(55:10, CD, Nightmare Records/Edel, 2016)
Fünf Jahre hat es nun gedauert, bis die Jungs aus Tunesien ihr viertes Album fertigstellen konnten. Man muss ihnen aber zu Gute halten, das sie zum einen unentwegt über den Erdball tourten. Zum anderen verloren sie durch das Ableben des wunderbaren Ahmed Ben Arbia nicht nur den Vater des Gitarristen, sondern auch das heimliche sechste Bandmitglied, das bis dahin für die Lyrics verantwortlich gewesen war.
Natürlich hat sich die Band unter all diesen Einflüssen etwas verändert. So ist ihre Musik ernster geworden und emotionaler, es geht auf “Legacy” ein gutes Stück weit weg vom Party-Metal mit arabischer Romantik. So thematisieren die Lyrics – nach wie vor nicht von den Musikern selbst verfasst – eher die Höhen und Tiefen des Lebens, was natürlich direkten Einfluss auf die Musik hat. Sie fällt dadurch deutlich emotionaler aus, als wir es bisher von Myrath gewohnt waren. Das heißt aber nicht, dass das Album ruhiger oder balladesk geworden ist. Die Band bewegt sich hier stilistisch weiterhin deutlich die Nähe ihrer Vorbilder Symphony X, gottlob allerdings ohne dabei ihre folkloristischen Einflüsse einzuschränken. Ein Hang zum Shred wird deutlich, und es kommt nicht selten vor, dass sich hinter Zaher Zorgatis wunderbaren Viertelnoten-Gesängen wahre Monster von Gitarren- und Bassläufen verstecken.
Verändert haben sich auch die Songstrukturen, die im Wesentlichen auf das klassische Strophen/Refrain/Bridge-Schema reduziert wurden und so einen guten Schritt weg vom Prog vollführen. Auch am Schlagzeug hat eine Reduktion stattgefunden. Morgan Berthet, schon seit kurz nach der Veröffentlichung von “Tales of the Sands” mit im Boot, ist weit weniger verspielt und konzentriert sich darauf, songdienlicher zu spielen.
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Der Raum, den diese Vereinfachungen schaffen, wird aber reichlich genutzt durch Orchestereinlagen, Violinisten, Perkussionisten und traditionelle arabische Instrumente. Da diese allesamt unter Auslassung jeglicher Samplerei von Menschenhand bravourös erzeugt und aufgenommen wurden, ist der kleine Schwenk in Richtung Mainstream durchaus kein schlechter, da das Ganze eine weitere Dimension im Klangbild erzeugt. Dabei wirkt dieses Gemisch aus Metal, arabischer Folklore und Konzertantem nie überladen. Produzent Kevin Codfert hat das Mischpult dem derzeit allgegenwärtigen Jens Bogren überlassen, der das Album in eine perfekten Balance gebracht hat.
Bewertung: 11/15 Punkten (RF 11, KR 9)
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