Truckfighters – Live in London
(76:47, CD, 2 LP, MP3-Download, Fuzzorama/Cargo, 2016)
Wer schon einmal das Vergnügen hatte die Truckfighters auf der Bühne zu sehen, weiß was auf ihn zu dröhnt: eine bombastische Wand aus Fuzz, gepaart mit der sprunghaften Akrobatik von Gitarrist Niklas Källgren! Den Groove für dessen Veitstanz liefern Drummer Axel Larsson und Bassist/Sänger Oskar Cedermalm. Zum Erscheinen von “Live in London” beschäftigt Fans eine Frage: Kann man die explosive Performance der drei Schweden auf Tonträger bannen? Die ehrliche und zugleich ernüchternde Antwort: jein.
Mit ‘Mind Control’, dem Opener des letzten Studioalbums “Universe” (2014), versucht das Trio, die in der Londoner Islington Academy versammelten Fans unter seine Kontrolle zu bekommen. Dem Applaus nach zu urteilen, scheint der Versuch gelungen. Mit einem kurzen Solo, das durch Doppelbass-Schläge und schnelle Rolls auf Toms und Snare Drum an einen Hagelsturm erinnert, eröffnet Larsson die zweite Runde mit dem Titel ‘Atomic’ (“Phi”, 2007). Seine beiden Kollegen lassen nicht lange auf sich warten und das Fuzz-Gewitter entlädt sich aufs Neue.
Nach ‘The Chairman'( “Universe”, 2014) und den Klassikern ‘Last Curfew’ und ‘Monte Gargano’ (beide “Mania”, 2009) der Wendepunkt: Die drei Trucker schalten ein paar Gänge zurück. Begleitet vom rhythmischen Klatschen des Publikums erklingt zur Halbzeit ein leicht angezerrtes, grooviges Bassriff. Eine kristallklare, mit Delay versetzte Melodie aus Gitarren-Obertönen legt sich sanft darüber. Nur vereinzelt setzt Larsson seine Drums ein, er setzt Akzente um Groove und Melodie zu betonen und Cedermalm beginnt die Echo-getragenen Lyrics ins Mikrofon zu hauchen. Das Intro zu ‘Get Lifted’ ist mit Abstand der musikalisch verspielteste Teil des Albums. Es scheint, die Gewitterwand aus bis zum Anschlag verzerrter Gitarre, hämmernden Drums und donnerndem Bass hat sich gelichtet. Doch selbst in diesem fast feierlichen Moment der Ruhe liegt ein elektrisierendes Knistern in der Luft. Es scheint, als wäre Källgrens Gitarre eine Batterie, die sich durch die kribbelnde Spannung auflädt. Umso massiver fegt uns nach gut zwei Minuten der erlösende erste verzerrte Gitarrenakkord um die Ohren. In dieser kurzen Zeit haben die Trucker so viel Energie angestaut, dass sie nicht anders können als noch einen Zahn zuzulegen.
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Doch so mitreißend wie im Video zu sehen, ist “Live in London” nicht. Obwohl die Setlist mit Titeln aus allen Schaffensperioden der Band aus dramaturgischer Sicht stimmig erscheint, ist die Mischung auf klanglicher Ebene leider nicht gelungen. Unabhängig von den gewählten, teils hochwertigen Wiedergabegeräten klingt der MP3-Download eher flach und unausgewogen. Insbesondere scheint Källgrens fuzziger Gitarrensound seiner erdigen Wärme und Fülle beraubt. Trotzdem kollidiert die so beschnittene Gitarre zeitweise mit dem Bass, dem generell im unteren Frequenzbereich entschieden zu wenig Raum zukommt. Ob diese Mängel auch bei den anderen Tonträgern auftreten, konnte der Rezensent leider nicht testen.
Dennoch ist “Live in London” nicht nur etwas für eingefleischte Fans. Zumindest auch die Vinylsammler unter uns werden die unterschiedlich eingefärbten Scheiben in Splatter-Optik, die bedruckten Sleeves und das beidseitig bedruckte Trifold Cover zu schätzen wissen. Für alle anderen bleibt zu hoffen, dass das für 2016 angekündigte nächste Studioalbum wieder audiophiler wird.
Bewertung: 9/15 Punkten
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