Etwa 50 Prog-Interessierte fanden sich am 16. April in der Garage Deluxe in München für ein Konzert von Bands ein, die man teilweise selten zu sehen bekommt. Den Anfang machten ETOX aus Murnau. Das junge Instrumental-Quartett (g, g, b, dr) hatte sichtlich Spaß daran, seinen Prog-Metal auf die Bühne zu bringen.
ETOX verzichten nicht nur auf einen Sänger, sondern großteils auch auf konventionelle Songstrukturen mit wiederkehrenden Melodien; stattdessen halten sie die Zuschauer mit vertrackten Metal-Grooves und dynamischen Wechseln zwischen brachialem Gebretter und entspannteren Passagen bei der Stange. Zusätzliche Abwechslung bringen ausgefallene Effekt-Sounds von den Gitarren und sogar dem Bass – die im Live-Sound allerdings leider nicht immer so transparent rüberkamen wie auf Platte. Mit vier Tracks von ihrem letzten Album “Oriana” kamen Etox auf etwa 40 Minuten Spielzeit und ließen ein positiv beeindrucktes Publikum zurück.
Deutlich düsterer gingen [soon] aus Hamburg zu Werke, die in kleiner Besetzung spielten: Gesang, Gitarre/Gesang, Schlagzeug, dezent ergänzt durch Synthie-Sounds aus der Konserve. Basis ihrer Musik ist rifforientierter, mechanisch-uhrwerkhaft anmutender Metal, über den Sänger Eric mit klarem, ausdrucksstarkem Gesang melancholische Melodien legt. Die umfangreiche Live-Erfahrung der Band macht sich bemerkbar: Alles ist druckvoll gespielt, gut gesungen, ausgefeilt, aber nach einer Handvoll Stücke beginnen sich die Schemata zu wiederholen, die Begrenzungen durch das Fehlen anderer Instrumente werden deutlich und die unaufhörlich ausgestrahlte Tristesse zerrt bei einigen Zuhörern an der Geduld. Wer die Band mag, kam sicher auf seine Kosten, für das allgemeine Publikum wäre etwas mehr Variabilität schön gewesen.
Einen Preis für gute Laune werden auch Mayfair auf absehbare Zeit nicht gewinnen. Das österreichische Quartett erregte Anfang der 1990er zum ersten Mal die Aufmerksamkeit der Metal-Szene mit einer extrem originellen Mischung aus düsterem Psychedelic Rock, Prog und Metal, deren hervorstechende Merkmale der exzentrische Gesang und die kryptischen, zwischen Deutsch und Englisch pendelnden Texte waren. Nach einigen mäßig erfolgreichen Alben war 2001 dann Schluss, bis zu einer Reunion, die 2013 eine neue Platte hervorbrachte, aber nicht viele Live-Aktivitäten in Deutschland. Nun also die Gelegenheit, die Kultband live zu erleben.
Die Instrumentalfraktion gibt sich sehr introvertiert – Gitarrist Rene öffnet scheinbar nur zwischen den Stücken die Augen, Bassist Johannes betrachtet abwechselnd die Wand und seine Schuhe, und auch Drummer Jolly ist ganz in die Musik versunken, die durch das ausgetüftelte Wechselspiel von Bass und Schlagzeug und die sehr eigenständige Gitarrenarbeit sowohl einen soliden Groove als auch eine entrückte Atmosphäre aufbaut.
Auch Sänger Mario macht nicht Show im herkömmlichen Sinn – er lebt die Songs, er singt, erzählt, deklamiert, beschwört, schreit, growlt mit einer derart in sich gekehrten Intensität, dass man sich Gedanken um seinen Geisteszustand zu machen beginnt. Bei den Ansagen, die im Lauf des Konzerts häufiger und lockerer werden, merkt man allerdings, dass er erstens nicht völlig durchgedreht ist und zweitens durchaus Spaß am Konzert und an den Reaktionen des Publikums hat.
Mayfair nutzen die Gelegenheit, um ihr neues Album “My Ghosts Inside” zu präsentieren, bedienen aber auch Fans älterer Zeiten mit Songs von der EP “Behind” und einer Gänsehaut erregenden quasi-unplugged Darbietung von Stücken aus “Die Flucht” und vom Demo “Find My Screams Behind this Gate”. Bei den Zuschauern, die sich auf die seltsame musikalische Welt von Mayfair einlassen, bleiben keine Wünsche offen, und man kann hoffen, dass die Band ihr Vorhaben umsetzen wird, noch lange in dieser Form aktiv zu bleiben.
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Live-Fotos: Monika Baus