Dream Theater, 10.03.16, Bochum, RuhrCongress
Seit sechs Wochen ist das neue Album der ProgMetal-Götter Dream Theater im Handel und seither konnte man in diversen Interviews lesen, dass die aktuelle Tour ganz im Zeichen von “The Astonishing” stehen würde. Was auch bedeutet: Die Setlist aller Konzerte ist exakt identisch. Und tatsächlich setzt die Band das Konzeptalbum allabendlich 1:1 um. Es gibt keine Abweichung, keine Zugabe, eben keine Überraschung – einschließlich des Abspanns wird einzig und allein “The Astonishing” zelebriert, sonst nichts.
Der komplett bestuhlte RuhrCongress in Bochum war gut gefüllt. Angesichts der Ticketpreise keine Selbstverständlichkeit, immerhin kosteten Tickets für die ersten Reihen über 80 Euro. Pünktlich um 20 Uhr ging es los. Die Halle verdunkelte sich und die Eröffnungssequenz kam vom Band, untermalt von einer Videosequenz, die sich hinter der Bühne über mehrere große Leinwände erstreckte. Nach diesem kurzen Auftakt betraten die vier Instrumentalisten die Bühne und stiegen mit dem ersten Instrumental ins Geschehen ein. Direkt im Anschluss tauchte auch Sänger James LaBrie auf, bei “The Gift Of Music” hatte er seinen ersten Einsatz.
Spielerisch kann man den Herren absolut keinen Vorwurf machen: Dream Theater präsentierten ihr neues Material auf höchstem Niveau, einzig LaBrie hatte mit einigen höheren Parts so seine Probleme und traf nicht jeden Ton perfekt. Nein, soweit war alles prima, aber: Dream Theater spulten ihr Programm sehr routiniert, aber emotionslos ab. Vielleicht ein Grund dafür, dass der Funke auf das Publikum einfach nicht überspringen wollte. Zwar beklatschte es jeden Song artig, aber Begeisterung machte sich nicht breit. So sehr James Labrie auch versuchte, die Leute zum Mitsingen oder Mitrocken zu motivieren, musste er doch irgendwann einsehen, dass dies ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen war.
Ja, Dream Theater stecken auf dieser Tour in einem Dilemma. Einerseits zwingen sie sich dazu, “The Astonishing” in Gänze zu performen. Dabei vermitteln sie trotz aller Brillanz keine mitreißende Spielfreude und bremsen ihr Set mit den vielen ruhigen Songs immer wieder aus. Andererseits wissen sie genau, dass sie den Funken leicht überspringen lassen könnten, würden sie auch “Pull Me Under”, “6:00” oder “Home” spielen – aber das passt ja aus bekannten Gründen nicht ins Konzept. Gut möglich, dass LaBrie und Co. sich darüber Abend für Abend selbst Gedanken machen.
Der Sound im RuhrCongress war klasse, doch auch die Multimedia-Show konnte nicht so richtig begeistern. Im Wesentlichen bestand sie aus Standbildern, in die ab und an etwas hinein- oder herausgezoomt wurde. Hatte einer der “The Astonishing”-Charaktere seinen Part, wurde oft einfach dessen Porträt ins leicht bewegte Standbild eingeblendet. Bis auf zwinkernde Augenlider waren auch diese Porträts kaum animiert – das alles hatte ein bisschen “Playstation II”-Charme. Fanden dann tatsächlich mal Animationen statt, waren die Figuren mitunter nur als Silhouetten gezeichnet.
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Als die letzten Töne des Titeltracks “Astonishing” den Konzertabend beendeten, brandete lauter Beifall auf. Das Publikum erhob sich letztlich doch noch von den Plätzen und feierte die Band, die ihre Sache innerhalb des selbst gewählten Korsetts gut gemacht hatte. Gleichwohl werden sich viele Fans gewünscht haben, beim nächsten Dream-Theater-Gig wieder stehen und richtig rocken zu dürfen.
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Illustrationen: Pressefreigabe (instagram.com/dtimages) + Album-Cover.
Der Photopass für eigene Aufnahmen wurde leider kurz vor dem Konzert wieder gestrichen.