relativ kurzfristig ins vergleichsweise reizarme Brückenforum verlegt worden war.
Dass der Veranstalter selbst am Tag des Geschehens noch sowohl 18 wie 18:30 Uhr als Anfangstermine auf seiner Homepage verkündet, ist dennoch unnötig verwirrend. Endgültig schwer verständlich aber wird es, als nach verspätetem Öffnen der Türen noch nach 18:30 Uhr das Konzert gegen 18:50 Uhr beginnt, obwohl noch Hunderte der insgesamt ca. 1.300 Besucher draußen Schlange stehen. Wer jenseits von 70 Euro für sein Ticket bezahlt hat, dem kann durch solche vermeidbaren Aktionen vermutlich der Spaß am Besuch “größerer” Konzerte deutlich getrübt werden. Die Situation wird noch ärgerlicher, wenn man wie wir ganz besonders an der “Vorgruppe” interessiert ist.
Nicht nur bei Beginn und Einlass lief es suboptimal, auch die (notwendigen, normalerweise stets gerne akzeptierten) Regularien für Fotojournalisten sind gelinde gesagt unglücklich: Stolze Fotopass-Inhaber durften pro Band für nur genau ein Stück Gebrauch von ihrer Kamera machen, die zwecks Durchsetzung der Regel hernach jeweils an der Garderobe abzugeben und hoffentlich rechtzeitig zum Beginn des ersten Stückes des nächsten Künstlers dort wieder – natürlich jedes Mal kostenpflichtig – auszulösen war.
Obwohl wir vor 18 Uhr vor Ort waren, hatten auch wir uns noch nicht bis zur Bühne vorgestaut, als The Aristocrats den Abend eröffneten. Insofern war das erste Lied auch schon durch, bevor Fotograf Tobi tätig werden konnte. Das macht so natürlich relativ wenig Spaß. Dafür konnten Bryan Beller (Bass), Guthrie Govan (Gitarre; u.a. Steven Wilson) und Marco Minnemann (Schlagzeug; u.a. Steven Wilson) natürlich überhaupt nichts. Die zappaesken Schönheiten von ‘Pressure Relief’ nach Marcos deutscher Ansage versöhnten aber schon ein wenig, genauso wie die vom sympathischen Schlagzeuger wie stets ins Spiel gebrachten Gummitiere. ‘The Kentucky Meat Shower’ brachte Dixie (Dregs)-Flair ins heute in mehrere unterschiedlich teure Publikumsbereiche aufgeteilte Brückenforum. Mit ‘Living The Dream’ ging der Auftritt des noblen Trios schon zu Ende – zumindest vorläufig.
Gegen 19:45 war es bereits Zeit für Steve Vai.
Der Auftritt des Meisters begann zumindest optisch mit deutlichen “Star Wars”- bzw. Neil-Young-Verweisen: in zunächst fast völliger Dunkelheit spielt der wie bei “Live Rust” als Jawa gewandete Steve seine um so heller illuminierte Ibanez JEM. Auf ‘Bad Horsie’ folgte die Vorstellung der Band, u.a. Dave Weiner, und folgte mit ‘Erotic Nightmares’ ein weiterer Klassiker, bei dem das Publikum mit”singend” eingebunden wurde. Ein Teil der ‘Fire Garden Suite’ und das abschließende ewig schöne ‘For The Love Of God’ bildeten Höhepunkte des beeindruckenden Sets.
Joe Satriani, Vais ehemaliger Gitarrenlehrer und Initiator der G3-Gitarrengipfel, machte ab 21:50 Uhr den Sack zu. Die ‘Shockwave Supernova’ vom aktuellen Album bereitete die Bühne für den Publikumsliebling ‘Flying In A Blue Dream’ sowie ‘Cool #9’. Bei ‘Crowd Chant’ wurden wie bei Vai Publikumsbeiträge eingefordert. Besonderes Entzücken bereitete das Wiederkennen der aristokratischen Sidemen Beller und Minnemann sowie von Gitarrist/Keyboarder Mike Keneally – einem absoluten As und einer Legende für sich (u.a. Frank u. Dweezil Zappa, Steve Vai, Marc Bonilla, Kevin Gilbert, James LaBrie, Ulver, Dethklok). Einen melodischen Ruhepunkt bildete ‘Always With Me, Always With You’ genau wie das Finale ‘Surfing With The Alien’.
Finale? Die seit 1996 gefeierten G3-Roadshows enden traditionell mit einem Jam (fast) aller Beteiligten – so auch in Bonn: Geboten wurden heuer ‘Message In A Bottle’ von The Police, ‘Little Wing’ von Jimi Hendrix sowie ein Medley aus ‘Smells Like Teen Spirit’ (Nirvana) und ‘Rockin’ In The Free World’ (Neil Young), die – jeweils sehr achtbar von Maestro Keneally gesungen noch Gelegenheit zu ausführlichem Solieren gaben.